Überbleibsel aus DDR-Zeiten Überbleibsel aus DDR-Zeiten: Weißenfelser dreht mit einem Fleischer-Bus die Zeit zurück

Langendorf - „Der Bus hat mich fast die Ehe gekostet“, sagt Klaus-Peter Götzl lachend. Er will damit sagen, dass er vor 15 Jahren jede freie Minute in die Restaurierung eines Fleischer-Fahrzeuges gesteckt hat. Am 28. Juli wird es neben 15 anderen Fahrzeugen verschiedener Typen auf der Naumburger Vogelwiese zu besichtigen sein.
Götzl kommt als Organisator allerdings aus Langendorf. Wenn nicht gerade die Markt-Sanierung laufen würde, hätte er sich das Treffen auch in Weißenfels vorstellen können. Doch unabhängig davon hätte er die rund 100 Teilnehmer, die mit den Bussen anreisen, hier nicht untergebracht. Im Naumburger Hotel Euroville war das kein Problem.
Warum sich der Langendorfer einen Fleischer-Bus zugelegt hat
Für den 52-jährigen Götzl, der Chef einer Speditionsfirma ist, war es vor 15 Jahren zunächst nur eine Idee, die er umsetzen wollte. Alljährlich sind er und seine Frau Katrin mit Familie, Freunden und Bekannten in Deutschland unterwegs. So war man bereits in einem Serengeti-Park in Niedersachsen und bei den Störtebeker-Festspielen auf Rügen. Weil aber alle im eigenen Pkw anreisten, sollte ein Bus angeschafft werden, der auch gewerblich genutzt werden konnte.
Ein bezahlbarer Bus sollte es sein. Der fand sich nach dem Hinweis eines Bekannten in Elster an der Elbe. Götzl spricht von einem Fleischer-Bus vom Typ S 4, Baujahr 1972. Der Buchstabe steht für Serienproduktion und die Zahl für vier Fenster zwischen den Türen. „Es war mir aber zu Beginn nicht klar, dass so eine Restaurierung endlos dauert.“
Den Fleischerbus hat Klaus-Peter Götzl liebevoll selbst restauriert
Da mussten Bleche, Kotflügel und Achsen getauscht und alles lackiert werden. Auch geschweißt hat der gelernte Landmaschinenbauer selbst. Die 38 Sitze fehlten komplett und neue musste man montieren. Klaus-Peter Götzl reduzierte deren Anzahl, um Tische einbauen zu können. Denn immerhin wird der Bus an Wochenenden vor allem bei Vereins- und Familienfeiern genutzt, „da ist es gemütlicher, wenn man sich gegenübersitzen kann“.
Statt PVC-Folie ist der Boden jetzt mit Teppichbelag bedeckt. Original sind auch die Gepäcknetze, eine Plastikblumenvase, Klingelknöpfe und das Lenkrad. Sogar einen Außenlautsprecher hat das Fahrzeug, mit dem man Fahrgäste und Passanten darüber informieren kann, dass die Fahrt losgeht.
Schon früher hat er in seiner Freizeit Trabi, Wartburg und Lada repariert
Außen machen nun Aufkleber auf den „70er-Jahre-Express“ aufmerksam, der Walter-Ulbricht-Spruch „Überholen ohne einzuholen“ sorgt immer wieder für Fragen und neben der Adresse ist neben Langendorf auch DDR zu lesen. Götzl hält mit seiner Vergangenheit nicht hinter dem Berg. Warum auch? Bereits beizeiten hat er zum Feierabend die Pkw Trabant, Wartburg und Lada repariert und von der eigenen Selbstständigkeit geträumt.
Er hat dann am 1. Mai 1990 zwar keine Reparaturwerkstatt eröffnet, aber eine Spedition. Denn zwischenzeitlich absolvierte er eine Ausbildung zum Berufskraftfahrer. Mit einem Sattelzug hat er allein angefangen und heute fahren für ihn acht Lastwagen, die in der gesamten Bundesrepublik unterwegs sind. Die Firma zählt 14 Mitarbeiter.
Und wie viel hat die Restaurierung gekostet?
40.000 Euro hat der Langendorfer bei der Restaurierung in seinen Bus investiert. Und Folgekosten bleiben nicht aus. So musste nach einigen Jahren der Motor getauscht werden. Vierteljährlich sind außerdem Sicherheits- und Bremsprüfungen notwendig, jährlich Hauptuntersuchungen und alle zwei Jahre die Überprüfung des Fahrtenschreibers. Bei Reisen muss man natürlich auf Vertragswerkstätten verzichten.
Götzls altes Motto: „Mit Hammer, Zange, Rödeldraht kommst du bis nach Leningrad und mit einem bisschen Glück auch zurück.“ Aber selbst wenn es nicht nach Sankt Petersburg geht, hat er bei Fahrten Schlauchschellen und Dieselleitungen dabei.
Der Nostalgie-Bus ist gefragt
Dass es seinen Nostalgie-Bus gibt, hatte sich schnell herumgesprochen. Er ist noch immer gefragt. Allerdings hat der Firmenchef die Ausfahrten von um die 30 im Jahr inzwischen halbieren müssen. Götzl begründet, dass er oft auch an den Wochenenden wegen Reparaturen an Fahrzeugen eingespannt ist. Und hinters Steuer lässt er keinen anderen, „denn für einen Oldtimer muss man ein Gefühl haben“. Außerdem ist dieser Bus-Typ nur 51 Mal produziert worden. „Er ist also eine echte Rarität.“
Seit 2004 gibt es alle zwei Jahre die Bustreffen, sei man bereits im sächsischen Sebnitz, in Berlin und Eisenach gewesen. Diesmal ist man selbst als Organisator gefragt und konnte auf die Hilfe der Naumburger Oldtimer-Freunde bauen. Immer sind laut Götzl Mitarbeiter der ehemaligen Firma Fleischer dabei, die kleinste Details erklären können. „Für sie ist das ihr Leben und das leben sie noch heute.“
››Fleischer-Bustreffen, 28. Juli, Naumburger Vogelwiese, 10.30 bis 15.30 Uhr (mz)
