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Stadt setzt Zeichen gegen jede Gewalt

Von Andreas Richter 03.09.2006, 14:27

Weißenfels/MZ. - "Extremismus gehört nicht in diese Stadt", sagte Pfarrer Lothar Tautz und zeigte sich erfreut, dass die verschiedensten Generationen die Einladung zum bunten Familienfest am Nachmittag angenommen hatten.

Und während vor der Stadthalle vor allem die Kinder mit einem Bühnenprogramm und Angeboten zum kreativen Mittun beschäftigt wurden, sprach man bei einer Podiumsdiskussion drinnen über Ursachen und Erscheinungsbild vor allem des Rechtsextremismus. Gesprächspartner von Moderator Lothar Tautz waren der Pfarrer Klaus Bretschneider, Christian Endt von der Jugendinitiative Weißenfels, Torsten Hanel von der Arbeitsstelle Rechtsextremismus des Vereins Miteinander und Matthias Adrian von "Exit Deutschland", einer Organisation, die Aussteiger aus der rechten Szene unterstützt.

Weitgehend einig war man sich in der Runde, dass Rechtsextremismus heute in den unterschiedlichsten Erscheinungsformen auftritt und daher oftmals nicht auf den ersten Blick als solcher zu erkennen ist. Zunehmend würden unter anderem jugendliche Subkulturen durch Neonazis unterwandert. Adrian, ein Aussteiger aus der rechten Szene, machte klar, dass die Gefährlichkeit rechtsextremer Ideologie gerade darin bestehe, dass die Anwendung von Gewalt wesenseigener Bestandteil dieser Ideologie sei. Christian Endt warnte, dass die rechte Szene derzeit gerade auch in Weißenfels versuche Fuß zu fassen. "Wir brauchen die öffentliche Auseinandersetzung", forderte deshalb Pfarrer Klaus Bretschneider vor den rund 60 Teilnehmern der Podiumsdiskussion. Und Torsten Hanel bezeichnete die Bildung als entscheidendes Mittel, um rechten Parolen Wirksames entgegensetzen zu können.

Dass gerade bei Bildung und Aufklärung noch Reserven schlummern, machte die Wortmeldung von Karl-Heinz-Hoffmann deutlich. Der über 90-Jährige hat Faschismus und Krieg am eigenen Leibe zu spüren bekommen und ist bereit, über seine Erfahrungen zum Beispiel an Schulen zu berichten. Bislang sei er jedoch bei der Suche nach einem geeigneten Partner gescheitert, berichtete er und fand unter anderem bei Christian Endt von der Jugendinitiative einen interessierten Zuhörer . . .

Bei eher mäßiger Resonanz ging unterdessen der Aktionstag vor der Stadthalle weiter. Auf Interesse stieß unter anderem das Angebot am Stand von Michel Butoyi aus dem afrikanischen Burundi. Wer wollte, konnte dort traditionelle Gerichte wie Sambusa (Teigtaschen mit Hackfleisch) verkosten oder Glückwunschkarten, hergestellt aus Bananenblättern, bestaunen. "Ich finde die Weißenfelser Idee sehr gut", sagte der Mann aus Afrika, der sein Heimatland aus politischen Gründen verlassen hat und seit acht Jahren in Deutschland lebt. Eine Meinung, der sich nebenan auch Bobby Gomez aus Brasilien anschloss. Der junge Mann lebt seit sieben Jahren in Halle und gibt dort unter anderem Kurse in der brasilianischen Kampfkunst Capoiera. Mit dem traditionellen Musikinstrument Berimbau sorgte er für einen weiteren bunten Tupfer an einem Aktionstag, der am Abend mit Auftritten mehrerer Live-Bands ausklingen sollte.