Nietzsche-Zentrum Naumburg Nietzsche-Zentrum Naumburg: Büste des Philosophen wieder ausgestellt

Naumburg/dpa - Gut 9000 Bände Literatur, Tausende Dokumente und unzählige Briefe - macht insgesamt 520 laufende Meter Bücher. Alles für einen Mann: Friedrich Nietzsche (1844-1900). „Kaum ein Philosoph hat eine umfangreichere und widersprüchlichere Rezeption erlebt“, sagte der Leiter des Nietzsche-Dokumentationszentrum (NDZ) in Naumburg, Ralf Eichberg. Im fensterlosen Kellerarchiv des Gebäudes lagern wahre Schätze. Erst im Oktober kamen 4500 neue Bände hinzu. Die neuste Errungenschaft steht jedoch zwei Etagen darüber im Lesesaal: Eine Jahrzehnte lang als verschollen gegoltene Gipsbüste des Philosophen aus der Werkstatt des Künstlers Max Klinger.
„Die Geschichte dahinter ist ziemlich brisant“, sagte Eichberg. Zu DDR-Zeiten sei die Gipsplastik - wie andere Kunstwerke auch unter dem DDR-Regime - verschwunden. Vor wenigen Wochen hätte sich ein anonymer Spender gemeldet. Experten untersuchten die Büste und stellten fest: „Es ist der 1902 entstandene „Studienkopf“ aus der Werkstatt des Künstlers, der erst 1923 in Bronze gegossen wurde“, so Eichberg. Das Bronzekunstwerk werde seit Jahren im Museum der bildenden Künste in Leipzig aufbewahrt.
Im Oktober soll die der Friedrich-Nietzsche-Stiftung übergebene Gipsbüste erstmals auf der viertägigen Tagung „Nietzsche und Wagner“ vorgestellt werden. Im Mittelpunkt des internationalen Treffens steht jedoch das Gespräch über die musikalische und philosophische Auseinandersetzung der miteinander auf Zeit befreundeten Männer.
Neubau des Zentrums kostete drei Millionen Euro
Erst im Oktober vergangenen Jahres erhielt das Zentrum einen anderen Schatz. Aus einer Privatsammlung in Berlin wurden 4500 Bände von und über Nietzsche der Forschungsstätte vermacht. „Das ist der Vorteil von einer offiziellen Einrichtung: Dinge kehren an einen zentralen Ort und stehen der Forschung zur Verfügung“, sagte Eichberg. Mit der Sichtung der Werke seien Praktikanten und Ehrenamtliche wohl noch Jahre beschäftigt.
2010 wurde die Einrichtung in direkter Nachbarschaft zum Nietzsche-Haus eröffnet. Der Bau kostete knapp drei Millionen Euro. Die Friedrich-Nietzsche-Stiftung als Betreiber wie auch die Nietzsche-Gesellschaft haben im NDZ ihren Sitz. Neben den beiden Herzstücken - Archiv und Bibliothek - gibt es in dem modernen Gebäude einen Plenarsaal für Tagungen, Lesungen und außerschulischen Unterricht sowie verschiedene Ausstellungsbereiche. Sowohl Wissenschaftler, als auch Schüler und andere Interessierte sind willkommen.
Auf lange Sicht wünscht sich der Leiter der Forschungsstätte eine zeitgemäßere Aufarbeitung der Nietzsche-Literatur. „Ich kann mir eine Art digitale Landkarte vorstellen“, so Eichberg. Auf ihr könnten die Lebensstationen des Philosophen angeklickt werden. Dahinter könnten sich Informationen verbergen: Was schrieb er hier? Wen traf er? Was passiert an diesem Ort heute? Die Informationen könnten wiederum untereinander vernetzt werden.
Friedrich Nietzsche (1844-1900) wurde in Röcken bei Weißenfels (Burgenlandkreis) geboren. Einen Großteil seiner Kindheit verbrachte er in Naumburg. Der Philosoph befasste sich unter anderem mit der christlichen Moral und schrieb das dichterisch-philosophische Werk „Also sprach Zarathustra“. Der am Ende seines Lebens geistig umnachtete Nietzsche starb 1900 in Weimar.