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Aktion Aktion: Ein Duo plant in der Elbe großen Fischzug

Von DIRK SKRZYPCZAK 15.06.2009, 16:53

COSWIG/MZ. - Ein bisschen verrückt muss man schon sein. Mutig und vor allem durchtrainiert sowieso. Claus Rainer Wolter aus Zieko und der Dessauer Torsten Kettritz wollen am Dienstag in Sichtweite der Dresdener Frauenkirche in die Elbe steigen und am Sonntag das Kornhaus bei Dessau erreichen. 203 Kilometer, verteilt auf fünf Etappen, bedeuten pro Tag einen Marathon im Wasser. Den beiden Schwimmern bleibt nur die Muskelkraft, die schützende Haut der Neopren-Anzüge und als einzige Hilfe die Strömung des Flusses. Zur Sicherheit werden die Extremsportler von Frank Schwarzer und Michael Triebel aus Dessau auf einem Kajütboot begleitet. In und an der Elbe sind Wolter und Kettritz täglich geschätzte elf Stunden den Launen der Elemente ausgesetzt.

"Die Herausforderung ist unser Beitrag zum 2. Elbekirchentag, der am Wochenende in Mühlberg ausgerichtet wird", sagt Wolter, immerhin schon 61 Jahre jung. Eine symbolische Geste, schließlich wird der Ort im Elbe-Elster-Kreis schon am Freitag auf dem Teilstück bis Prettin passiert. Ein Zeichen für die Bewahrung der Schöpfung will das Duo setzen und es sich natürlich auch selbst beweisen, dem "inneren Frieden willen". Wolter nimmt das Mammutprojekt zum zweiten Mal in Angriff. Im vergangenen Jahr hatte sich der Außendienstmitarbeiter einer Firma aus Unterfranken die Strecke Dresden - Coswig zum Ziel gesetzt. 188 Kilometer wollte er alleine schwimmen und zur Premiere des Elbe-Kirchentages Coswig erreichen. Ein Bizepsabriss im rechten Arm funkte kurz vor dem Start dazwischen.

Der Traum blieb. Doch auch in diesem Jahr scheinen sich höhere Mächte gegen den Ziekoer verschworen zu haben. Mit einem doppelten Bandscheibenvorfall lag er in der Klinik, konnte kaum trainieren. Aufgeben kommt dennoch nicht in Frage: "Noch einmal verschieben will ich es nicht." Mit Torsten Kettritz verbindet ihn eine Seelenverwandtschaft. Der 47-jährige Therapeut in einem Kinder- und Jugendheim hatte aus der MZ von Wolters Plänen erfahren. Auch Kettritz ist gehandicapt. Seit einem Bandenscheibenvorfall 1998 ist sein rechter Fuß gelähmt - für einen ehemaligen Leistungssportler ein Keulenhieb. Von 1971 bis '78 schwamm er beim SC Chemie Halle; die 100 Meter Brust waren seine Spezialstrecke. Die kaputte Bandscheibe nagte an den Nerven und stieß Kettritz in Depressionen. Eineinhalb Jahre lag er zu Hause auf der Couch. "Ich war tief deprimiert. Der Sport hat mich ins Leben zurückgeholt", sagt er am Montag.

Der Dessauer stellte sich seinen Ängsten und schöpfte im Wasser neue Kraft. Er schwamm wieder, schloss sich einer Mastergruppe von Freiwasserschwimmern an, die es zu Seen und Flüssen zieht. 2008 zog er in einem Jenaer Bad seine Bahnen, schaffte beim Zwölfstunden-Meeting 25 Kilometer. "Da wusste ich, dass ich einmal einen Marathon schwimmen will." Jetzt bekommt er hintereinander deren fünf. Eine Knochenmühle.

Kettritz steht voll im Saft. Seit April probt er in Freigewässern wie Seen und der Elbe. Fünf Mal pro Woche springt er bei Wind und Wetter in die Fluten. "Ich kannte die Elbe bislang nur vom Radweg aus. Vom Wasser hast du einen völlig anderen Blick, eine neue Perspektive. Die Natur ist faszinierend", schwärmt Kettritz. Mit Wolter hat er zuletzt den Ernstfall geprobt, nur waren die Distanzen von Coswig bis zur Elbebrücke bei Vockerode und weiter bis zum Kornhaus vergleichsweise bescheiden zu dem, was nun auf sie wartet.

Etwa 16 Grad Celsius ist der Strom nur warm, was Wolter nicht weiter stört. "Viel wichtiger ist doch die Qualität des Wassers. Und die hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verbessert. Wären wir zu DDR-Zeiten diese Distanz geschwommen, hätten sie uns als Gerippe aus der Elbe fischen können." Bei aller Vorfreude bleibt der Respekt. "Übertriebener Ehrgeiz ist fatal sein. Wir kennen unsere Grenzen", versichert Wolter. Ein bisschen verrückt dürfe man sein, nur eben nicht leichtsinnig.