Schwangerschaft Schwangerschaft: Geboren in der Fremde

Weissenfels - Deutlich mehr Frauen mit Migrationshintergrund als noch vor zwei Jahren suchen in Weißenfels die Schwangerenberatungsstelle des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) auf. „Allein im vergangenen Jahr holten sich 76 Frauen vorrangig aus Syrien und Afghanistan Hilfe und Rat. Darunter waren 58 Schwangere“, bilanziert die Leiterin der Einrichtung Claudia Steinhübl. Die meisten seien mehrmals gekommen. Auch in diesem Jahr hat die 39-Jährige 45 schwangere Asylsuchende beraten. Mit weiteren zehn rechnet sie noch bis Jahresende.
Von Oktober 2015 bis Oktober dieses Jahres wurden im Burgenlandkreis 43 Babys von Migrantinnen geboren. Allein in der Gemeinschaftsunterkunft Hohenmölsen waren seit der Eröffnung der Einrichtung im April 2015 sechs Frauen aus Syrien, Eritrea und Guinea-Bissau schwanger. Derzeit sind es drei.
Steinhübl leitet die einzige Schwangerenberatungsstelle in der Weißenfelser Region. Pro Jahr führt sie rund 1 200 Beratungen durch. Dies betreffe Schwangere, junge Mütter, aber auch ratsuchende Väter. Ebenso wie bei den Einheimischen würden sich die Asylsuchenden beziehungsweise alle Frauen mit Migrationshintergrund - dazu zählen auch Polinnen und Bulgarinnen in der Stadt - nach den Möglichkeiten einer finanziellen Unterstützung erkundigen.
„Gut geregelt ist im Burgenlandkreis, dass die Migrantinnen auch eine Unterstützung seitens der Kreisverwaltung bekommen. Das finde ich wirklich gut, denn solche Hilfe ist nicht in jedem Landkreis so gegeben“, ist von der Beraterin zu hören. Auf Antrag bekomme die asylsuchende Schwangere bei Bedarf 102 Euro für Umstandsbekleidung, 150 Euro für eine Babyerstausstattung und 90 Euro Zuschuss für die Anschaffung eines Kinderwagens. Grundlage dafür ist das Asylbewerberleistungsgesetz.
Gute Vernetzung
In die Schwangerenberatungsstelle finden die Asylsuchenden meist durch die Hilfe der Sozialarbeiter in den Flüchtlingsunterkünften. Eine gute Vernetzung bestehe zwischen ihnen, der Initiative „Engagiertes Weißenfels“, der „Willkommensinitiative Hohenmölsen“, den Kleiderkammern, den Hebammen und Frauenärzten.
„Manchmal muss die Hilfe sehr schnell erfolgen. Aber wir konnten bis jetzt in jedem Fall den jungen Frauen helfen“, sagt DRK-Sachgebietsleiterin Barbara Dietrich, die für die Beratungsstellen und Kindereinrichtungen verantwortlich ist. Erst vor wenigen Tagen habe eine junge Weißenfelserin ihren Kinderwagen der Kleiderkammer gespendet. Kurz danach wechselte er zu einer Syrerin.
„Die Flüchtlingsfrauen, die uns aufsuchen, sind deutlich jünger als unsere Einheimischen. Oft sind sie mit Anfang 20 bereits mehrfache Mutter“, weiß Claudia Steinhübl. Nicht selten komme zum Gespräch die gesamte mehrköpfige Familie, wobei der Ehemann das Gespräch führe.
Flüchtlinge wie Deutsche können in der Beratungsstelle per Antrag soziale Hilfen beantragen. Steinhübl leitet sie weiter an die Stiftung Mutter und Kind beim Bund. Dazu muss ein Einkommensnachweis vorgelegt werden. Mittel werden unter anderem ausgereicht für eine Babyerstausstattung, für Pflege- und Kleinbedarf, für eine Wohnraumrenovierung, den Kinderwagen, aber auch für die Anschaffung von Kinderzimmermöbeln oder auch eine Waschmaschine beziehungsweise einen Trockner.
Allein im vergangenen Jahr seien rund 200 Anträge von deutschen Frauen und von Schwangeren mit Migrationshintergrund in der Weißenfelser Beratungsstelle gestellt worden. Über die Stiftung „Familie in Not“ könnten für alle Schwangeren weitere Beihilfen in Höhe von 200 Euro hinzukommen.
Etwa 80 Abbrüche im Jahr 2015
Leistungsbezieherinnen beim Jobcenter können einen Mehrbedarf aufgrund der Schwangerschaft in Höhe von 60 Euro erhalten. Nach der Entbindung stünden meist die Fragen nach dem Elterngeld und Mutterschaftsgeld auf der Tagesordnung.
Die Beratungsstelle suchen auch Frauen auf, die ihre Schwangerschaft abbrechen wollen. Im vergangenen Jahr waren das etwa 80. In diesem Jahr sind es bis jetzt schon mehr als 90. Darunter waren zehn mit Migrationshintergrund, berichtet Claudia Steinhübl. (mz)