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Wehrmacht, Rechtsrock und Hakenkreuze Wehrmacht, Rechtsrock und Hakenkreuze: Ein AfD-Stadtrat als Antisemit?

Von Tobias Schlegel 20.11.2019, 06:00
AfD unter der Lupe (Symbolbild)
AfD unter der Lupe (Symbolbild) www.imago-images.de

Weißenfels - Soldaten der deutschen Wehrmacht stehen vor einem Gebäude, mit furchteinflößendem Blick, das Gewehr im Anschlag. Einer versucht, auf brutale Art und Weise eine Tür einzutreten, um das Gebäude zu stürmen. Darunter steht der Wortlaut: „Kommt gut rein“ und weiter unten stehen vier Angehörige der Wehrmacht, die sich zuprosten - mit dem Wortlaut: „Frohes neues Jahr!“.

Es ist ein Foto, das der Weißenfelser AfD-Stadtrat Peter Hofmann am 31. Dezember 2017 bei Facebook gepostet hat. Sehen konnten es seine Facebook-Freunde. Dieses und weitere Bilder, die Wehrmachtspanzer aus dem Zweiten Weltkrieg zeigen, hat das Simon-Rau-Zentrum vor einer Woche in Form von Bildschirmkopien jüngst selbst bei Facebook gepostet.

Aufarbeitung des jüdischen Lebens in Weißenfels

Der Verein kümmert sich seit über zehn Jahren um die Aufarbeitung des jüdischen Lebens in Weißenfels und engagiert sich gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus. Ein Mitarbeiter des Zentrums, der anonym bleiben möchte, sagt im MZ-Gespräch, dass die Fotos vom Profil Hofmanns dem Verein zugespielt wurden.

Mit der Veröffentlichung auf Facebook wolle man für Öffentlichkeit und Aufmerksamkeit sorgen. Man sei entsetzt über die Aufnahmen. „Leute wie Herr Hofmann haben im Stadtrat nichts zu suchen“, sagt der Mitarbeiter, der in den Facebook-Aktivitäten Hofmanns eindeutige rechtsextreme und antisemitische Tendenzen erkennt.

Video von Nazi-Band

So hat das Profil nicht nur Fotos von Wehrmachtssoldaten und -Panzern enthalten. Ein Facebook-Freund Hofmanns hat ihn am 1. Februar 2018 in einem Beitrag verlinkt, der zu einem mittlerweile gelöschten Musikvideo der Band „Sleipnir“ auf YouTube führt. Das Lied, das sich dort angehört werden konnte, heißt „Ein Bier, ein Whisky“.

Es weist zwar keinen fremdenfeindlichen, antisemitischen oder rechtsextremen Inhalt auf. Allerdings hat „Sleipnir“ auch dem Nazi-Verbrecher Rudolf Heß ein Lied gewidmet. Die Band wird vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft. „Mehrere Alben der Band wurden zensiert, zudem war die Gruppe 2008 bei einem Neonazikonzert in Werschen dabei“, erklärt der Mitarbeiter des Simon-Rau-Zentrums.

„Der Jude - Kriegsanstifter, Kriegsverlängerer“

Des Weiteren hat Hofmann laut seinem Profil eine Seite mit dem Namen „Walknvt Store“ mit „Gefällt mir“ markiert. Dies ist ein ukrainischer Versandhandel, der Klamotten für die rechte Szene vertreibt. Der MZ liegen zudem Fotos vor, die belegen, dass Hofmann antisemitische Fotos mit „Gefällt mir“ markiert hat, wie ein Plakat aus der NS-Zeit, auf dem geschrieben steht: „Der Jude - Kriegsanstifter, Kriegsverlängerer“ - oder ein Bild des jüdischen Investmentbankers Jacob Rothschild, dem auf diesem unterstellt wird, Kriege zu finanzieren sowie Medienhäuser, Öl und Regierungen zu besitzen.

Am vergangenen Donnerstag veröffentlichte das Simon-Rau-Zentrum diese und weitere Fotos vom Profil Hofmanns. Darunter ein Bus, der mit Hakenkreuzen und Adolf Hitler bemalt ist. Dazu wird eine Kommentierung mit der Buchstabenkombination „SS“ hervorgehoben. Die „SS“ war eine Organisation im NS-Reich und vorrangig an der Planung und Durchführung des Holocausts beteiligt. Sein Facebook-Profil hat Hofmann mittlerweile gelöscht. Er selbst wollte sich der MZ gegenüber nicht äußern.

„Billigste Aufmerksamkeitshascherei“

Der Fraktionssprecher der AfD und Landtagsabgeordnete Marcus Spiegelberg wirft dem Simon-Rau-Zentrum dagegen „billigste Aufmerksamkeitshascherei“ vor. Die AfD Weißenfels sei keinesfalls antisemitisch, sondern pro-jüdisch und pro-Israel. Spiegelberg selbst hat keine antisemitischen Beiträge oder Fotos bei Facebook gepostet.

Jedoch hat er Wehrmachtspanzer-Fotos von Hofmann mit „Gefällt mir“ markiert, wie auf den Bildschirmkopien des Simon-Rau-Zentrums zu erkennen ist. Dies halte er für unproblematisch, da es auf den Bildern nur um die Panzer an sich und um keine Kriegsverbrechen geht. „Es wird keine Schlacht oder ein Gemetzel gezeigt, sonst hätte ich mir das verkniffen“, sagt Spiegelberg. Der Panzer sehe einfach schön aus.

„Es gab Wenige, die keine Verbrecher waren“

Zudem könne man die Angehörigen der Wehrmacht nicht pauschal als Kriegsverbrecher bezeichnen. Das Simon-Rau-Zentrum entgegnet, dass die Wehrmacht viel Leid über Europa gebracht hat. „Es gab Wenige, die keine Verbrecher waren“, so der Mitarbeiter.

Die Wehrmacht sei nicht nur Teil des deutschen Angriffskrieges, sondern auch am Holocaust beteiligt gewesen und habe beispielsweise an Erschießungen teilgenommen. Spiegelberg entgegnet daraufhin, dass nicht die Wehrmacht, sondern das NS-Regime den Angriffskrieg befohlen hat.

Rücktritt in Ausschuss

Das Silvester-Foto Hofmanns mit den ein Haus stürmenden Soldaten, hält Spiegelberg dagegen für grenzwertig. „Ich hätte Herrn Hofmann geraten, es nicht zu posten“, so der Fraktionssprecher, der auf diesem Bild selbst verlinkt wurde, sich dem wohl aber nicht wirklich bewusst war: „Ich werde an Silvester und an Geburtstagen auf vielen Facebook-Fotos markiert“, sagt der Landespolitiker.

Die Band „Sleipnir“ sage ihm dagegen nichts, weshalb er sich darüber kein Urteil bilden könne. Auch andere antisemitische Inhalte, die Hofmann gefallen, seien ihm nicht bekannt. „Wenn dem so ist, werden wir uns darüber unterhalten“, sagt Spiegelberg. Eine Konsequenz habe die ganze Sache aber jetzt schon. So wird Hofmann seinen Sitz als stellvertretender Vorsitzender des Kulturausschusses abgeben. Dies habe er selbst entschieden, um Schaden von der Partei zu nehmen. Dass Hofmann sein Stadtratsmandat ganz aufgibt, steht laut Spiegelberg aktuell nicht zur Debatte. (mz)