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Mit Nachtwächterin zur blauen Blume

Von Holger Zimmer 18.05.2008, 18:53

Weißenfels/MZ. - Die Lieder des Langendorfer Volkschores sind verklungen, die Bühne am Schützhaus wird für die Folkrocker der Gruppe Horch vorbereitet. Da strömen Hunderte in die Schlosskirche zur Eröffnung der Museumsnacht. Oberbürgermeister Manfred Rauner (CDU) spricht von der "interessantesten Nacht des Jahres".

"Hört ihr Leute, lasst euch sagen, die Uhr hat viertel neun geschlagen", ertönt es im Schlosshof. Gudrun Schulze (66) will die Schar im Nachtwächtergewand mit schwarzem Umhang, Schlapphut und Laterne durch die Stadt geleiten. Zehn Jahre ist sie Gästeführerin und hat sich erstmals auf diese Weise kostümiert. Und bald könnte auch in Weißenfels der Nachtwächter seine Dienste als Stadtführer anbieten.

Angeführt wird der Zug von Silke Koschitzki als Sonne und Bernhard Lindner als Mond auf Stelzen sowie Dudelsackspieler Volker Seyboth (47). Jahrelang hatte er im stillen Kämmerlein geübt, um sich mit dem Instrument beim vergangenen Schlossfest erstmals öffentlich präsentieren zu können. Vor dem Geleitshaus lässt auch Fernando Novotny seine Luntenschlosswaffe krachen.

Seit zehn Jahren mischt er in der Historiengruppe anno 1630 mit. Diesmal steckt er in der Kluft eines Hauptmannes. Geschichtsinteressiert sei er schon immer gewesen, betont der Bad Dürrenberger, der sein Lager mit 20 Gleichgesinnten aufgeschlagen hat. Auf dem Markt erfahren die Zuhörer von Gudrun Schulze mehr über den Nachtwächterjob. Sie sagt auch, dass einst lautes Jauchzen und Gotteslästerung mit Kerker bestraft worden seien. Der würde angesichts dessen, was heute auf dem Markt oft los sei, nicht mehr ausreichen.

Im Hof des Francoishauses liest Erdmuthe Müller-Taube aus einer der Geschichten von Louise von Francois. Später sagt die 83-Jährige, dass sie nicht nur wegen des gleichen Vornamens in besonderer Beziehung zur Heimatdichterin stehe. Ihr Großvater habe mit der Francois noch getanzt und ihre Werke hätten nicht nur in der elterlichen Wohnung gestanden, sondern sie seien auch in der Schule durchgenommen worden.

Der Besuch des Francois-Hauses ist auch für Max Hahn neu, anderes hat er schon in der Schule erfahren. Annelies Berhold hat ihren elfjährigen Enkel mitgenommen. "Er soll von seiner Heimatstadt etwas mitbekommen", sagt die Markwerbenerin. Unter der an die Novalishauswand projizierten blauen Blume liest Stadtrat Jörg Riemer (FDP) aus "Heinrich von Ofterdingen", einem Werk des Romantikers. Später reißen Johannes Kreis im Kostüm von Heinrich Schütz und Lutz Teetzen als Schusterjunge die 826 von einem symbolischen Kalender. So viele Tage sind es an diesem Tag bis zur 825-Jahr-Feier der Stadt 2010. Und während vor dem Geleitshaus die Schweden bechern, kommt drinnen Wirt Uwe Brückner nicht aus seinem historischen Gewand heraus. Als Hauserbauer Hieronymus Kiesewetter hatte er nämlich während der Führung die Gäste begrüßt.