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Züchter verliert 50 Tiere  Züchter verliert 50 Tiere : Seuche rafft Kaninchen dahin

Von Andrea Hamann-Richter und Iris Richter 17.09.2016, 05:45
Daniel Kühn und Carsten Mienert (v.l.) vom Osterfelder Kleintierzuchtverein bei der alljährlichen Kleintierschau des Vereins vor zwei Jahren.
Daniel Kühn und Carsten Mienert (v.l.) vom Osterfelder Kleintierzuchtverein bei der alljährlichen Kleintierschau des Vereins vor zwei Jahren. Reinhold

Osterfeld/Weissenfels - Alarmstimmung unter Kaninchenzüchtern: Im Burgenlandkreis und in ganz Sachsen-Anhalt grassiert die hochansteckende sogenannte Chinaseuche und hat bereits zahlreiche Tiere getötet. Die Lage ist so akut, dass sogar Kreis-Amtstierärztin Andrea Krüger eindringlich warnt: „Wir empfehlen dringend, Kaninchenschauen nicht zu veranstalten, um die Seuche nicht weiter zu verbreiten.“ So hat der Kaninchenzuchtverein „G 84“ aus Freyburg seine für den 22. und 23. Oktober in Naumburg geplante Kreisrassekaninchenschau bereits abgesagt. Schuld ist das Virus RHD2 (RHD, Rabbit Haemorrhagic Disease), das bereits deutschlandweit wütet und vermutlich aus Frankreich herübergeschwappt ist.

Keine Symptome für die Seuche

Was passiert, wenn die Seuche in den Ställen der Langohren angekommen ist, lässt sich am Beispiel von Daniel Kühn aus Osterfeld schildern. „Gerade hat das Tier noch gefressen, ich habe mich umgedreht, und als ich wieder hingucke, liegt das Kaninchen tot im Käfig“, berichtet der Vorsitzende des Osterfelder Kleintierzuchtvereins von der Schnelligkeit der Ausbreitung der Seuche. „Man sieht den Tieren keine Symptome an, das macht es so schwierig. Sie verbluten innerlich“, berichtet er.

Seit Mitte Mai hat der 42-Jährige etwa 50 seiner Tiere verloren. Vor allem die Jungtiere, die von Januar bis Mai in seinen Ställen in Pauscha geboren wurden, habe es getroffen. „Die ersten Fälle hier bei uns im Wethautal sind schon im April auftreten. Die Hoch-Zeit der Krankheit war Mai/Juni und jetzt sind Dörfer dran, wie etwa Goldschau, die vorher verschont geblieben waren. Es ist wie die Pest im Mittelalter, was die Ansteckung angeht. Auch wenn das Virus für den Menschen ungefährlich ist“, bemüht Kühn einen Vergleich.

Nur ein französisches Mittel wirkt gegen den Virus

Betroffen seien dabei die Tiere von Züchtern wie Haltern gleichermaßen. Allein im Osterfelder Verein weiß er von fünf bis sechs Betroffenen. Egal sei offensichtlich auch, ob die Tiere mit dem üblichen Impfstoff geimpft oder eben nicht geimpft seien. „Bei meinen Jungtieren stand die Impfung kurz bevor, aber es war schon zu spät. Doch ich weiß, dass es auch Züchter getroffen hat, deren Tiere geimpft waren“, sagt der Osterfelder. Ob der Impfstoff seinen Tieren letztlich wirklich geholfen hätte, sei fraglich, bisher würde nur ein französisches Mittel wirken, weiß der Vereinschef auch vonseiten des Landesverbandes. „Ich kann jedenfalls jetzt nur abwarten und hoffen“, sagt Kühn, der in den 90er Jahren schon einmal eine solche Kaninchenepidemie erlebt hat.

