Wartezeiten trotz Überversorgung bei Fachärzten Wartezeiten trotz Überversorgung bei Fachärzten in Weißenfels: Wie passt das zusammen?

Weissenfels - Wer Hilfe braucht, der muss schnell sein. Zumindest in der Orthopädie-Gemeinschaftspraxis von Andreas Müller und Felix Rudolph. Wer dort unangemeldet behandelt werden will, der steht besser früh auf. Denn die Praxis vergibt täglich ab 6 Uhr fünf Termine für nicht angemeldete Patienten.
Davon wird reichlich Gebrauch gemacht. Denn die nächsten regulären Termine gibt es erst ab Oktober für den Monat Januar, heißt es am Tresen. Die Schwester bleibt hart. Lücken durch Absagen anderer Patienten gebe es nicht. Alles sei ausgebucht.
Nicht nur bei Orthopäden müssen die Weißenfelser auf Termine warten
Beim Orthopäden Frank Wiegand wiederum haben Erwachsene kein Glück. Der Mediziner hat sich auf die Behandlung von Kindern spezialisiert. Und auch da gibt es Wartelisten. Babys mit Funktionsstörungen kommen schneller dran, als kleine Patienten beispielsweise mit Fußproblemen. Die hätten eine Chance auf einen Termin im Januar.
Und nicht nur bei den Orthopäden müssen die Weißenfelser auf Termine mitunter einige Monate warten. Bei Augenärztin Dr. Stefanie Andrä beträgt die Wartezeit für einen Termin rund vier Monate, teilt sie auf Nachfrage mit. Momentan vergebe man Termine für Januar und Februar 2018. In diesem Jahr kann sie leider keine neuen Patienten mehr aufnehmen, informiert die Augenärztin. Auch in der Augenarzt-Praxis von Thomas Meinhard brauchen Patienten, die keine Notfälle sind, Geduld. Zwei bis drei Monate warten sie laut Schwester Gerlind Meinhard auf einen Untersuchungstermin.
Zu viele Patienten auf zu wenige Fachärzte?
Es sind Wartezeiten wie diese, die viele Patienten auf zu wenige Fachärzte in der Region schließen lassen. Anders sieht man das in Magdeburg bei der Kassenärztlichen Vereinigung des Landes Sachsen-Anhalt. Dort gilt der Burgenlandkreis in den Bereichen Augenarzt, Orthopäde oder Hautarzt sogar als überversorgt. Denn anders als die Patienten stellt die Kassenärztliche Vereinigung die Zahl der Fachärzte in nüchterne Relation zu der Einwohnerzahl. Daraus ergibt sich dann ein sogenannter Versorgungsgrad.
„Dabei legen die einschlägigen gesetzlichen Regelungen fest, dass ab einem Versorgungsgrad von 110 Prozent Neuzulassungen von Ärzten gesperrt sind“, teilt der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung mit. Sogar ein Versorgungsgrad bis zu 140 Prozent werde zugelassen. Danach überprüfe ein Zulassungsausschuss, ob eine Praxisnachbesetzung überhaupt notwendig sei.
Versorgungsgrad von Augenärzte bei 135 Prozent
Nach Einschätzung der Kassenärztlichen Vereinigung gibt es im Burgenlandkreis bei Augen- und Hautärzten sowie Orthopäden keine Not. Für Augenärzte hat sie einen Versorgungsgrad von 135 Prozent errechnet. Bei Hautärzten liegt er gar bei rund 175 Prozent und bei Orthopäden bei knapp 136 Prozent. Für Weißenfels stelle sich die Situation so dar, dass die Region mit fünf Orthopäden komplett versorgt ist und mit Augenärzten sogar überversorgt ist. Für vier Augenärzte gibt es einen Versorgungsauftrag - fünf Praxen arbeiten.
Und doch scheint zwischen Theorie und Praxis zuweilen eine Diskrepanz aufzutreten. Seit April diesen Jahres haben sich immerhin 120 Patienten aus dem Burgenlandkreis an die Terminservicestelle der Kassenärztlichen Vereinigung gewandt, um schneller an einen Facharzttermin zu gelangen. Dann wird im Umkreis des Wohnortes nach einer Praxis gesucht, die in zumutbarer Entfernung liegt.
In 81 Fällen waren die Ansprüche der Patienten gerechtfertigt. Davon entfielen fünf auf Augenärzte, vier auf Hautärzte und fünf auf Orthopäden. (mz)