20 Jahre "Zwei Linden" 20 Jahre "Zwei Linden": Im ersten Haus am Platz

Wittenberg - Montag ist Pfarrers Sonntag, denn auch Frau und Herr Pastor müssen mal regenerieren, wenn sie schon regelmäßig sonntags und an Feiertagen vor ihre Gemeindeglieder treten. Diese mögen hierzulande zahlenmäßig nicht immer viele sein, aber oft ist ein Pfarrer im ländlichen Raum für viele Dörfer zuständig.
Nun kann man den eingangs erwähnten Schnack auch auf Gastwirte anwenden. An Wochenenden und oft zu hohen Feiertagen halten sie ihre Lokale geöffnet, auf dass man selbst nicht in der Küche stehen muss, sondern sich mit seinen Lieben an den gedeckten Tisch setzen kann.
Rauchverbot? Toll!
Nun sollte man eigentlich immer lieben, was man tut (das kann die Arbeit, große Pensen zumal, jedenfalls erleichtern), aber in der Gastronomie gilt das vielleicht besonders. Sabine und Jörg Niendorf bekommen das offenkundig hin, sie sind gern in der Branche tätig. Seit 20 Jahren betreiben sie (mit Aushilfen nach Bedarf und einer Kellnerin) in Wittenberg die Gaststätte „Zwei Linden“.
Das Jubiläum am 2. Oktober haben sie nicht gefeiert, sondern das getan, was sie immer machen: Gäste bewirtet. Über die beinahe tägliche Präsenz im Lokal (und in der Küche) sagt Sabine Niendorf: „Es ist anstrengend, macht aber Spaß.“ Die Immobilie am Platz der Demokratie haben sie von der Stadt gepachtet, sagt Jörg Niendorf, der in der Gaststätte zuerst eine berufliche Perspektive für sich sah, bevor seine zweite Frau Sabine vor 15 Jahren richtig mit eingestiegen ist.
Der Laden war vor 20 Jahren wohl ziemlich renovierungsbedürftig, Niendorf habe gut 100000 D-Mark investiert - finanziert, klar, doch sei man inzwischen schuldenfrei. Noch einmal haben sie Geld in die Hand genommen, als 2007 in Deutschland das Rauchverbot in Kraft trat. Was passionierte Tabakliebhaber gegrämt hat, empfand Sabine Niendorf als Glück. Noch heute sagt sie über die Verbannung der Glimmstängel aus öffentlichen Räumen: „Gott sei dank.“
Bis zum Rauchverbot sei „Zwei Linden“ mehr ein „Tresenbetrieb“ gewesen, dann wurde (unter anderem) frisch gemalert und die Speisekarte gleich mit einer Überholung unterzogen. Sie setzen auf deutsche Traditionsküche, wobei sich Sabine Niendorf kleine Ausbrüche leistet, denn zu den 20 Schnitzelsorten gehört beispielsweise auch das Toskana-Schnitzel.
Oder das Pizza-Schnitzel, das mit Salami aufgepeppt wird. Und was ist mit Vegetariern? Man sei flexibel und wenn Gäste besondere Bedürfnisse oder Wünsche anmelden, reagiere man entsprechend.
Lange Tradition
Während also Sabine Niendorf in der Küche das Sagen hat sowie unter anderem bei der Dekoration, ist Jörg Niendorf an der Schankanlage und im Gastraum unterwegs. Gut 60 Plätze haben sie - plus Biergarten. Fotos an einer Wand zeigen, dass „Zwei Linden“ schon seit urvordenklichen Zeiten eine Gaststätte war. Das Haus wurde aber auch mal als Tanzsaal genutzt. Lang ist’s her. Das gilt ebenfalls für die Linden, die das Lokal im Namen führt und von denen Niendorf nicht sagen kann, wann sie verschwunden sind.
Im Quartier sind die Niendorfs, wenn man das so sagen darf, mit ihrer Gaststätte mangels Konkurrenz der Platzhirsch. Und mag sich auch aus dem Wittenberger Zentrum nur selten mal ein Tourist an die Peripherie verirren, so können sie sich in „Zwei Linden“ offenbar auf treue Stammgäste und solche, die dort ihre Familienfeiern ausrichten, verlassen.
Seit einiger Zeit gönnen sich Niendorfs, inzwischen 54 und 64 Jahre alt, übrigens zum Montag auch dienstags Ruhe. Dann schnappen sie sich ihre Fahrräder oder wandern, gern auch im Harz. Das muss ja auch mal sein. (mz)