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Pfarrer wechselt nach Halle Pfarrer wechselt nach Halle: Ein schmerzlicher Abschied aus Weißenfels

Von Holger Zimmer 24.11.2019, 14:00
Pfarrer Martin Schmelzer ist oft mit Fahrrad und Gitarre auf den Weißenfelser Straßen zu sehen.
Pfarrer Martin Schmelzer ist oft mit Fahrrad und Gitarre auf den Weißenfelser Straßen zu sehen. Peter Lisker

Weißenfels - Wenn Pfarrer Martin Schmelzer auf seinem Drahtesel durch Weißenfels fährt, dann ist er meist in Begleitung: Mit der Gitarre auf dem Rücken, mit der er den Menschen in Seniorenheimen bis zu seinem Ausscheiden aus dem Dienst in zwei Wochen Freude bereiten möchte.

Doch auch ein unsichtbarer Fahrgast ist dabei: Greta Thunberg. Mit ihr entstanden die Freitage für die Zukunft und Schmelzer setzte sich verstärkt aufs Zweirad. Der 42-Jährige verweist auf seine vierjährige Tochter - sie ist eines von drei Kindern -, die er täglich in die Kindertagesstätte bringt. Und er sagt: „Schließlich fängt Umweltschutz bei jedem an.“

Warum aber verlässt Schmelzer Weißenfels?

Warum aber verlässt Schmelzer Weißenfels, obwohl er es in den höchsten Tönen lobt? Der Grund ist, dass seine Frau als Ärztin im St.-Elisabeth-Krankenhaus in Halle arbeitet. Auf die Dauer war das schwierig. Dass sich mit dem Wegzug aus Weißenfels auch ein Satz erfüllt, den Martin Schmelzer bei seiner Ankunft gesagt hat, bezeichnet er als Zufall. Damals hatte er geäußert, dass er gern zehn Jahre in Weißenfels bleiben würde. Das hat sich nun erfüllt, sagt er.

Fakt ist, dass am 30. November Schluss ist, die Möbelwagen rollen und man mit dem Hausstand in eine Wohnung in dem halleschen Stadtteil Trotha zieht. Halle ist ihm nicht fremd. Denn nachdem er den Sinn des Lebens im Glauben gefunden hatte und seine Berufung als Pfarrer sah, studierte er in Göttingen und Halle Theologie. In Merseburg absolvierte er das Vikariat und übernahm dann die Pfarrstelle Weißenfels.

„Ich mag diese Stadt mit ihrer Schönheit und ihrer Widersprüchlichkeit“

„Ich mag diese Stadt mit ihrer Schönheit und ihrer Widersprüchlichkeit“, sagt Martin Schmelzer. Er habe hier engagierte Menschen kennengelernt. Und nicht nur in der Kirchengemeinde, sondern auch in den zahlreichen Vereinen und der Stadtverwaltung. Was er empfiehlt? „Sich die Widerständigkeit zu erhalten. Man sollte sich von Leuten, die verbittert durch die Stadt laufen, nicht runterziehen zu lassen.“

Rein statistisch gehe es in Deutschland laut Schmelzer den Menschen materiell so gut, wie noch nie. Dennoch gibt es Menschen, die nur wenig haben. Doch man sollte nicht nur aufs Geld schauen, sondern laut Schmelzer die Schönheit in die Seele holen. Dazu können ein Sonnenaufgang ebenso beitragen wie die Laubfärbung. Und er verweist auf seine Zeit als Kurpastor auf der Insel Hiddensee, wo er beobachten konnte, dass die Einheimischen die Schönheit, die sie umgeben hat, gar nicht mehr gewürdigt haben. Und auch in Weißenfels unterschätzen viele die Schönheit ihrer Stadt und der Landschaft.

Was in ihm besonders nachhallt?

Was in ihm besonders nachhallt? Das war der Tod von zwei Kindern in der Saale 2012 und der Fund eines toten Säuglings 2017. Danach radelte er innerlich aufgewühlt um den Südfeldsee und beschloss für sich, eine Trauerfeier für das Baby zu organisieren. Und wenn der Pfarrer zurückschaut, dann auch auf die Jahre dazwischen. Als Tausende Flüchtlinge in die Stadt kamen, habe ihn das Engagement vieler Menschen gefreut. Da gab es eine kirchenübergreifende Solidarität und auch die Verwaltung war mit im Boot.

Wie diese Stimmung kippen konnte? Schmelzer verweist auf Angst und Misstrauen, die gesät wurden und am Ende überwogen die schlechten Nachrichten all das Gute, das es gegeben hat. „Letztlich lässt sich ohne Vertrauen die Angst aber nicht besiegen.“ Das ist im Kleinen genau wie im Großen, werden in anderen Ländern im Namen der Freiheit Kriege geführt. Schmelzer: „Paulus sagte: Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.“ Was heißt, dass man Frieden nicht mit Waffen erzwingen kann.

Geht er jetzt ins Seniorenheim, sind die Menschen dankbar

Geht er jetzt ins Seniorenheim, sind die Menschen dankbar. Und Schmelzer erzählt, wie er eine Frau gesegnet hat und er sie fragte, ob sie das auch für ihn tun würde. Es sind die zarten Pflänzchen, dieses gegenseitige Geben und Nehmen, das die Menschen aufbaut. Für den 42-Jährigen ist es jedenfalls etwas ganz Besonderes, zu erfahren, dass er den Menschen einerseits etwas geben konnte und dass ihn viele vermissen werden.

Er sagt: „Es ist ein schmerzlicher Abschied.“ Wie es weitergeht, steht übrigens auch schon fest. Es wird zwar keinen nahtlosen Übergang in Weißenfels geben, wie er weiß, doch ohne einen Namen zu nennen, wird es jemand sein, der sein Vikariat beendet und im April die vakante Pfarrstelle besetzt.

Schmelzer selbst hat sich bereits in seiner neuen Arbeitsstelle vorgestellt

Schmelzer selbst hat sich bereits in seiner neuen Arbeitsstelle vorgestellt. Zum Pfarrbereich gehören Gemeinden in den halleschen Stadtteilen Trotha, Seeben, Mötzlich und Heiland in der „Frohen Zukunft“. Ob so ein Wechsel mit dem Beginn der Adventszeit schwierig ist, verneint der Pfarrer. Er wird sich bis zuletzt in Weißenfels engagieren und dann in die neue Arbeit stürzen.

Dabei versucht er, den Stress zu vermeiden, den viele Zeitgenossen im Advent sehen. Man sollte den eigentlichen Höhepunkt, das Weihnachtsfest, vorbereiten. Und Martin Schmelzer wird mit den Weißenfelser Erfahrungen nach vorn schauen, wenn er die Christvespern in drei Kirchen feiert. (mz)