Pfarrer auf Distanz Pfarrer auf Distanz: Schwieriger Start für den Neuen

Weißenfels - Dass aller Anfang schwer ist, dafür könnte der Weißenfelser Pfarrer Johannes Zülicke ein gutes Beispiel sein. Seit September vergangenen Jahres ist der 43-Jährige der katholische Pfarrer in Weißenfels. „Vor einem Jahr kannte ich vom Burgenlandkreis nur den Saaleradweg“, erzählt er. Damals war Zülicke Pfarrer in Aschersleben. Nach neun Jahren hat er eine Veränderung gesucht - und sie an der Saale gefunden.
Dort kümmert er sich heute um die Pfarreien St. Elisabeth in Weißenfels sowie St. Peter und Paul in Naumburg. Nach einem halben Jahr ist zur Gewissheit geworden: Es ist ein neuer Anfang in schwieriger Zeit. Noch immer kennt der Pfarrer nur wenige seiner rund 3.900 Gemeindemitglieder persönlich. „Seelsorge lebt davon, dass man den Menschen näher kommt, sich mit ihnen bekannt macht“, sagt Zülicke, der vor 18 Jahren zum Priester geweiht wurde. Doch der persönliche Kontakt ist in Zeiten allgegenwärtiger sozialer Distanz eher schwierig. „Ich lebe noch als Fremder unter Fremden“, so beschreibt der Pfarrer die besondere Situation.
Zur Fastenzeit erhalten Familien mit Kindern kleine Tüten
Immerhin: Sonntags dürfen sich die Gläubigen - natürlich unter Einhaltung der Hygienevorschriften - in der Kirche zum Gottesdienst treffen. Zu Beginn, im Herbst, da hat sich der neue leitende Priester der Pfarrei noch bei Gemeindemitgliedern an der Haustür vorgestellt. Jetzt zur Fastenzeit erhalten Familien mit Kindern kleine Tüten mit einem Brief vom Pfarrer, mit kleinen Geschichten und Zeichnungen zum ausmalen. In schwieriger Zeit ist Pfarrer Zülicke noch auf seinem Neuland unterwegs, macht sich in kirchlichen Einrichtungen und Beratungsstellen bekannt.
Dabei hat er gelernt: „Weißenfels ist ein sozial herausforderndes Feld“. Das sei auch in der katholischen Kindertagesstätte zu spüren, in der fast die Hälfte der Mädchen und Jungen Kinder von ausländischen Mitbürgern sind. Eine weitere Besonderheit: Von den rund 2.000 Katholiken der Pfarrei St. Elisabeth sind 30 Prozent Polen. „Das ist eine einmalige Situation im Bistum Magdeburg“, weiß Johannes Zülicke. Seine neue Heimatstadt hat er als „Stadt im Umbruch“ kennengelernt. Das graue Image, das ihr anderswo mitunter noch immer anhängt, kann der Pfarrer so nicht bestätigen: „Es ist eine schöne Stadt mit viel Geschichte.“
„Wir werden ein viel schlichteres Osterfest feiern“
In diesen Tagen nun blickt er auf das nahende Osterfest, schon das zweite im Griff der Pandemie. „Wir werden ein viel schlichteres Osterfest feiern“, sagt Zülicke. Nach aktuellem Stand sind Gottesdienste unter Einhaltung aller Regeln möglich. Für jene, die nicht kommen können oder wollen, hat die Kirchengemeinde ein Heft als Anregung für Hausandachten zusammengestellt.
Von digitalen Gottesdiensten hält Zülicke zurzeit eher wenig. Da gebe es mittlerweile zu viele Angebote im Netz, meint er. Die „Entdeckung der digitalen Medien“ an sich hält er jedoch für einen Segen der Coronakrise. „Wir haben neue Formate des Zusammenkommens erschlossen“, sagt er und erzählt von einem digitalen Bibelkreis, den die Gemeinde derzeit unter anderem im Netz anbietet. Der persönliche Kontakt bleibe jedoch die Basis der Seelsorge.
Mitten in der Krise sagt Zülicke: „Ich wünsche mir eine neue Normalität nach dem Lockdown. Eine Rückkehr zum Leben davor wird es nicht geben.“ Und er vergleicht die Corona-Krise mit einer „biblischen Sintflut“. Manches werde neu entstehen, anderes dahingefegt. Unendlich lange Sitzungen der Gemeindegremien zum Beispiel, die wertvolle Zeit nehmen für das Wesentliche. (mz)