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Wohnhäuser unter dem Hammer

Von Petra Wozny 11.09.2007, 17:15

Weißenfels/MZ. - Der Aktenberg ist gewaltig. Jeder einzelne Hefter birgt ein Schicksal, weiß Mario Blödtner, Rechtspfleger seit 1999 am Amtsgericht Weißenfels. Ob Familie oder Firma - die Akte offenbart Schulden, mit denen der Gläubiger an irgendeinem Punkt kein Erbarmen mehr hat. Dann kommt es zur Zwangsversteigerung der Häuser. "Da muss man hart im Nehmen sein", sagt er aus Erfahrung. Pro Jahr bearbeitet er etwa 150 Anträge. Eine Zahl, die sich seit Jahren die Waage halte.

Jetzt sortiert er bereits die Fälle für Anfang nächsten Jahres. Sechs Wochen vor der Zwangsversteigerung muss der Termin im Amtsblatt stehen - das schreibt das Gesetz so vor. Für den Gerichtsbezirk Weißenfels rechnet Blödtner mit zehn Wochen. Publik würden die Termine einer Zwangsversteigerung in Weißenfels auch über die Tagespresse, die Gemeindetafeln und das Internet. Manchmal würden sich Gläubiger und Schuldner noch vor der Versteigerung einigen. Da reiche der Gerichtstermin als Druckmittel. Zu 70 Prozent muss jedoch Mario Blödtner des Amtes walten, nämlich die Versteigerung der Immobilie ansetzen.

So auch am Montag. Sieben Wohn- und Geschäftshäuser standen zum Termin. Der Rechtspfleger kennt sie alle, lässt er es sich doch seit Jahren nicht nehmen, sich bei der Wertermittlung des Objektes selbst ein Bild vor Ort zu machen. "Bei der Zwangsversteigerung sind die Schuldner fast nie anwesend", weiß der 41-Jährige.

Blödtner ist mit dem Ergebnis der letzten Versteigerung zufrieden. Von den sieben Weißenfelser Immobilien seien zwei Termine vertagt worden. Die Versteigerung der Objekte sei jedoch in greifbarer Nähe. Ein Haus habe keinen Abnehmer gefunden. Vier sind unter den Hammer gekommen. Für das Mehrfamilienhaus Selauerstraße 65 mit über 100 Wohnungen zum Beispiel seien 85 Prozent des Verkehrswertes geboten worden. "Das ist ein gutes Ergebnis", betont der Rechtspfleger, weiß er doch, dass der Immobilienmarkt gegenwärtig boomt. "Wir spüren, dass die Objekte schon lange nicht mehr für einen Appel und ein Ei weggehen", sagt er.

Zwangsversteigerungen seien Teil des Immobilienmarktes. "Der ist richtig gut in Gang gekommen", schätzt der Rechtpfleger ein. Interessenten für die zu versteigernden Häuser seien Privatpersonen, Firmen und Banken. Seit etwa einem dreiviertel Jahr strahle der sächsische Immobilienmarkt stark nach Merseburg und Weißenfels. "Das Interesse an Häusern gerade in diesen beiden Städten ist größer als an Gebäuden in Zeitz oder Naumburg", schildert Blödtner. Mit der Ersteigerung sei zwar ein Haus noch nicht vermietet. "Aber Besitz und Pflege einer solchen Immobilie gehen meist einher", ist vom Rechtspfleger zu erfahren.

So hat unter anderem am Montag das Objekt Weinbergstraße 5 den Besitzer gewechselt. Der Gläubiger ersteigerte es selbst. Er besitzt bereits das Nachbarhaus. Für beide Häuser gibt es bereits einen Käufer. Unüblich sei es, dass zur Versteigerung ein Geldkoffer mitgebracht werde. Gläubiger und Interessent würden nicht selten vor der Versteigerung die Modalitäten aushandeln. "Der Gläubiger gestaltet die Zwangsversteigerung", erklärt Blödtner den Handlungsspielraum und fügt hinzu: "Der Rechtspfleger ist der Wächter." Meist jedoch ohne den bekannten Auktionshammer.