Zweitklässler sind nun die Großen
GRANSCHÜTZ/MZ. - Andere haben sich beim Rodeln blaue Flecken geholt. Nicht wenige berichten den Paten von ihren Zensuren. Für gute Noten bekommen viele von ihren Eltern einen Obolus. Zwischen einem bis fünf Euro erhalten sie für eine Eins, wird ausgeplaudert. Nicht übel: Bei schlechteren Zensuren werde auch Geld aus dem Sparschwein zurückverlangt, was die Betroffenen "voll doof" finden. Die meisten Zensuren sind gut, was die MZ-Paten freut. Bei einigen haben sich aber auch ein paar Sechsen eingeschlichen. Das ist neu.
Überraschend ist auch, dass die sich zum Verwechseln ähnelnden Zwillinge Mary und Maggy Sahmel nun auseinanderzuhalten sind - wenn sie stehen. Mary ist nämlich fast 20 Zentimeter größer als ihre nun kleinere Schwester.
Die größte Neuigkeit in der zweiten Klasse ist jedoch der klassenübergreifende Unterricht mit den Schülern der ersten Klasse seit Schuljahresbeginn. Jeden Mittwoch mischen sich für sechs Unterrichtsstunden die "Marienkäfer" und "Schmetterlinge" mit den "Bienchen" aus der Ersten und haben zusammen Deutsch, Sachkunde, Musik und Sport.
"Die Eltern wurden zuvor umfassend aufgeklärt und die Kinder ziehen gut mit", schildert Schulleiterin Ute Oschmann. Ihr erstes Fazit nach einem halben Jahr Arbeit im jahrgangsübergreifenden Unterricht: "Macht man es richtig, fordert es alles ab." Jedes Kind müsse in seinem Verhalten, den Interessen, dem Lerntempo und der Belastbarkeit exakt eingeschätzt werden, gelte es doch, individueller und differenzierter auf die Mädchen und Jungen einzugehen. Verantwortlich für das neue Projekt ist die Leiterin der ersten Klasse, Michaela Warnecke. "Es ist anstrengend und aufregend." Neue Wege zu gehen, gefällt der Lehrerin, die seit 1983 im Beruf ist.
Von all den Anstrengungen bekommen die Schüler der ersten und zweiten Klasse nichts mit. Einzige Veränderung für sie: Mittwochs haben sie andere Banknachbarn und arbeiten in drei Gruppen. Lisa Maria Henich aus der zweiten Klasse sitzt beispielsweise neben Leonie Müller. "Wir verstehen uns richtig gut", meint die Ältere. In der Praxis sieht das im Sachkundeunterricht so aus: Verschiedene Schneemänner müssen Texten zugeordnet werden. Bei Zweitklässlerin Lisa Marie klappt das Lesen flott. Leonie, die das noch nicht so gut kann, schnippelt die Schneemänner aus. Beide Mädchen kleben dann die Bilder zu den passenden Texten.
Mittwoch ist alles anders
Zusammenarbeit ist auch gefragt, als es um das Erkennen von Vögeln am Futterhaus geht. "Nicht immer sind die Zweitklässler die besseren. Wir haben durchaus auch Erstklässler, die ganz fix sind", weiß Marion Martin, Klassenleiterin der "Marienkäfer". "Auf ein gutes Miteinander kommt es an. Das prägt auch das Verhalten in allen anderen Fächern", betont Ramona Seiboth, Klassenleiterin der Lerngruppe "Schmetterlinge".
Zum Beispiel in Musik. Musiklehrer Karsten John bestätigt, dass das Zusammenspiel der Sechs- und Siebenjährigen noch in den richtigen Takt kommen muss. Ein neues Lied wird einstudiert. Hinhören ist erforderlich und sich konzentrieren. Die Zweitklässler haben die Nase vorn, packen viel schneller Zeile um Zeile des Winterliedes. Der gemeinsame Gesang ist noch gewöhnungsbedürftig. Jakob Kanigs aus der Patenklasse darf vorsingen. "Prima hast du das gemacht", lobt der Lehrer. "Und nun alle."
Die Klingel läutet zur letzten Stunde an diesem Tag. Sport steht auf dem Plan. Die Erst- und Zweitklässler sollen die Rolle rückwärts üben. "Die Unterschiede vermischen sich besonders im Sport", meint Lehrerin Sibille Martin. Es gibt gelenkige Kleine und unsportliche Große. Mit einem Pfiff wird das Spiel jedoch grenzenlos: Mannschaftsspiele machen den Kindern am meisten Spaß. Jüngere jagen Ältere und endlich die Kleinen auch einmal die Großen.