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Ruth Müller  Ruth Müller : Müller will Landrätin werden

Von andreas richter 14.05.2014, 19:49
Ruth Müller bei einer Stippvisite auf dem Weißenfelser Markt.
Ruth Müller bei einer Stippvisite auf dem Weißenfelser Markt. Peter Lisker Lizenz

weissenfels/MZ - „Wir brauchen wieder mehr Eigenverantwortung und Gerechtigkeit“, findet Ruth Müller, die sich als parteilose Einzelbewerberin um das Landrats-Amt bemüht. Und wenn die 62-Jährige aus Bad Kösen in den Chefsessel der Kreisverwaltung gewählt würde, dann würde sie genau da zuerst ansetzen. Für sie, die die gesellschaftliche Wende 1990 als großen Glücksfall empfunden hat, hat heute längst die große Ungerechtigkeit im Lande Einzug gehalten. Drei Gruppen von Menschen hat die resolute Frau da ausgemacht: Jene, die in der Gesellschaft ganz oben stehen, würden sich mehr als genug nehmen. Denen ganz unten gebe man heute mehr als genug. „Und die in der Mitte werden ausgepresst wie eine Zitrone“, meint sie.

Ruth Müller sieht sich in der Mitte. In Bad Kösen hat sie als Eigentümerin die Verantwortung für fünf Immobilien, drei davon stehen leer, mit Mietnomaden gab’s immer wieder Ärger.

„Der Staat ist heute zu sozial. Wir dürfen nicht nur füttern und pampern“, sagt die ehemalige Ökonomin und fragt: „Warum soll jemand arbeiten gehen, wenn er sein Gehalt schon am Ersten des Monats an die Türklinke gehängt bekommt?“ Geht es nach ihr, gehört Hartz IV abgeschafft oder die Zahlungen sollten zumindest auf ein Vierteljahr reduziert werden. Doch sie will nicht falsch verstanden werden. Ihr gehe es um die gesunden Arbeitslosen, die nicht arbeiten wollen. Nicht etwa um Kranke und Arbeitsunfähige.

Ausgetreten aus der Kirche

Menschlichkeit und Aufrichtigkeit seien ihr wichtig, betont Müller. Die DDR hat sie nie als ihren Staat angesehen. Aus der Kirche ist sie mittlerweile ausgetreten, weil diese heute fordere, die Opfer des DDR-Regimes sollten den Tätern vergeben. Den Glauben habe sie behalten, sagt sie. Nur „das Bodenpersonal“ bei der Kirche, das gefalle ihr eben nicht mehr.

Ereignisse in der ungeliebten DDR haben den Lebensweg von Ruth Müller maßgeblich geprägt. 1983 sei ihr Mann nach 22 Jahren aus politischen Gründen aus einem Betrieb in Zeitz entlassen worden, erzählt sie. An diesem und anderen Schicksalsschlägen ging die Ehe schließlich 1986 kaputt. Bis heute lebt sie mit ihren erwachsenen Söhnen - der eine Industriekaufmann, der andere Krankenpfleger - in einem Haus. Und sie kümmert sich seit vielen Jahren um einen Mann, mit dem es das Leben nicht eben gut gemeint hat.

Weil sie aber gegen ein allumfassendes Fürsorgepaket ist, würde sich Ruth Müller als Landrätin dafür einsetzen, Einrichtungen wie die Naumburger Tafel oder die Möbelbörse für Bedürftige abzuschaffen. Eine Ganztagsbetreuung für Kinder von Hartz-IV-Empfängern in Kindertagesstätten lehnt sie ab. Mehr Geld sollte ihrer Meinung nach dafür in Ordnung und Sicherheit gesteckt werden. Feuerwehr, Polizei - Berufe in diesen Bereichen hätten weit mehr Anerkennung verdient, findet sie.

„Brauchen wir immer mehr?“

Und die wirtschaftliche Entwicklung? Ja, die brauche der Landkreis. Allerdings müsse die öffentliche Hand da weit weniger eingreifen als bisher, manches sei eher kontraproduktiv. „Die Betriebe wissen doch selbst, was sie zu tun haben“, meint die Bewerberin. Andere Dinge, wie etwa die Förderung des Tourismus, sind für sie nur Nebenschauplätze. Dass das Geschaffene erhalten werden soll, findet sie schon, fügt aber hinzu: Anderswo sei es doch auch schön. „Brauchen wir wirklich immer mehr, immer Neues? Sollten wir nicht manchmal einfach zufrieden sein und uns daran erinnern, woher wir kommen“, fragt Ruth Müller, die selbst kein Handy und zurzeit auch kein Auto hat. Eine Gesellschaft, in der viele immer wieder fordern und Ansprüche stellen, sei jedenfalls nicht die ihre.