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Verunreinigtes Abwasser Verunreinigtes Abwasser in Weißenfels: Stadt will sich Millionen zurückholen

Von Andreas Richter 07.03.2017, 08:40
Das gereinigte Abwasser fließt hier in die Saale.
Das gereinigte Abwasser fließt hier in die Saale. Peter Lisker

Weißenfels - Ein mehrere Jahre andauernder Rechtsstreit um Strafabgaben für verunreinigtes Abwasser wird am 8. März nach zwei Jahren Pause am Landgericht in Halle weiter öffentlich verhandelt. Anfang März 2015 hatten die Stadt Weißenfels, die Stadtwerke, das Planungsbüro aqua consult und das Fleischwerk eine Verabredung beim Landgericht. Der Streitwert: rund zehn Millionen Euro. Doch am Ende gingen die Parteien ohne nennenswertes Ergebnis auseinander.

Rückblick: Zwischen 2006 bis 2011 hatte das Land Strafabgaben in einer Gesamthöhe von rund zehn Millionen Euro verhängt, weil Grenzwerte für Schadstoffe bei der Einleitung des Abwassers aus der Weißenfelser Kläranlage in die Saale zum Teil erheblich überschritten worden waren.

Verunreinigtes Wasser: Weißenfels hatte die Strafen gezahlt und den städtischen Haushalt bis heute erheblich belastet

Die Kommune hatte die Strafen gezahlt und der städtische Haushalt ist damit bis heute erheblich belastet. In einem höchst komplizierten Rechtsstreit versucht die Stadt nun, sich Geld zurückzuholen. Sie fordert Schadenersatz gegenüber den Stadtwerken als damaligem Betriebsführer einer völlig überlasteten Kläranlage, dem Ingenieurbüro, das das Betriebsregime der Anlage betreut hat, und dem Fleischwerk als Haupteinleiter von Abwasser.

Wie schwer durchschaubar der fast in Vergessenheit geratene Rechtsstreit ist, zeigt allein die Länge des Verfahrens. Beim erwähnten Anhörungstermin im März 2015 hatte die Vorsitzende Richterin davon gesprochen, dass man sich bereits zwei Jahre lang mit der „höchst komplexen Angelegenheit“ befasst habe.

Vor dem Prozess: In den vergangenen beiden Jahren wurden zwischen den Parteien offenbar eine Unmenge an Schriftsätzen ausgetauscht

In den vergangenen beiden Jahren nun ist zwischen den Parteien offenbar eine Unmenge an Schriftsätzen ausgetauscht worden. „Der Umstand, dass lange kein Termin stattgefunden hat, lässt nicht den Schluss zu, dass das Verfahren zum Stillstand gekommen ist“, informierte Wolfgang Ehm, Pressesprecher am Landgericht, auf MZ-Anfrage.

Im Gegensatz zum Strafprozess ist es laut Ehm bei einem Zivilprozess üblich, dass „wesentliche Argumente und der dazugehörige Sachverhalt durch die Prozessbevollmächtigten der Parteien in Schriftsätzen aufgearbeitet werden.“

Prozess um verunreinigtes Abwasser: Jede Menge Stoff für die weitere Verhandlung und Beweisaufnahme

Jede Menge Stoff also für die weitere Verhandlung und Beweisaufnahme. Bisher sind bis Ende Mai sechs Termine am Landgericht festgelegt worden. Derweil sieht sich die Stadt Weißenfels heute in einer deutlich besseren Situation als noch vor zwei Jahren. Seinerzeit hatte die Verhandlung den Eindruck vermittelt, dass es nahezu unmöglich ist, genau abzugrenzen, wer damals wofür und in welchem Maße Verantwortung getragen und möglicherweise Pflichtverletzungen begangen hat.

In den Jahren 2014/15 ist die Kapazität des Weißenfelser Klärwerkes von 76.500 auf nunmehr 125.000 Einwohnerwerte erhöht worden. Rund elf Millionen Euro wurden in die von der Weißenfelser Abwasseranstalt betriebene Anlage investiert, etwa die Hälfte davon sind Fördermittel. Pro Tag werden im Durchschnitt etwa fünf Millionen Liter Schmutzwasser in das Klärwerk eingeleitet. An Regentagen können es bis zu zwölf Millionen Liter Mischwasser sein. Für den Transport des Abwassers sorgt ein insgesamt rund 200 Kilometer langes Netz aus Kanälen. 14 Pumpstationen und weitere Sonderbauwerke komplettieren das Netz. ari

Oberbürgermeister Robby Risch (parteilos) heute: „Wir können als Stadt nur gewinnen. Wir sehen nach wie vor nicht die alleinige Verantwortung bei uns.“ Der Ausgang des Rechtsstreits sei offen, so Risch. Die Stadt habe in den letzten Monaten eifrig gearbeitet, um entscheidende Nachweise zu erbringen und die eigene Position zu stärken. Ohne die Hypothek der Strafzahlung würde die Kommune heute finanziell noch weitaus besser dastehen.

Verunreinigtes Abwasser: Stadt Weißenfels hatte einen ersten Rechtsstreit gegen das Land verloren

Dabei hatte die Stadt einen ersten Rechtsstreit gegen das Land verloren. Das Verwaltungsgericht Halle hatte bereits 2014 entschieden, dass die zwischen 2006 und 2011 verhängten Abwasser-Strafabgaben rechtens sind. In der Begründung hatte das Gericht unter anderem eingeschätzt, dass in den betreffenden Jahren „ein ordnungsgemäßer und sicherer Betrieb der Kläranlage mangels ausreichender Betriebsanweisungen für das Kläranlagenpersonal“ nicht sichergestellt gewesen sei.

Offen bleibt, inwieweit diese Einschätzung aus dem ersten Verfahren Bedeutung für einen Rechtsstreit erlangt, der nun also öffentlich wieder Fahrt aufnimmt. (mz)

Der Speicher, in dem das entstehende Faulgas aufgefangen wird.
Der Speicher, in dem das entstehende Faulgas aufgefangen wird.
Peter Lisker