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Gastrononomie in Weißenfels Mehrwegpflicht für Bistros, Fast Food-Ketten und Gaststätten

Anbieter von Speisen zum Mitnehmen müssen ab Januar auch Mehrweg- Verpackungen anbieten. Wie das von Anbietern in der Region Weißenfels umgesetzt wird.

Von Meike Ruppe-Schmidt 11.01.2023, 10:00
Restaurantmanagerin Adriane Ranner zeigt die neuen Mehrwegbehälter, die seit Januar in der Weißenfelser McDonald’s-Filiale angeboten werden.
Restaurantmanagerin Adriane Ranner zeigt die neuen Mehrwegbehälter, die seit Januar in der Weißenfelser McDonald’s-Filiale angeboten werden. Foto: Peter Lisker

Weißenfels - Kaffee im To-go-Becher, Speisen vom Lieferservice oder im Restaurant zum Mitnehmen - Einwegverpackungen werden fast überall verwendet. Seit 1. Januar sind Restaurants, Caterer und Lieferdienste jedoch dazu verpflichtet, neben Einweg- auch Mehrwegbehälter für Speisen und Getränke zum Mitnehmen anzubieten. Kunden sollen ab sofort wählen dürfen, ob sie lieber die Einweg- oder die Mehrwegvariante nutzen möchten. Das schreibt das Verpackungsgesetz EU-weit vor. Das Ziel: Plastikmüll soll reduziert werden. Doch wie sehen Anbieter in und um Weißenfels das neue Gesetz?

Becherpfand bei McDonald’s

Der Fast Food-Riese McDonald’s, der in der Weißenfelser Heinrich-Hertz-Straße eine Filiale betreibt, hat teilweise reagiert. „Wir bieten seit dem 1. Januar Mehrwegbecher für Getränke und Eis an, was auch durch Schilder in unseren Filialen deutlich gemacht wird“, so Regionalleiter Boris Werner.

Wie das Mehrweg-System bei dem Fast-Food-Riesen funktioniert: „Für einen Pfand in Höhe von zwei Euro können die Becher mitgenommen und an allen McDonalds-Filialen zurück gegeben werden.“ Ein Angebot, das inzwischen von vielen Kunden angenommen wird. „Seit Einführung wurde das Angebot unserer Mehrwegbecher im Restaurant Weißenfels durchschnittlich 27-mal pro Tag angenommen“, erklärt Werner.

„Langfristig müssen aber auch Lösungen für die Mehrweg-Verpackungen von Speisen entwickelt werden.“ Für Papierverpackungen müssen derzeit noch keine Mehrwegalternativen angeboten werden. Ob einem das Gesetz nun passe oder nicht, sei egal. Und er betont: „Wir begrüßen alles, was in Richtung Müllreduzierung geht, denn das ist auch für uns wirtschaftlicher.“

Nachfrage der Kunden im Fokus

Für den Teucherner Landwirtschaftsbetrieb Osterland, der unter anderem eine Filiale am Weißenfelser Markt betreibt und dort täglich mehrere warme Gerichte zur Auswahl anbietet, war das neue Gesetz dagegen noch kein großes Thema. „Wir müssen zunächst abwarten, wie sich die Nachfrage der Kunden nach solchen Behältnissen entwickelt“, erklärt die zuständige Mitarbeiterin. Sie wies darauf hin, dass umweltbewusste Kunden, die Müll vermeiden möchten, in der jeweiligen Filiale vor Ort essen können - dann eben von herkömmlichem Keramikgeschirr.

Auch das beliebte Hohenmölsener „Stadt-Bistro“ bietet momentan noch keine Mehrweglösungen an. „Wir haben von dieser Verordnung noch nichts gehört, sind dem gegenüber aber aufgeschlossen“, sagt Inhaber Erhan Fert. „Es bräuchte aber eine Richtlinie, wie man dieses Mehrwegsystem umsetzen kann.“

Zumindest vorerst gilt die Mehrweg-Regel lediglich für Geschäfte mit mehr als fünf Mitarbeitern und einer Verkaufsfläche von über 80 Quadratmetern. Das Weißenfelser Bistro „Suppines“ ist darum wie viele kleine To-go-Anbieter von der neuen EU-Verordnung nicht betroffen. Trotzdem setzt Inhaberin Melanie Houschka bereits seit über einem Jahr auf das Mehrweg-System von dem externen Anbieter Vytal.

