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Abwasser in Gräfenhainichen Abwasser in Gräfenhainichen: Bürger fühlen sich abgezockt

Von Ulf Rostalsky 04.09.2015, 11:42
Trinkwasser läuft aus einem Wasserhahn in ein Glas.
Trinkwasser läuft aus einem Wasserhahn in ein Glas. dpa

Gräfenhainichen - Der Zweckverband für Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Gräfenhainichen (Zwag) bittet Grundstückseigentümer zur Kasse. Die müssen den sogenannten Herstellungsbeitrag II bezahlen, wenn ihr Grundstück bereits vor 1991 an einer zentralen Abwasserbeseitigungsanlage und an einem zentralen Klärwerk angeschlossen war.

In der Kernstadt Gräfenhainichen trifft das nahezu flächendeckend zu. Gut 1 000 Bescheide hat der Zweckverband versendet. „Ein großer Teil ist bereits bestandskräftig“, betont Zwag-Geschäftsführer Mathias Kolander. Das heißt, die Bescheide wurden bezahlt.

Dennoch kocht des Volkes Seele. Geradeheraus reden Heidestädter von Abzocke. „Der Betrag, den ich zahlen muss, ist nicht das Problem. Ich frage mich nur, wohin das noch alles führen soll“, hält Günter Dobritzsch den Mitgliedern der Zwag-Verbandsversammlung vor. Die hatten kurzerhand auf den Bürgeransturm reagiert und Anwohnern wie Vertretern des Verbandes Deutsche Grundstücksnutzer (VDGN) Rederecht eingeräumt. „Wir sind bürgerfreundlich“, kommentierte Versammlungschef Holger Pretzsch die Entscheidung.

Gerechte Verteilung der Kosten

Mathias Kolander sieht Kritik gelassen. „Wir haben zeitig über die Herstellungsbeiträge informiert“, erklärt er mit Blick auf Veröffentlichungen in Tageszeitungen und Mitteilungsblättern im Herbst letzten Jahres. Gleichzeitig macht der Geschäftsführer auf geltendes Recht aufmerksam. Der Verband müsse ganz einfach Beiträge kassieren und könne ohnehin nicht anders handeln. Schließlich habe er nur drei Arten von Einnahmequellen. Er könne Beiträge erheben, Gebühren kassieren und Kostenerstattungen in Rechnung stellen. Im Kern gehe es darum, eine gerechte Verteilung der Kosten zu erreichen.

Der Zweckverband für Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Gräfenhainichen (Zwag) geht in Sachen Herstellungsbeitrag II noch einmal in die Offensive. Verbandsgeschäftsführer Mathias Kolander kündigte einen Beratungstag an. Am 17. September haben Bürger von 8 bis 18 Uhr beim Verband im Gräfenhainichener Wasserturm die Gelegenheit zu Gesprächen mit Zwag-Mitarbeitern.

Das Argument zieht unter Betroffenen wie Günter Dobritzsch kaum. Sie wollen nicht verstehen, warum sie für eine Abwasseranlage zahlen müssen, obwohl die immer schon dagewesen sei. „Mein Haus ist 1872 gebaut. Da bin ich gespannt, was noch alles erfunden wird.“ Abzocke? Kein Thema. Mathias Kolander sieht klar den Solidargedanken. „Von den Investitionen in Kanalnetz und Kläranlage profitieren alle Grundstücksbesitzer unabhängig davon, wann sie erstmals angeschlossen worden sind.“ Es wäre kaum vermittelbar, dass nur diejenigen zahlen müssen, die einen neuen Kanal bekommen. Und die, bei denen alte gegen neue Kanäle getauscht würden, nicht beteiligt werden. Der Geschäftsführer macht gleichzeitig darauf aufmerksam, dass die Herstellungsbeiträge II nur einen Bruchteil der Summen ausmachen, die Grundsstückseigentümer in Mescheide oder Zschornewitz für Erstanschlüsse zu zahlen hatten.

VDGN-Vize Fred Schneider versteht Kolanders Handlungszwang. „Er ist an Richtlinien gebunden.“ Aber genau die stellen die Grundstücksnutzer in Frage. „Wir streben eine Musterklage an, wollen die Fragen klären lassen“, betont Schneider. Dass sich dafür in der Verbandsversammlung des Zwag eine Mehrheit findet, ist momentan jedoch unwahrscheinlich. (mz)