Trauungen in der Marienkirche Trauungen in der Marienkirche: Das ist die Tür zum Glück

Weißenfels - In den nächsten Tagen will die 90-jährige Rosemarie Kurze einen Brief an ihre Zwillingsschwester Käthi in Hanau schicken. Darin wird sich ein Zeitungsausschnitt mit einer Tür in Weißenfels befinden, die beide auf besondere Art und Weise miteinander verbindet. Denn hinter dem prächtigen Portal in der Marienstraße haben beide Schwestern 1949 am selben Tag geheiratet. „Das Standesamt war nur ein einfaches Zimmer“, erinnert sich Rosemarie Kurze.
Beide Frauen haben im März vor 68 Jahren einen ähnlichen Geschmack gehabt. Zumindest beim Namen des Bräutigams. Rosemarie heiratete einen Erhardt, Käthi einen Erhard. Auch waren beide Meister. Ihr Schwager war ein Bäckermeister, ihr Mann ein Fleischermeister, erzählt Rosemarie Kurze. Leider ist er schon in den 80er Jahren und somit viel zu früh verstorben. Das schmerzt bis heute. An die Hochzeit aber hat die 90-Jährige nur gute Erinnerungen.
Nachkriegsjahre waren nicht leicht
Die Zwillinge, dessen Vater einst zwei Lebensmittelgeschäfte in Weißenfels gehörten, sind nicht die einzigen, die sich noch an ihre Trauung in der Marienstraße erinnern. Eva Rödiger hat dort schon 1948 geheiratet, erzählt die Seniorin. Und zwar nicht an irgendeinem Tag, sondern an Heiligabend. Warum ist schnell erklärt. „Da war ein bisschen was auf dem Tisch“, sagt die 90-jährige Weißenfelserin. Die Nachkriegsjahre seien nicht leicht gewesen. Es ging nur langsam aufwärts.
Eva Rödiger erinnert sich auch noch daran, wie hinter dem Portal in der Marienstraße später von der Stadtverwaltung Kohle-Karten ausgegeben worden sind. Weißenfels sei eine wirklich schöne Stadt, schwärmt die Seniorin. Tatsächlich ist das Portal in der Marienstraße ein besonderes Schmuckstück. Bei den Stadtführungen von Gudrun Schulze ist es oft eine Pflichtstation. Sie berichtet ihren Zuhörern dann, dass es sich um ein Renaissanceportal handelt.
Ursprünglich durften durch die Pforte gar keine Frauen gehen
Ursprünglich durften durch dieses gar keine Frauen gehen. Denn es war die Pforte zu einer Knabenschule. Die lateinische Inschrift beginnt denn auch mit den Worten „Dieses Haus ist Knaben geweiht und Jesu Wohlgestalt ist diesen Knaben vorgestellt“. Die Stadtschule ist laut Historiker Gerhard Bach 1539 in Weißenfels gegründet worden. An seine heutige Stelle wurde das prächtige Portal infolge von Stadtbränden 1553 gesetzt.
Das Gebäude selbst sei ein Barockbau. Einige Jahrzehnte später, nämlich 1595, ist es das erste Mal erneuert worden. Der Stadtbaumeister von Weißenfels hieß damals Christoph Schütz. Es war der Vater von Heinrich Schütz, der später als Musiker weit über die Stadtgrenzen hinaus berühmt geworden ist.
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