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Notstand im Asklepios-Klinikum Notstand im Asklepios-Klinikum: Notaufnahme in Weißenfels chronisch überfüllt

Von Heike Riedel 17.10.2016, 06:30
Oberarzt Ingo Böttcher und Bereichsleiterin Juliane Riel bei der Arbeit in der Notfallambulanz der Asklepios-Klinik.
Oberarzt Ingo Böttcher und Bereichsleiterin Juliane Riel bei der Arbeit in der Notfallambulanz der Asklepios-Klinik. Peter Lisker

Weißenfels - „Im Notfall sind wir täglich 24 Stunden für Sie erreichbar.“ Das versichert die Notfallambulanz im Asklepios-Klinikum Weißenfels. Und das Team um den promovierten leitenden Oberarzt der Notfallabteilung, Ingo Böttcher, ist stets bereit, sich um Notfälle zu kümmern.

Aber manchmal stoßen die Mediziner an Grenzen. Denn die Zahl der Patienten steigt stetig. Was aber längst nicht heißt, dass auch die Zahl der Notfälle stetig steigt. Die MZ sprach mit Ingo Böttcher über die Situation der Notfallambulanz in Weißenfels.

Wie viel Patienten kommen in die Notfallambulanz?

Das sind mittlerweile 1 900 bis 2 100 im Monat, die Zahl steigt stetig. Allerdings sind die wenigsten echte Notfallpatienten. Mehr als die Hälfte könnte normal bei ihrem Hausarzt versorgt und von diesem gegebenenfalls nach Rücksprache mit Chefärzten der Fachkliniken diesen Abteilungen zugewiesen werden. Doch mit Bagatellen kommen manche in die Notfallaufnahme. 14 bis 15 Menschen werden täglich über die Notfallambulanz im Klinikum aufgenommen.

Woran liegt es, dass der Andrang größer wird?

Das hat viele Gründe. Dass auf dem Land Hausärzte fehlen, ist ein ganz wichtiger davon. Insofern ist das Problem aus dem Gesundheitssystem heraus gewachsen. Mancher Patient konnte in keine Praxis vordringen, scheitert dort oft schon am Vorzimmer. Es fehlen Hausärzte und niedergelassene Fachärzte. Oftmals ist es aber auch Unvernunft und Bequemlichkeit von Patienten, die eine optimale Diagnostik und schnellere Behandlung im Krankenhaus erwarten. Oder denken wir an die Flüchtlingsproblematik. Da werden viele Menschen gleich zu uns durchgereicht. Doch auch in der Notfallambulanz gibt es die Verständigungsprobleme. Das kostet viel Zeit und Mühe.

Wie wirkt es sich aus, dass so viele Patienten nur scheinbar Notfälle sind?

Für alle Patienten entstehen lange Wartezeiten. Es fehlen Zeiten und Kapazitäten für die wirklichen Notfälle. Es kann leichter zu Fehldiagnosen kommen. Auch das Notfallteam kommt an Belastbarkeitsgrenzen. Und es hat dann noch Beschwerden wegen zu langer Wartezeiten zu verkraften.

Ist das Notfallteam in Weißenfels personell ausreichend ausgestattet?

Ein Arzt, der den chirurgischen Teil übernimmt, und eine Ärztin, die Internistin ist, sowie 17 Schwestern und Pfleger sind gegenwärtig in Weißenfels das Notfallteam. Böttcher wünscht sich in jeder Schicht noch einen Arzt in die Notfallambulanz. Doch damit ist nicht zu rechnen. Er selbst ist seit 13 Jahren dabei und seit 2009 der Leiter. Er weiß, dass sein Team manchmal von den Verhältnissen schon überfordert wird. Doch wer die Arbeit gern tut, kann viel tragen.

Wie kann die Notfallambulanz entlastet werden?

Böttcher selbst spricht auch mal Klartext mit Patienten, die mit Bagatellerkrankungen bei ihm erscheinen. Von einer Gebühr für den Besuch der Notfallambulanz hält er nicht viel. Das wirke nicht lange, bringe zudem zusätzlichen Verwaltungsaufwand. Eine leichte Entlastung hat es aus seiner Sicht aber gebracht, dass seit reichlich einem Jahr mittwochs und freitags sowie an Wochenenden und zu Feiertagen Kassenärzte Sprechstunden im Klinikum anbieten, wenn die Praxen draußen geschlossen sind (jeweils 16 bis 18 Uhr sowie an Wochenenden und Feiertagen zusätzlich von 9 bis 11.30 Uhr). Allerdings schicken diese die Patienten dann auch zu den weiterführenden Untersuchungen in die Notfallambulanz weiter. Immerhin übernimmt so ein anderer Arzt erst einmal die Begutachtung des ankommenden Patienten.

Wer bestimmt die Reihenfolge der Behandlung?

In der Notfallambulanz geht es immer zuerst nach Dringlichkeit und dann nach Reihenfolge. Es entlastet die Ärzte, dass die Schwestern nach festgelegten Kriterien bereits die Patienten fünf Dringlichkeitsstufen zuordnen. Diese Einstufung kann der Arzt ändern. Aber mit dem System werden Bagatellfälle zurückgestellt. So hat der Arzt Zeit, sich um die wirklichen Notfälle zu kümmern. (mz)