Massengrab in Lützen geborgen
LÜTZEN/MZ. - "Aufgrund der Stelle und erster Untersuchungen spricht sehr viel dafür, dass das Grab aus dem Dreißigjährigen Krieg stammt. Die beiden Weltkriege können wir jedenfalls ausschließen", grenzt Friederich ein und ergänzt begeistert: "Das ist ein bisschen wie Ostern, Weihnachten und Geburtstag zusammen."
Beerdigt wurden die Menschen mit den Füßen zueinander zeigend. Das habe man damals aus Pietätsgründen so gemacht, erläutert die Archäologin. Genauere genetische Untersuchungen sollen zeigen, welcher Nationalität die Begrabenen angehört haben. Möglich seien Schweden, Finnen, Schotten oder Deutsche, eben jene Nationen, die in der Schlacht bei Lützen während des Dreißigjährigen Krieges gekämpft haben.
Statt jedoch vor Ort die entsprechenden Untersuchungen vorzunehmen, ist das Grab in zwei Teilen in einer sogenannten Blockbergung gehoben worden - eine nicht alltägliche Herausforderung für die Archäologen. Jeder Teil wiegt 26 Tonnen, zwei Tieflader und ein Autokran sind deshalb für das Unterfangen notwendig. Zuvor habe man pneumatische Kissen eingesetzt, um überhaupt die Holzlatten und Metallrohre unter die Blöcke schieben zu können. Die Maße des Aushubes seien vier mal fünf Meter und 1,10 Meter tief. Damit der Erdblock aber in die dafür vorgesehene Halle des Landesamtes passe, wurde der große Quader in zwei Teile gesägt, erläutert Susanne Friederich. Die seien verschalt worden, Verstrebungen wurden angeschweißt, um den Transport zu ermöglichen. "Das ist zwar ein riesiger Aufwand, aber immer noch kostengünstiger als hier in Lützen eine Leichtbauhalle zu errichten, das Ganze zu beheizen, einen Wachschutz zu engagieren und vor Ort die Fundstelle zu untersuchen", sagt Susanne Friederich.
"Das ist sehr spannend. Wir haben seit fünf Jahren gesucht, denn eine wichtige Frage war, herauszufinden, wo die Toten sind. Immerhin bestand eine hohe Gefahr für Seuchen wie die Pest. Die Schlachtfelder mussten deshalb beräumt und die Gefallenen weggebracht werden, meistens in die Nähe von Straßen. Verbrennungen waren logistisch eher unwahrscheinlich, also muss es Gräber geben", so der Lützener Museumsleiter und Historiker Maik Reichel, der ein wenig bedauerte, dass es gestern Morgen nicht neblig war, so wie Augenzeugen das Wetter vor 379 Jahren beschrieben haben. Das hätte dem sensationellen noch einen mystischen Aspekt hinzugefügt. Auch der Bürgermeister von Lützen, Dirk Könnecke (parteilos), ist begeistert. "Das ist beeindruckend. Mich interessiert, was man in dem Erdaushub noch alles finden wird."
Bereits im August hatten Ausgrabungsleiter und Schlachtfeldarchäologe André Schürger sowie das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie in Halle vermutet, auf einen solchen Fund gestoßen zu sein. Weil sich dort, an der historischen Via Regia und heutigen B 87, die Truppen Wallensteins und des Schwedenkönigs Gustav Adolf gegenüberstanden, hatte man ganz gezielt Suchschnitte gemacht. Neben dem Grab ist zudem der alte Straßengraben der Via Regia entdeckt worden.