Weißenfels Weißenfels: Handlanger der Mediziner
WEISSENFELS/MZ. - Chirurgiemechaniker stehen nicht in Krankenhäusern an der Seite der Ärzte, sondern in Werkhallen. Und doch sind sie so etwas wie die Handlanger der Mediziner. Denn sie arbeiten ihnen zu. Sie stellen nach deren Vorgaben Präzisionsinstrumente aus Edelstählen, Aluminium, Titan und hochbelastbaren Kunststoffen her. Im Augenblick noch in Tuttlingen (Baden-Württemberg), zukünftig aber auch in Weißenfels. In der Firma Hauser Benchmark Factory am Stadtrand von Weißenfels.
Dort wird im kommenden Lehrjahr eine Ausbildungsstelle für den in unserer Region seltenen Beruf ausgeschrieben - für Männer und Frauen. Hintergrund ist, dass das Unternehmen jetzt in die zweite Stufe seiner Entwicklung in Weißenfels geht. 2006 hat Walter Rehm, Geschäftsführer der Max Hauser Süddeutsche Chirurgie-Mechanik GmbH, sich entschieden, das Tochterunternehmen hier anzusiedeln. Denn in der Mutterfirma sind dem Wachstum personelle Grenzen gesetzt. In Tuttlingen sind keine Arbeitskräfte für die Herstellung der Werkzeuge der Ärzte mehr zu bekommen. In Weißenfels sieht das Angebot an Auszubildenden und Fachkräften doch noch besser aus. Mit fünf Zerspanungsmechanikern hat die Produktion begonnen, elf sind es mittlerweile. Sie bedienen acht computergesteuerte (CNC)-Fertigungszentren sowie fünf konventionelle Dreh-, Fräs- und Schleifmaschinen in der Halle im Gewerbegbiet Käthe-Kollwitz-Straße - zumeist im Zweischichtsystem.
"Seit 2006 geht es kontinuierlich aufwärts", freut sich Betriebsleiter Rainer Portius über die stabile Entwicklung der Produktion. Jedes Jahr werden Lehrlinge eingestellt mit der Option, im Unternehmen bleiben zu können, wenn die Leistungen stimmen. Und so wächst das Personal. Bisher allerdings nur mit Zerspanungsmechanikern, demnächst dann auch mit Chirurgiemechanikern.
In diesem Beruf muss man die Herstellung der Teile für chirurgische Instrumente aus rostfreiem Stahl und Aluminium an den Maschinen beherrschen. Dafür hat der Chirurgiemechaniker wie der Zerspaner die CNC-Maschinen zu programmieren und einzurichten und dann den Herstellungsablauf zu überwachen. Aber er wird darüber hinaus noch gefordert, beschreibt Portius Anforderungen: Er macht am Ende noch manche Feinarbeit, bei der handwerkliches Geschick, ein gutes Auge und Präzisionsgefühl nötig sind. Und er montiert die ärztlichen "Werkzeuge", eine Arbeit, die gegenwärtig noch in Tuttlingen ausgeführt wird.
Halbfertig gehen die Bauteile jetzt gut verpackt auf Reisen dorthin. Zukünftig sollen direkt von Weißenfels aus fertige Chirurgiegeräte an die Kunden im In- und Ausland gehen: Wundspreizer, Rippensperrer, Muskelspreizer, chirurgische Scheren und Zangen, Skalpelle, Nadelhalter . . . Breit ist die Produktpalette der Süddeutschen Chirurgiemechanik. 50 Prozent werden exportiert, die USA sind ein großer Absatzmarkt.
Ein Lehrjahr soll der künftige Azubi im Mutterhaus verbringen, Reisen muss er auch darüber hinaus noch oft, denn in Tuttlingen gibt es viel zu lernen, was in Weißenfels gebraucht, aber nicht angeboten wird. "Die Stadt von der Größe Weißenfels' ist die Hochburg des chirurgischen Instrumentenbaus", so Portius. Die Berufsschule befindet sich in Tuttlingen. Im dortigen Hauser-Betrieb werden in enger Zusammenarbeit mit Ärzten Einzelstücke für spezielle chirurgische Eingriffe hergestellt. Da braucht man gute Einfälle und anatomische Kenntnisse, um die richtige Form zu entwickeln. Mit vielen medizinischen Fachausdrücken muss man umgehen lernen.
Gute Kenntnisse in Mathematik und den naturwissenschaftlichen Fächern werden erwartet, Abitur oder Realschulabschluss. Dreieinhalb Jahre beträgt die Ausbildungszeit zum Chirurgiemechaniker. Auch wenn er nicht direkt für den neuen Beruf sprechen kann, weil er im zweiten Lehrjahr Zerspanungsmechaniker lernt, der Großkorbethaer Martin Kästner meint trotzdem, dass es sich lohnt. Er gehöre gern zur Benchmark Factory, sagt er. "Hier hat man Perspektiven. Die Arbeit ist sehr abwechslungsreich, immer wieder sind andere Teile herzustellen."