Seit 28 Jahren Seit 28 Jahren: Der Grillmeister vom Weißenfelser Marktplatz

Weißenfels - Sind sie schon durch? Mit kritischem Blick wendet Wilfried Würfel die Bratwürste auf seinem Grill auf dem Weißenfelser Weihnachtsmarkt. Zwei etwas dunklere Würste legt er mit der Bratzange an den Rand des Rosts. „Die dunklen haben den kräftigsten Geschmack und schmecken am besten“, sagt der 67-Jährige aus Schönburg. Deshalb isst der Mann mit dem markanten weißen Bart gelegentlich auch selbst eine Wurst, wenn sie für seine Kunden zu sehr durch sind.
Doch in der Regel brennt ihm nichts mehr an. Nach 28 Jahren als Grillmeister auf dem Weißenfelser Markt hat er genug Erfahrung. Und wie viele Männer am Grill verliert er nicht mehr Worte als notwendig, wenn er sich auf seine Aufgabe konzentriert. Natürlich gibt es bei ihm nur Original Thüringer Bratwürste. „Aus Apolda“, betonte, und sein Ton macht deutlich, dass allein dieser Ortsname ein Garant für die besten Würste der Welt sein muss.
Privater Grill auf dem Weißenfelser Markt
Der Name Wilfried Würfel klingt fast ein bisschen wie ein Künstlername. Doch der Mann heißt wirklich so, wie er mit seinem Ausweis belegen kann. Nach dem Fall der Mauer hat er seine Arbeit als Maurer verloren. „Ich habe aber immer gern gegrillt und habe mich deswegen einfach versuchsweise mit meinem privaten Grill auf den Weißenfelser Markt gestellt“, erzählt er. Seitdem steht er dort. Dreimal in der Woche: dienstags, donnerstags und sonnabends. Jede Woche. Zeit für Urlaub hat er als Selbstständiger praktisch nicht.
Und wenn Wilfried Würfel nicht gerade auf dem Markt steht, bleibt immer noch eine Menge zu tun. Brötchen kaufen oder die Würste abholen. Allerdings fährt er nicht selbst nach Apolda, die Würste werden zu einem Fleischer nach Naumburg geliefert. Wenn er mal frei hat, geht er gern mit seinem Schäferhund spazieren oder arbeitet im Garten.
„Die Rente als Selbstständiger reicht nicht zum Leben“
Mit 67 Jahren gehen andere schon längst in den Ruhestand. Wilfried Würfel steht weiter auf dem Markt. „Die Rente als Selbstständiger reicht nicht zum Leben“, sagt Würfel. Doch er wirkt nicht verbittert oder unglücklich, wenn er an seinem Grill steht und seine Kunden bedient. Und wenn man ihn so sieht, kann man sich eigentlich kaum vorstellen, dass er etwas anderes tut. Möglicherweise kann er sich das nach 28 Jahren selbst auch nicht vorstellen.
Im Advent ist Wilfried Würfel mit seinem Grill von seinem Stammplatz an der Jüdenstraße auf den Weihnachtsmarkt am Klingenplatz umgezogen. Dort verkauft er im Dezember nun jeden Tag Würste und manchmal hilft ihm seine Tochter dabei. Nach einer Woche am neuen Standort hat er die Preise für seine Thüringer um 50 Cent auf 2,50 Euro erhöht. An die große Glocke hängen möchte er das allerdings nicht.
Möglicherweise wollte er nicht mehr hinnehmen, dass die Konkurrenz kleinere Würstchen aus dem Supermarkt für den selben Preis anbietet. So richtig zufrieden ist er mit dem Ausweichquartier des Weihnachtsmarktes wegen der Marktsanierung nicht. Doch Wilfried Würfel will sich auch nicht beschweren. „Die Hoffnung stirbt zuletzt“, sagt der Grillmeister. (mz)