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Verkehrserziehung Verkehrserziehung: Fehlverhalten von Eltern

Von Klaus-Dieter Kunick 28.08.2015, 08:03
Madeleine Hauer schnallt ihren Sohn Mourice im Auto selbstverständlich an.
Madeleine Hauer schnallt ihren Sohn Mourice im Auto selbstverständlich an. Lisker Lizenz

Weißenfels - Es scheint einfach nicht in den Kopf so mancher Eltern hineinzugehen: Immer wieder ist festzustellen, dass Kinder im Auto nicht angeschnallt sind, bestätigt Polizeihauptmeister Raul Reichold vom Polizeirevier Burgenlandkreis. „Ich habe gesehen, dass Eltern ihre Kleinen nicht angurten“, sagt auch Madeleine Hauer. Da einige Mütter und Väter sowie Großeltern in ihrem Pkw getönte Scheiben haben, würden sie davon ausgehen, dass das niemand sieht, fügt die 24-Jährige hinzu.

Sind es gar nur einige Hundert Meter vom Wohnort bis zur Schule werde ebenfalls mal schnell „vergessen“, die Kinder anzuschnallen, weiß Raul Reichold aus seiner langjährigen Erfahrung heraus. Für ihn stehe fest, dass die Einstellung zur Verkehrssicherheit zu wünschen übrig lasse. Dass für die Nichteinhaltung der Straßenverkehrsordnung zur Kasse gebeten wird, scheint kaum jemanden zu stören.

Wer das Angurten ignoriert, muss bei einer Kontrolle immerhin 30 Euro berappen, betrifft das mehrere Kinder addiert sich das auf 70 Euro. „Das kommt für mich nicht in Frage, meine Kinder werden immer angeschnallt“, erklärt Madeleine Hauer, die im Auto oftmals ihr 20 Monate altes Töchterchen Hanna mitnehmen müsse. Wenn ihr Junge sowie ihre Tochter im Auto sind, beide sitzen stets hinten, und die kleine Hanna fange unterwegs an zu schreien, müsse sie eben spontan eine Haltemöglichkeit suchen, so die Weißenfelserin. Der Weißenfelser Dekra-Niederlassungsleiter Andreas Knochenhauer meint, dass Kinder im Auto grundsätzlich aus Sicherheitsgründen hinten sitzen sollten.

Verhalten am Schulbus

Doch nicht nur mit dem Pkw werden Schüler befördert, der Schulbus ist ebenfalls stark frequentiert. Im Rahmen der Verkehrserziehung wird den Kindern der unteren Klassenstufen beizeiten beigebracht, wie sich jeder im Straßenverkehr zu verhalten hat. Es ist erst wenige Tage her, dass im Verkehrsgarten in Teuchern mit Kindern aus Starsiedel das Verhalten am Schulbus besprochen wurde. Die Kleinen kennen zum Beispiel den sogenannten toten Winkel gar nicht, so Rainer Zimmermann von der Verkehrswacht Hohenmölsen/Teuchern. Gerade jetzt, vor Schulbeginn sei es notwendig, darauf aufmerksam zu machen.

Und noch mehr Aufmerksamkeit sollte folgende Botschaft erlangen: Sein Kind in die Schule zu fahren, ist gefährlicher, als es laufen zu lassen. Das hat eine wissenschaftliche Studie im Auftrag des ADAC ergeben, dass auch die Kinder vor der Schule in Gefahr sind, wenn Eltern ihre Kleinen bis vor die Schultür fahren. Am liebsten gleich noch bis vor das Klassenzimmer, machte eine Lehrerin aus dem Raum Zeitz mit leicht ironischem Unterton aufmerksam. Laut Statistischem Bundesamt kamen allein im vergangenen Jahr mehr als 10.350 Kinder unter 15 Jahren im Auto ihrer Eltern zu Schaden – deutlich mehr als Kinder, die zu Fuß unterwegs waren, belegt die Studie.

Eltern gefährdeten in vielen Fällen durch regelwidriges Anhalten oder riskante Wendemanöver die Sicherheit anderer Schulkinder und Verkehrsteilnehmer teils massiv, klagt der ADAC. Verkehrsverstöße unmittelbar vor den Schulen sind eher die Regel als die Ausnahme. Die Gefährdungen resultieren überwiegend aus dem Fehlverhalten der Eltern beim Bringen oder Abholen der Kinder. Dazu zählen die Behinderungen von Schulbussen, gefährliche Fahr- und Wendemanöver sowie unerlaubtes Halten im Halteverbot. Polizeihauptmeister Raul Reichel vom Polizeirevier Burgenlandkreis habe zudem auch immer wieder beobachtet, dass die Kinder direkt vom Fahrzeug zur Straße hin aussteigen oder zwischen parkenden Fahrzeugen die Fahrbahn überqueren.

Damit ist die Unwissenheit noch nicht beendet: Unklarheit herrscht oftmals in der Frage, ob Eltern ihre Sprösslinge im Pkw vorn oder hinten sitzen lassen sollen. Im passenden Kindersitz dürfen Kinder unter zwölf Jahren im Auto auch auf dem Beifahrersitz mitfahren. Selbst Babys dürfen in entsprechenden Schalen neben dem Fahrer befördert werden.

Die MZ weist mit mehreren Beiträgen auf die Aktion „Sicherer Schulweg“ hin. Es gab zahlreiche Hinweise, besonders der Kommunen, um den Gang zum Unterricht sicherer machen. Dabei wurde auf Gefahrenstellen für die Kinder aufmerksam gemacht. Für viele Schüler ändert sich beim Schulweg nichts, für andere möglicherweise alles. Im Vorjahr gab es im Burgenlandkreis elf Kinder, die bei Unfällen verletzt wurden. (kdk)

„Viele Eltern wollen das Kind vorne haben, weil sie denken, sie können sich dann besser kümmern“, sagt Andreas Knochenhauer. Doch die Ablenkungsgefahr sei einfach zu hoch. Schon ein kleiner Blick zur Seite könne zu einem Unfall führen. Ganz abgesehen von der Suche nach einem herunter gefallenen Gegenstand des Kindes. Da es sich zumeist um sogenannte Reboard-Systeme handelt, also Sitze, bei denen das Kind mit dem Rücken zur Fahrtrichtung befördert wird, muss allerdings zwingend der Airbag abgeschaltet sein. (mz)

Auf Hinweise der Dekra achten

- Wer sein Kind im Auto mitnehmen will, sollte unbedingt einige Hinweise beachten. Darauf verweist Andreas Knochenhauer:

- Jedes Kind hat Anspruch auf einen eigenen Sitzplatz im Fahrzeug.

- Auf allen mit Gurten ausgestatteten Sitzen müssen Kinder gesichert werden.

- Kinder unter 1.50 Meter Körpergröße sind mit geeigneten Kinderrückhaltesystemen zu sichern.

- Kinder über 1.50 Meter Körpergröße müssen mit den vorhandenen Fahrzeuggurten gesichert werden. Andreas Knochenhauer: „Verglichen mit den Folgen für ein ungesichertes Kind im Fall eines Unfalls sind die Konsequenzen bei einem Bußgeld harmlos.“ Den Gesetzen des Rechtsstaates könne man sich in verantwortungsloser Weise widersetzen. Den Gesetzen der Physik nicht, ergänzt er.