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Zwiespalt eines Dorfes Zwiespalt eines Dorfes: Hundertjährige Riesen-Esche bleibt stehen

Von Gisela Jäger 31.03.2019, 08:00
Alte Esche im Standfestigkeits-Test: Maximilian Enders bringt ein Zugseil am Baum an.
Alte Esche im Standfestigkeits-Test: Maximilian Enders bringt ein Zugseil am Baum an. Gisela Jäger

Steinburg - Im kleinen Steinburg im westlichen Burgenlandkreis sorgt eine rund 230 Jahre alte Esche für Konflikte in der Dorfgemeinschaft. Bei den letzten orkanartigen Stürmen hatten Anwohner mit Blick auf den Baumriesen viele unruhige Stunden verbracht. Kann der Baum umstürzen, Häuser beschädigen, Leib und Leben gefährden? Der Ruf nach dessen Fällung wurde laut. Andere wiederum wollen das Wahrzeichen erhalten und forderten von der Verwaltung eine Überprüfung der Standsicherheit. Für die kostspielige Analyse sammelten sie sogar Spenden ein.

Hundertjährige Riesen-Esche bleibt stehen

Die Überprüfung ist jetzt erfolgt - und das Ergebnis wird vermutlich auf einer Seite keine Freude auslösen. „Nach jetzigem Kenntnisstand kann die über 230 Jahre alte Esche auf dem Steinburger Friedhof stehenbleiben“, sagt Rupert Schlosser, Bürgermeister der Gemeinde Finneland. „Die computergestützte Untersuchung durch Baumgutachter Rainer Gerber und die Prüfung der Baumkrone durch Baumpfleger Maximilian Enders gibt Entwarnung, zeigt aber, dass aus der Baumkrone Äste und Totholz entfernt werden müssen.“

Die Standsicherheit der Esche ist im Dorf schon lange ein heißes Eisen. Bereits im vorigen Frühjahr war begonnen worden, den Baum von der Krone beginnend abzutragen und stückweise zu fällen. Auf die beginnenden Sägearbeiten an der Esche war dann allerdings Familie Büttner aufmerksam geworden. Ihre Meinung: Der Baum ist noch vital genug, um stehenbleiben zu können.

Ganz abgesehen davon verleiht dieser mit seinem alten Efeubewuchs am Stamm dem Friedhof eine besondere Charakteristik. Sebastian Büttner, der mit Frau und drei Kindern unlängst das Elternhaus übernommen hatte, schaffte es schließlich, dass weitere Fäll-Arbeiten eingestellt wurden. Er fand Unterstützer sowie Sponsoren für den Erhalt der Esche, so dass es zum Spendenaufruf und schließlich dem Fachgutachten kam.

Hochempfindliche Sensorik

Familie Büttner war nun dabei, als Baumgutachter Rainer Gerber mit Unterstützung von Maximilian Enders Sensoren und Messtechnik am Baum installierte. Per Zugversuch wurde eine Lastanalyse durchgeführt, eine Standsicherheitsuntersuchung. Deutschlandweit arbeitet laut Gerber nur eine Handvoll Sachverständiger mit dieser hochempfindlichen Sensorik. Vorteil ist, dass der Baum nicht angebohrt werden muss. Gerber: „Per Zugseil wird ein starker Sturm simuliert, um die Neigung des Baumes mit einem Elastometer zu berechnen. Auf ein tausendstel Grad genau kann die Bruchsicherheit ermittelt werden.“

Auch der Efeubewuchs im Kronenbereich ist in die Diagnose einbezogen worden, zusätzlich die Festigkeit des Wurzeltellers. Sebastian Büttner und sein Vater jedenfalls waren nach der Untersuchung erleichtert. Der Baum scheint gerettet. Ob die gute Nachricht dafür sorgen kann, dass sich die Wogen im Dorf glätten, wird sich zeigen müssen. (mz)