Adventskalender "Himmels-Blicke" Adventskalender "Himmels-Blicke": Türchen 4: An einem neuen magischen Ort

Wittenberg - Zu Weihnachten, so heißt es, kommen sich Himmel und Erde ganz nah. Der Grund dafür ist einfach und doch zumindest für jene, die im Glauben stehen, plausibel: Gott wird Mensch. Er schenkt seinen Sohn.
Ein Ort in Wittenberg, an dem nicht nur zu Weihnachten der Himmel die Erde, nun ja, berührt, ist seit dem Reformationssommer 2017 der Bunkerberg. Da war Wittenbergs höchste Erhebung (eigentlich ein Unglücksfall nach der fehlgeschlagenen Bunker-Sprengung nach dem Zweiten Weltkrieg) zu einem, sagen wir, Kunstobjekt geworden.
Anlässlich der Weltausstellung Reformation „Tore der Freiheit“ hatte man den Hügel in einem Kraftakt zum „Torraum Spiritualität“ umgekrempelt.
In anderen Sphären
Die Installation blieb - unübersehbar - erhalten, sie wurde nach Ablauf der Weltausstellung sogar weiterentwickelt. Auch in Zukunft kann, wer den Bunkerberg betritt, über die in die Landschaft hinein gebauten Stege wandeln, in deren Hochglanzflächen, je nach Perspektive, sich auch Wolken spiegeln. Fantasiebegabte Menschen wähnen sich dort in anderen Sphären und fühlen sich dem Himmel nah.
Ohne sich verrenken zu müssen, wie es die frühere Stadtkirchenpfarrerin Kristin Jahn einmal formulierte. Dabei, es war sonnig und sehr warm und der Abschlussgottesdienst des Deutschen Evangelischen Kirchentages auf den Elbwiesen noch nicht gefeiert, stand Jahn ganz oben auf dem Berglein, inmitten eines spiegelnden Wegekreuzes. Ja, es schien, als gehe sie über Wolken.
Monate später, es ist der Mittwoch vor dem ersten Advent, scheint die Sonne ebenfalls, aber es ist knackig kalt. Wittenbergs Oberbürgermeister Torsten Zugehör (parteilos) lehnt oben an der Brüstung eines besonders langen Steges. Die Hochglanz-Außenwände dieser Stahlkonstruktionen können viele Gesichter haben. Da ist die Elbbrücke zu sehen, dort Bäume, ein Stück Himmel, ja.
Der ideale Ort für die Berührung von Himmel und Erde sei für ihn, Zugehör, zwar spätestens seit der Taize-Nacht und dem Abschlussgottesdienst Ende Mai die Elbwiese bei Pratau. „Überall sonst ist etwas dazwischen“, sagt er, also zwischen dem Firmament und einem selbst. Nicht so auf der Elbwiese.
Persönliche Erinnerungen
Aber auch der Bunkerberg hat seit der Umgestaltung seinen besonderen Reiz, eine sehr spezielle Atmosphäre eben. „Ich halte öfter mal an und gehe hoch“, erzählt Zugehör. Mitunter sei das abends, nach dem Dienst, meistens aber offenbar, wenn sonst keiner mehr hier ist. Dort oben zu stehen oder zu wandeln, „das beruhigt, man kommt zu sich“.
Natürlich hat Zugehör auch noch die Debatten im Ohr, als es um Vorschläge für die Neugestaltung dieses Platzes zum Reformationsjubiläum ging. Ein bisschen muss das wie beim KTC gewesen sein - es ging viel um persönliche Erinnerungen der Menschen. Mag es im KTC zum Beispiel der Tanzstundenball gewesen sein, so war es auf dem Bunkerberg vielleicht der erste Kuss. „Immer wieder gibt es bei Veränderungen dieselben Reaktionen“, weiß Zugehör - und lässt den Blick schweifen über das Gemeinschaftswerk von Stadt und Kirche (letztere gab unter anderem für die inzwischen insgesamt sechs Stege das Geld).
Die Stadt investiert in die weitere Gestaltung der Wallanlagen (etwa in den Universitätspark). Jüngst fertig geworden ist eine terrassenförmig angelegte Sitztreppe gen Süden, was noch fehlt sind Sitzauflagen. Ein Idyll ist es schon jetzt, wer denkt da noch an die Schwierigkeiten bei den Bauarbeiten, etwa daran, dass „tonnenweise“ Unrat aus dem Boden geholt wurde? „Dank r2017 ist hier auch eine illegale Müllkippe beseitigt worden“, sagt Zugehör und bekräftigt: „Jetzt entwickelt sich ein neuer magischer Ort.“
Andere Dimension
Dass es auch für ihn ein „besonderer Ort“ sei, „wo man zur Ruhe kommen kann“ und „die Übergänge verschwinden“, sagt Ulrich Schneider, einer der Geschäftsführer des Vereins r2017. Von dort hieß es ehedem, dass der Aufstieg auf den Bunkerberg auch an die biblisch überlieferten Berg-Erfahrungen erinnern soll. Von denen gibt es etliche, fragt man einen Pastor: Hans Kasch, auch Leiter vom Wittenberg-Zentrum des Lutherischen Weltbundes, erinnert exemplarisch an jenen Berg, an den nach der Sintflut Noahs Arche stieß. Das Ende des Regens samt Anlanden war nicht weniger als der Auftakt zu neuem Leben. Oder nehmen wir den biblischen Sinai-Berg, an dem Mose die Zehn Gebote erhielt.
Dermaßen mit Bedeutung aufgeladen ist der Bunkerberg nicht. Und doch ist so ein Berg ein Ort „zwischen dem irdischen Dasein und einer anderen Dimension, die unser Leben berührt“. So sei es. (mz)
