1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Weißenfels
  6. >
  7. Ungewisse Zukunft: Ungewisse Zukunft: Streit ums Geld für Wohnprojekt von Behinderten

Live:

Ungewisse Zukunft Ungewisse Zukunft: Streit ums Geld für Wohnprojekt von Behinderten

Von Heike Riedel 07.03.2016, 18:19
Manuel Machner (stehend) ist der Betreuer  von der Integra  für  Anne Herda, Robert Herrmann und Barbara Adler (v.l.) 
Manuel Machner (stehend) ist der Betreuer  von der Integra  für  Anne Herda, Robert Herrmann und Barbara Adler (v.l.)  Peter Lisker

Weissenfels - Die Betreuer der Integra als Träger der Behindertenhilfe wissen kaum noch weiter. Für die drei schwerbehinderten Menschen, die in einer Wohngemeinschaft in der Promenade in Weißenfels zusammenleben, reicht das Geld hinten und vorne nicht.  Noch immer ist unklar, wer für die drei behinderten Menschen bezahlt.

Annelie Herrmann ist die Mutter von Robert Herrmann (26), eines der  Mitglieder der Wohngemeinschaft.  Eine dauerhafte Unterbringung im Heim sei  für ihren Sohn keine Lebensperspektive. Auf eine selbst organisierte ambulant betreute Wohngemeinschaft für hilfe- und pflegebedürftige Menschen, wie sie  in anderen Bundesländern  schon praktiziert werde, fiel ihre Wahl. Doch damit begann für sie ein Kampf, in dem sie die Integra an ihrer Seite hat. Aber  die Sozialagentur des Landes, für die  das Sozialamt des Burgenlandkreises   hat sie  gegen sich,  meint die engagierte Mutter. Denn das Geld, das Robert für  die Grundsicherung für Wohnen und Leben erhält, für die Fördergruppe und für  Pflege reicht vorn und hinten nicht, um die Leistungen zu bezahlen,  die  die Integra und der Pflegedienst nun für ihn erbringen, um ein weitgehend von der Mutter unabhängiges Leben zu führen. Die Begleichung von mehr als 100 000 Euro gegenüber der Integra steht mittlerweile aus.

Agentur wehrt Finanzierungsmodelle  ab

Denn die Sozialagentur des Landes wehrt  jegliche Finanzierungsmodelle  ab, die Annelie Herrmann mit  ihrem Rechtsbeistand und   auch die Integra selbst vorschlagen.  Ursprünglich sollte  das Persönliche Budget  genutzt werden, um die zusätzlichen Dienstleistungen  zu bezahlen.  Denn dessen Höhe soll sich, wie es der Name schon sagt,   am persönlichen Hilfebedarf  messen. Doch  selbst vor dem Sozialgericht  ist Annelie Herrmann damit gescheitert.  Die Klage wurde abgewiesen, weil Robert nicht selbst als Arbeitgeber auftrete, heißt es in der Begründung. Für die Inanspruchnahme des sogenannte Arbeitgeberassistenzmodell sah das Gericht in Roberts Fall keine Möglichkeit. 

Welchen Weg zur Finanzierung es aber geben könnte, haben bisher weder Gericht noch Sozialagentur aufgezeigt. Ja, Robert werden maximale Betreuung,  Förderung und Pflege zuerkannt, aber das Komplettpaket  gibt es bei einer Heimunterbringung ja viel günstiger. Die Sozialagentur ignoriere, dass  mit der Aufhebung eines Erlasses im vergangenen Jahr die  gewählte Wohnform für Menschen wie Robert jetzt auch einräumt werde, sagt Integra-Chef Ralf Müller.
Zudem sei die ambulante Betreuung  vor  eine stationäre zu stellen. Dazu müssten aber auch Finanzierungsmöglichkeiten für das „ambulant betreute Wohnen mit erhöhtem Hilfebedarf“, wie  Müller die Wohnform nennt,  geschaffen werden. Das sei eine ganz prinzipielle Frage, die  auch von der Landesregierung geklärt werden müsse. Wer neues Recht schafft, muss dafür auch das Geld einplanen, so sieht es Müller.

Keine Gespräche, keine Lösung

Das Schlimmste an der Situation: „Bis jetzt sind wir mit der Sozialagentur nicht zu einem Gespräch gekommen. Wir finanzieren hier  vor und kommen zu keiner Lösung. Wir  werden den Streit aber auch nicht auf dem Rücken der Behinderten austragen“, versichert Müller. Und das obwohl der Integra nicht nur an dieser Stelle das Geld in ihrem Haushalt fehlt, mit dem sie gerechnet hat. Pflegesätze müssen neu verhandelt werden, die Tariferhöhungen für die Beschäftigten Berücksichtigung finden.

„Wir brauchen eine Lösung“, sagt Müller und hofft für die Wohngemeinschaft auf einen Gesprächstermin mit der Sozialagentur noch in diesem Monat.   Jedenfalls mit 12,48 Euro täglich,   die das Sozialamt nach einer  Bedarfsermittlung zugesteht,  ist   die Wohnform, selbst bei einer Optimierung  nicht  zu finanzieren. Da käme ein Stundensatz für die Betreuer der Integra von 60 Cent heraus.
 In der Wohngemeinschaft leben neben Robert Herrmann noch  Barbara Adler (54) und Anne Herda (28).  Nach ihrer Arbeit in der Fördergruppe haben sie bei der Integra  eine Lebensform gefunden, die sie trotz ihrer körperlichen und geistigen Einschränkungen  teilhaben lässt an der Gesellschaft.  „So stell’ ich mir die Zukunft für Robert vor, wenn er auf meine Unterstützung irgendwann nicht mehr rechnen kann“, sagt Annelie Herrmann. (mz)