 Melanie Houschka bietet in ihrem Bistro "Suppines" bereits Mehrwegboxen an, in denen  Kunden ihr Essen mitnehmen können.
Melanie Houschka bietet in ihrem Bistro "Suppines" bereits Mehrwegboxen an, in denen Kunden ihr Essen mitnehmen können.
Foto: Peter Lisker

Dabei können sich Kunden über eine App registrieren und die Mehrwegbehältnisse kostenfrei nutzen. „Ich habe während meiner Einarbeitung erlebt, wie viel Müll durch To-go-Behälter entsteht“, erklärt Houschka. Darum habe sie nach Alternativen gesucht. In dem europaweit tätigen Mehrwegsystem-Anbieter „Vytal“ hat sie eine Lösung gefunden.

„Ich miete sozusagen das Mehrweg-Geschirr des Anbieters in meinem Geschäft. Jedes Teil ist mit einem QR-Code versehen. Kunden, die das Geschirr nutzen, werden dann per App daran erinnert, das Geschirr nach spätestens 14 Tagen zurückzubringen.“ Houschkas Resümee nach einem Jahr: Ganze 1.031 Behälter hat sie seit der Einführung im Januar 2022 herausgegeben. Das bedeutet, rund 25 Prozent ihrer Kunden nutzen die Mehrweg-Behälter in ihrem Geschäft bereits regelmäßig. „An sich ist das Mehrweg-System also eine gute Sache, um Müll zu sparen“, findet sie.

Herausforderung für kleine Geschäfte

Doch sie sieht auch die Herausforderung, die die Verordnung mit sich bringt. „Kleinere Geschäfte haben oft nicht den Platz, um Mehrweg-Geschirr überhaupt lagern zu können“, sagt sie. Hinzu kommt, dass das Geschirr ja aus Gründen der Hygienevorschrift auch gespült werden müsse, um wieder verwendet zu werden. Dies sei mit zusätzlichem Aufwand verbunden.

Dies bestätigt auch Nils Matthis, Category Manager im Bereich Non Food bei Chefs Culinar. Der Lebensmittelgroßhändler beliefert Gaststätten, Tankstellen, Raststätten, Hotels, Caterer und soziale Einrichtungen in ganz Deutschland und versorgt von seiner Niederlassung in Zorbau aus den mitteldeutschen Raum. Dabei vermittelt das Unternehmen inzwischen auch drei Mehrwegsystem-Anbieter, neben Vytal auch reCup und Relevo, an seine Kunden.

„Größere Unternehmen und überregionale Ketten sind schon lange auf der Suche nach einer Lösung für Mehrweg-Behälter und haben sich bereits einem der bestehenden Anbieter angeschlossen.“, so Matthies. „Kleinere Unternehmen halten sich aber noch zurück, weil die praktische Umsetzung eben auch mit Herausforderungen verbunden ist.“

Keine zentrale Lösung in Sicht

So wollen viele abwarten, ob es überhaupt eine Nachfrage nach Mehrwegbehältern bei den Kunden gibt. Auch die Frage, welchem Mehrweg-System man sich anschließen soll, lässt viele zögern. „Für die Kunden bringt es Vorteile, wenn sie ihre Behälter in möglichst vielen Filialen, Lokalen und Niederlassungen abgeben können“, so Matthies. Doch ein Trend für eine zentrale Lösung zeichne sich hier noch nicht ab. Nicht zuletzt stellt sich die Frage: Wer kontrolliert eigentlich die Restaurants, Bistros und Lokale bei der Umsetzung der Mehrweg-Pflicht?

„Insofern ist die Verordnung zwar ein guter Anfang, um Müll zu reduzieren“, resümiert Matthies. Aber die Praxis stecke in den Kinderschuhen. „Richtig Sinn macht es erst, wenn wirklich alle Anbieter ausnahmslos kundenfreundliche Mehrweglösungen anbieten. Denn sonst schlummern die Behälter am Ende als Tupperdose zu Hause im Schrank.“ Und das ist dann wirklich alles andere als nachhaltig.