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Weißenfels Weißenfels: Kunde zieht Schlagstock im Jobcenter

Von klaus-dieter kunick 27.09.2012, 18:05

weissenfels/Zeitz/MZ. - Nur einen Tag nach dem tödlichen Messerangriff auf eine Mitarbeiterin des Jobcenters in Neuss (Nordrhein-Westfalen), gab es am Donnerstag einen dramatischen Zwischenfall im Jobcenter Weißenfels. Gegen 7.30 Uhr betritt ein Mann das Zimmer einer Vermittlerin in aggressiver Weise, er spricht laut, schmeißt eine Blechdose herunter und zieht plötzlich einen Schlagstock aus der Jacke und bedroht verbal die Vermittlerin. Kurz darauf verlässt er das Zimmer. Die 32-Jährige informiert sofort die Polizei, die den Mann aber nicht mehr antrifft. "Das geht mir alles sehr nahe, man ist hilflos und fühlt sich allein", sagt die Frau. Mehrere Mitarbeiter stehen ihr tröstend zur Seite und versuchen sie zu beruhigen.

Und so gibt es auf den Fluren und in den Zimmern des Jobcenters Burgenlandkreis am Donnerstag nur das eine Thema. "Ich bin geschockt", sagt eine Vermittlerin. Ähnlich reagiert Gabriele Möbert, die seit 1990 in dem Metier tätig ist. Der Vorfall in Neuss mache sie traurig, ihr und all den anderen Kollegen gehe das alles nahe. "Da überlegt man schon, ob das die Nerven bis zur Rente durchhalten. Unsere jungen Frauen sind alle fertig." Und Normen Köcher aus dem Naumburger Center sagt: "Es hätte doch jeden von uns treffen können", die Kollegen seien verunsichert. Auch Angst schwingt mit, mit der jeder fertig werden müsse.

"Fehler können passieren, keine Frage. Es kann auch durchaus sein, dass sich ein Mitarbeiter im Ton vergreift, aber das Verhalten in Neuss ist durch nichts zu rechtfertigen", sagt Thomas Seidewitz. Der Teamleiter aus dem Jobcenter Zeitz bestätigt, dass sich alle Mitarbeiter im Haus viele Gedanken machen. Auch Kunden seien an ihn herangetreten und hätten sich besorgt geäußert. Der 19-Jährige Sebastian Weigelt aus Weißenfels schließt sich dieser Auffassung an: "Das geht doch gar nicht, ich bin fassungslos." Ähnlich äußert sich Katrin Cruschwitz aus Werdau: "Gewalt ist keine Lösung. Das hat doch niemand verdient", sagt die 29-Jährige, die ihr jüngstes Kind im Arm in den Schlaf wiegt.

Doch sie belässt es nicht dabei und ergänzt, dass sie mit dem Jobcenter nur Ärger habe, obwohl sie keine Leistungen von dort beziehe. Es sei einfach nicht hinnehmbar, dass Unterlagen verschwinden, Mitarbeiter einen von oben herab behandeln und man monatelang auf einen Bescheid warten müsse, so die Jura-Studentin. Jetzt habe sie die Nase voll und sei von Werdau nach Naumburg gefahren, um ihre Dinge hier vor Ort zu klären. Und auch eine andere junge Frau meint, dass einen so mancher Jobmitarbeiter auf die Palme bringen könne. Es gebe nun mal Leute, die diese Situation nicht aushalten und dann ausrasten. Für sie sei es menschlich, wenn diejenigen im Jobcenter laut werden. Aber Gewalt gehe gar nicht.

Jobcenter-Personalrat Peter Kurzawa sucht nach Erklärungen. Die Mitarbeiter seien oftmals Übermittler schlechter Nachrichten und wenn kein Geld ausgezahlt werden könne, dann sei das keine böse Absicht der Kollegen, sondern sie müssen Gesetze einhalten, anders gehe es nicht. Kurzawa: "Dass meine Kollegen dem Kunden helfen wollen, dafür lege ich meine Hand ins Feuer." Das Verhalten so mancher Kunden sei nicht zu rechtfertigen, meint die Weißenfelser Bereichsleiterin Romy Naumann-Reißner: "Wie man in den Wald ruft, so schallt es heraus." Die Mehrzahl der Kunden sei höflich, keine Frage. Und auch Thomas Seidewitz hält dagegen: "Ja, es gab Fälle, wo Akten nicht gleich zur Hand waren, die aber intern woanders bearbeitet wurden." Das müsse man künftig besser regeln.