1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Weißenfels
  6. >
  7. Töpferwerkstatt in Lobitzsch: Töpferwerkstatt in Lobitzsch: Inspirierende Vergangenheit

Töpferwerkstatt in Lobitzsch Töpferwerkstatt in Lobitzsch: Inspirierende Vergangenheit

Von Holger Zimmer 09.03.2016, 12:37
Kerstin Goschala mit einer jener Tassen, die ihr Vater angefertigt hat. Die Töpferin hat sie für ihren Neffen noch einmal neu hergestellt.
Kerstin Goschala mit einer jener Tassen, die ihr Vater angefertigt hat. Die Töpferin hat sie für ihren Neffen noch einmal neu hergestellt. Peter Lisker

Lobitzsch/Meuselwitz - Einige Arbeiten ihres Vaters Erhard Goschala sind auch in Lobitzsch zu sehen, wenn Kerstin Goschala am Sonnabend und Sonntag beim Tag der offenen Töpferei dabei ist, der bundesweit stattfindet.

Für die Lobitzscherin ist es ins Elternhaus in Meuselwitz stets eine Zeitreise zurück in die Jugend. Ihr Vater ist inzwischen verstorben, doch regelmäßig besucht sie ihre Mutter Anna. Fliesen mit Vasen in modernen Formen zieren den Hausflur. Die große Werkstatt ist inzwischen Büroräumen gewichen. Doch das kleine alte Büro gibt es noch. Tisch und Schreibmaschine stehen hier, ringsherum an den Wänden aber sind die Arbeiten von Erhard Goschala zu sehen. Dieser stammt aus dem Sudetenland, hatte nach dem Krieg in Bürgel mit einer Lehrstelle Glück und war mit 23 Jahren schon Meister.

Er konnte Anfang der 1950er Jahre in eine alte Werkstatt für Blumentöpfe in Meuselwitz einziehen, die er eine Zeit lang neben seiner Keramik produziert hat. Im Zusammenhang mit der Leipziger Messe durfte er sogar im Grassi-Museum ausstellen und seine Arbeiten in DDR-Zeiten im nahen Altenburger Lindenau-Museum, in Gera und Erfurt nicht nur zeigen, sondern dort wurden sie sogar angekauft. Dabei blieb er stets der Bauhaustradition mit symmetrischen Formen und Kristallglasuren verbunden. Die Herstellung von letzteren war angesichts von Zuteilungen in der DDR problematisch.

Beim Vater lernte die Tochter auch das Töpferhandwerk. In den roten Ton konnte sie beizeiten Verzierungen ritzen. Töpfern freilich durfte sie erst mit zehn, elf Jahren, als sie groß genug war, um mit den Füßen an das Rad zum Einstellen der Geschwindigkeit für die Töpferscheibe heranzukommen. Aschenbecher entstanden und Zylinder folgten. Und sie erzählt, dass Vater ein strenger Lehrmeister war. „Manchmal kam er, wog ein Stück in den Händen und befand manches für zu schwer.“ Aber immerhin bekam sie für ihre Arbeit auch mal etwas zum Taschengeld dazu.

Ein Architekturstudium blieb ihr versagt, so dass sie ins Fach Bau-stoffverfahrenstechnik wechselte. Die anschließende Arbeit in einem Großbetrieb wie Kahla sagte ihr dann aber nicht zu. Beim Vater ging sie noch einmal in die Lehre, hatte ihre Prüfung in der Töpferstadt Kohren-Sahlis und machte ihren Meister. Seit 1983 ist Lobitzsch ihr Zuhause. Die Frau, die seit einigen Jahren in der Zeitzer Volkshochschule Yoga- und Keramikkurse gibt, probiert gern Neues aus.

Sie will nun mit alten Farben, die sie im Elternhaus entdeckt hat, ebenso experimentieren wie mit anderen Tassenformen. Ein Speise- und Kaffeeservice hat sie schon für ihren Neffen angefertigt und dies nach Vaters Vorbild. „Nur die Tassen sind jetzt nicht mehr ganz so schmal wie früher.“ Aber Altes müsse ja nicht schlecht sein und die Handwerkerin erzählt von jahrtausendealten Trinkgefäßen, die sie mal auf Kreta gesehen hatte.

Zum elften Mal nimmt sie am Tag der offenen Töpferei teil. 38 Kolleginnen und Kollegen sind diesmal in Sachsen-Anhalt dabei. Sie sagt: „Der Besucherzuspruch ist immer größer geworden.“ Sie selbst führt Interessenten am Samstag und Sonntag von 10 bis 18 Uhr das Bemalen von Stücken vor. (mz)

Mehr Informationen im Internet unter www.tag-der-offenen-toepferei.de

Anna Goschala mit einer Tafel, auf der    der berufliche Start ihres Mannes in einer Bürgeler Töpferei dargestellt ist.
Anna Goschala mit einer Tafel, auf der    der berufliche Start ihres Mannes in einer Bürgeler Töpferei dargestellt ist.
Peter Lisker