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Polizeireform in Sachsen-Anhalt Polizeireform in Sachsen-Anhalt: Großes Schweigen im Walde

Von klaus-dieter kunick 05.06.2014, 20:33
Reiner Dathe arbeitet seit acht Jahren in Hohenmölsen. Demnächst geht der Beamte in Pension.
Reiner Dathe arbeitet seit acht Jahren in Hohenmölsen. Demnächst geht der Beamte in Pension. PETER LIsker Lizenz

weissenfels/MZ - Wie es im Rahmen der Polizeireform in Sachsen-Anhalt mit dem Einsatz der Kontaktbeamten in den Gemeinden weitergeht, weiß kein Mensch. Zuallerletzt die Verantwortlichen in den Kommunen. Dabei ist es nicht weit bis zum 1. Juli, dem Tag, an dem die neue Struktur greifen sollte. Doch das Land hüllt sich in Schweigen. Einzig und allein Uwe Petermann spricht Klartext - der Landesvorsitzende der Polizeigewerkschaft sieht ein Personalproblem: „Die Reform ist auf dem Altar der Koalition geopfert worden, um des lieben Friedens Willen.“

Schmerzgrenze erreicht

Wenn der Personalstand weiter reduziert werde, sehe er für 2017 die nächste Reform anstehen. Derzeit werde an der Gehaltseinstufung der rund 300 Regionalbereichsbeamten gebastelt. Wie die ausfalle, sei ungewiss. Diese 300 Leute müssen an anderen Stellen abgezogen werden, so Uwe Petermann. Es sei bereits jetzt personell eine Schmerzgrenze erreicht.

Vom 1. Juli scheint das Innenministerium abgerückt zu sein. Laut einer MZ-Anfrage liege der Dienstbeginn für die Regionalbereichsbeamten nach derzeitigen Planungen „im Sommer“. Das genaue Datum werde separat kommuniziert. „Darüber hinaus wird es bei den bekannten Zahlen bleiben“, so Stefan Brodtrück, stellvertretender Pressesprecher im Ministerium.

Umfrage

Was passiert bis dahin an der Basis? Bereiten sich die Kommunen darauf vor? Eine Umfrage zeigt, dass die nach der Devise handeln „abwarten und Tee trinken“.

Hohenmölsen: Es sei derzeit schwer einzuschätzen, ob der Einsatz der Regionalkontaktbeamten künftig zu einer Verbesserung der Arbeit führe, so Bürgermeister Andy Haugk (parteilos). Die Beamten könnten zunächst am bisherigen Standort bleiben.

Freyburg: „Ich weiß nicht, ob man das noch alles ernst nehmen soll mit der neuen Polizeistruktur“, fragt sich die Bürgermeisterin der Verbandsgemeinde Unstruttal Jana Grandi (CDU). Die VG habe sich noch nicht auf den Einsatz der Beamten vorbereitet. „Mal sehen, wann die Beamten sich melden.“

Bad Kösen: „Den Sitz könnten die Kontaktbeamten im alten Rathaus mit haben“, so Ortsbürgermeister Gerd Förster (parteilos), das müsse aber die Polizei entscheiden. „Wir kriegen keine Informationen, wie es weitergeht.“ Jetzt schon etwas in die Wege zu leiten, mache keinen Sinn bei dem Hin und Her der Reform.

Droyßig: „Es gibt eine steigende Kleinkriminalität“, klagt Manuela Hartung (SPD), Bürgermeisterin der Verbandsgemeinde Droyßiger-Zeitzer Forst. Das Sicherheitsgefühl der Bürger werde missachtet. Momentan könne man nichts machen. Die Beamten könnten am bisherigen Standort untergebracht werden. Es werde die gleiche Miete genommen wie bisher.

Nebra: Es gebe kaum Informationen, ergänzt Bürgermeister Gerhard Hildebrandt (parteilos). Die Beamten räumlich unterzubringen, sei kein Problem.

Informationspolitik funktioniert nicht

Doch so richtig wissen auch die Kommunen nicht weiter, die bisher keine Polizeistation haben, wie Lützens Bürgermeister Dirk Könnecke (parteilos) bestätigt. Von einer funktionierenden Informationspolitik könne man nicht reden. Fest stehe derzeit lediglich, dass aufgrund der Bauarbeiten am Rathaus in Lützen die Beamten in Hohenmölsen ihren Dienst beginnen und dort ihre Schicht beenden.

Einen Schritt weiter geht die VG An der Finne. Dort hatte man sich bereits im Haushaltsplan 2014 auf die Polizeistrukturreform finanziell eingestellt. Vor wenigen Tagen begannen im Rathaus Eckartsberga umfangreiche Umbauarbeiten für den Sitz der zwei Regionalbereichsbeamten. Die VG investiert in die Veränderung der Räumlichkeiten, deren Möblierung und in die Neuverkabelung 32.500 Euro. Vorgesehen sind zwei Doppelstreifen. „Das ist so etwas wie ein Musterbeispiel für Sachsen-Anhalt, wie trotz des Abbaus von Polizeipersonal das subjektive Sicherheitsempfinden im ländlichen Raum gestärkt werden kann“, sagt Bürgermeister Götz Ulrich (CDU). Die Doppelstreifen sollen von Eckartsberga aus, jeweils ein Polizist und ein Vollzugsbeamter des Finne-Ordnungsamtes, gemeinsam auf Tour gehen - mit zwei erkennbaren Fahrzeugen und natürlich in ähnlichen Uniformen.

Für eine der beiden Streifen wird die VG mit einem VW Tiguan ein geländegängiges neues Auto auf Leasing-Basis kaufen. Dafür stehen 18.100 Euro bereit. In den Polizeifarben Blau und Silber soll es aber mit entsprechender Aufschrift als Ordnungsamtsfahrzeug ausgewiesen werden. Zum 1. Juli kann ein weiterer Mitarbeiter für den Ordnungsvollzugsdienst in Vollzeit eingestellt werden. Bewerber dafür gibt es bereits zur Genüge. In dieser Woche sollen mit diesen erste Gespräche geführt werden.