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12. September: Unwetter 12. September: Unwetter: Hagel von oben, Schlamm von unten

Von MARKUS WAGNER 16.12.2011, 13:15

WITTENBERG/MZ. - Schlamm in Braunsdorf

"An so was können sich selbst 70-Jährige nicht erinnern", sagt Reinsdorfs Ortsbürgermeister Reinhard Rauschning. Genau vor seinem Haus hatte sich eine 50 Zentimeter hohe Schlammwelle Bahn in den Ortsteil Braunsdorf gebrochen. Tief ausgehöhltes Bankett säumt nun eine Straße, auf der ein kleines Stück weiter knöchelhoch Sand liegt. Die Braunsdorfer haben es allerdings von beiden Seiten bekommen. Denn von oben hagelte es so stark, dass die Körner alte Dachplatten in Größenordnungen zerschlagen haben. Nebengelasse ohne Loch im Dach dürfte es in Braunsdorf nicht mehr viele geben.

Udo Hilgenhof steht vor seinem Haus mit anderen Nachbarn. Wenigstens hat das Dach vom Wohnhaus gehalten. "Nur eine Platte hat es erwischt", sagt Hilgenhof am Rand der Schlammwüste im Dorfzentrum. Die haben Heike Steinbrecher und ihre Familie mitten auf dem Hof. "1987 hatten wir es schon einmal so", sagt sie. Der Weg Am Reiterhof, der nach oben aufs freie Feld führt, war schon immer eine Problemzone. Nun schaufelt Steinbrechers Verwandtschaft draußen Schlamm und trocknet drinnen die Wohnung vom Wasser, das durchs Dach gedrungen ist.

Und auch in Apollensdorf hat es eingeschlagen. Plexiglas hat den Hagel nicht ausgehalten. Bärbel Burkhardt hat's schon für die Versicherung dokumentiert - und Ersatz beschafft. "Wir hatten noch die Rollos runtergemacht", erzählt sie. "Man denkt, es kommt alles runter", versucht sie, den Moment zu beschreiben. Wie lange es ging? "Das kann ich gar nicht sagen, man hat ja gar kein Zeitgefühl in so einem Moment."

Kanäle überfordert in Vockerode

In Vockerode kam das Wasser von unten. Einigen Häusern, sagt Karin Tschernich-Weiske, Hauptamtsleiterin in Oranienbaum-Wörlitz, sei der Keller voll gelaufen. "Die Häuser liegen etwas tief, und das Wasser ist in der Kanalisation zurückgedrückt worden." Ein Problem nicht nur in Vockerode. "Hier und da haben die Kanäle es einfach nicht mehr geschafft", bestätigt Ute Haftendorn vom Wittenberger Entwässerungsbetrieb.

Schuld daran war das viele Laub, das der Sturm von den Bäumen gerissen oder geschlagen hatte. "Wir sind schon dabei, die Einläufe frei zu machen", sagt Manfred Sielaff von der Kommunalservice Wittenberg. Alle Mann seien bei der Arbeit, man habe von Ein- auf Zwei-Schichtsystem umgestellt. Und trotzdem: "Wir werden die ganze Woche für die Aufräumarbeiten brauchen", schätzt der Geschäftsführer.

Kaputtes Dach in Kropstädt

Die sollten am Dienstag zumindest bei der Druckerei Mundschenk schon beendet sein. Am Montag war allerdings an Produktion nicht zu denken. Hagelkörner hatten das Flachdach so beschädigt, dass Wasser eindringen konnte. "Nachts um 22.45 Uhr ging der Alarm los", sagt Geschäftsführerin Martina Radlbeck. So lange hatte das Wasser gebraucht, bis es den Alarm auslöste.

In Oranienbaum ging das schneller. Innerhalb kürzester Zeit versperrten 15 Bäume die Bundesstraße nach Dessau. Von 18.30 Uhr bis 21.30 Uhr war die Straße gesperrt. In Oranienbaum selbst fiel eine Kastanie auf ein Hausdach und riss dabei auch Stromleitungen ab. Am Montag wurde die Straße zur Bergung des Baumes nochmals kurzzeitig gesperrt.

Die Bundesstraße 2 blieb am Sonntagabend in Wittenberg länger dicht. Der Blitz war zwischen Neuem Rathaus und Lünette in einen Baum gefahren. Weil der umzukippen drohte, sperrte die Polizei von etwa 19.15 bis 2.30 Uhr die Straße. Mitarbeiter der Kommunalservice Wittenberg fällten den Baum auf Bitten der Feuerwehr, wie Sielaff bestätigte.

Doch selbst wenn nicht große Äste auf der Fahrbahn liegen: Autofahrer müssen dennoch aufpassen. Vor allem in Waldgebieten im ganzen Kreisgebiet kann es gefährlich werden. Der Sturm hat an zahlreichen Stellen einen dichten, grünen Teppich hinterlassen, der schnell zur Rutschfalle werden kann. Und man möchte doch nicht aus der Spur geraten.