Horror für die Hasenausstellungen

Das aktuelle Virus ist hochansteckend. Es wird durch Insekten, Menschen, Futter, Geräte oder Transportkäfige übertragen. Ist die Seuche einmal im Stall, haben die Tiere eines Bestandes kaum eine Chance. „98 Prozent sterben. Die zwei Prozent, die vielleicht überleben, bleiben ein Risiko“, sagt Bernd Henseleit, der Vorsitzende des Weißenfelser Kreisverbandes. Eine Horrorvorstellung, wenn man bedenkt, dass bei Ausstellungen mit mehreren Hundert Tieren in einem Raum ein infiziertes Kaninchen ausreicht, um alle Zuchttiere erkranken zu lassen. Dennoch soll die nächste in der Region Weißenfels geplante Ausstellung, die die Zuchtvereine Pörsten und Burgwerben für den den 24. und 25. September in Poserna vorbereiten, stattfinden. „Wir haben die Genehmigung vom Veterinäramt“, so Bernd Henseleit. Überrascht reagiert er, als er von der Empfehlung der Amtstierärztin erfährt. Davon habe er noch nichts gehört und werde die Sachlage mit dem Verein besprechen, kündigt Henseleit an.

Erkrankung nicht anzeigepflichtig

Auch beim Landesverband der Kaninchenzüchter ist man alarmiert. Laut Vorsitzendem Mike Hennings sind für die Landesschau im Dezember in Magdeburg die Vorschriften verschärft worden und nur geimpfte Tiere zugelassen.

Anzeichen für eine Erkrankung sind ein gestörtes Allgemeinbefinden mit hohem Fieber. Die Tiere sterben innerhalb von einem bis drei Tage. Auch Feldhasen sind von dem Virus betroffen. Auf Menschen und andere Haustiere wird die Krankheit nicht übertragen. Es wird Kaninchenhaltern geraten, die die Tiere vor Insekten zu schützen und wenn möglich im Haus zu halten. Damit ist auch der Kontakt zur Wildpopulation vermieden. Außerdem sollte kein Grünfutter geschnitten oder anderes bodennahes Futter gegeben werden. 1984 trat die bis dahin nicht bekannte Erkrankung erstmals bei Haus- und Farmkaninchen in der Volksrepublik China auf, die aus Deutschland stammten. Sie verbreitet sich seitdem weltweit. Das Virus wurde vermutlich durch Zuchttiere und importiertes Kaninchenfleisch und Kaninchenwolle eingeschleppt.

Im Landesverband gibt es derzeit 2.500 Mitglieder mit rund 30.000 Tieren. Laut Hennings sind bis zu 1.000 Kaninchen bekanntermaßen bereits an RHD2 verendet. Der Vorsitzende vermutet, dass die Dunkelziffer viel höher ist. Denn tote Tiere müssten nicht gemeldet werden. RHD2 fällt demnach nicht unter die strengen Bestimmungen der Seuchenverordnung. Daher sind weder Erkrankungen noch Todesfälle anzeigepflichtig. Vor diesem Hintergrund weist Amtstierärztin Andrea Krüger auch darauf hin, nur Empfehlungen geben und keine strengeren Quarantäne-Maßnahmen einleiten zu können.

Mobiler Impf-Doktor unterwegs

Der Weißenfelser Kreisverbandchef Henseleit hat seine Tiere mit einem behördlich zugelassenen deutschen Impfstoff impfen lassen. Bei einem Tierbestand von hundert Kaninchen koste dies etwa 500 Euro. Die Impfung gewähre aber keinen vollständigen, sondern einen nur 91-prozentigen Schutz.

Hundertprozentigen Schutz soll dagegen ein französisches Impfmittel leisten. Es ist derzeit zwar noch nicht in Deutschland zugelassen. Der Tierschutzbeauftragte des Kaninchenzüchter-Landesverbandes, Tierarzt Toni Ferchland, hat beim Landwirtschaftsministerium nun aber eine Ausnahmegenehmigung erwirkt. Der Verband hat in den kommenden Wochen eine Sammelaktion geplant. Der Tierarzt fährt dabei zu den Ställen der Besitzer, die eine Impfung beantragt haben. Anträge können beim Verband im Internet heruntergeladen werden.     

Internetadresse des Verbands: www.kaninchen-lsa.de

(mz)