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Männer in der Babypause Männer in der Babypause: Warum sich Väter bewusst für Elternzeit entscheiden

Von Andrea Hamann-Richter 16.09.2020, 10:24
Martin Papke geht oft mit seinem kleinen Sohn Halvar entlang der Saale spazieren und zeigt ihm die Welt.
Martin Papke geht oft mit seinem kleinen Sohn Halvar entlang der Saale spazieren und zeigt ihm die Welt. Andrea Hamann-Richter

Weissenfels - Windeln wechseln, Brei kochen, wiegen, trösten, spazieren gehen: Das sind für die nächsten sechs Monate die Aufgaben von Martin Papke aus Weißenfels. Der Gemeindereferent der katholischen Pfarrei hat sich in Elternzeit begeben, während seine Frau Johanna nach acht Monaten in Elternzeit nun ihre Arbeit als katholische Gemeindereferentin in Weißenfels im Oktober wieder aufnehmen wird. „Uns war von Anfang an klar, dass wir beide die Elternzeit in Anspruch nehmen möchten, um intensiv für unseren Sohn da sein zu können“, sagt Martin Papke.

Immer mehr Väter im Landkreis entscheiden sich Elternzeit zu nehmen

Der 31-Jährige ist schon lange keine Ausnahme mehr. Nach Angaben aus dem Landratsamt steigt die Zahl der Männer in Elternzeit. Waren es im Jahr 2017 im Burgenlandkreis noch 17,5 Prozent der Väter, die sich diese Zeit für durchschnittlich drei Monate nahmen, waren es 2019 schon 29,5 Prozent - bezogen auf die Eltern, die vom Jugendamt Elterngeld beziehen.

In absoluten Zahlen ausgedrückt, entschieden sich im Burgenlandkreis im vergangenen Jahr 472 Männer, in Elternzeit zu gehen. Bei den Müttern waren es 1.121 (70 Prozent). Im laufenden Jahr sind bis Juli schon 31,5 Prozent an Vätern erfasst.

Angst vor Karriereeinbußen

Bis 2007 habe sich kaum die Frage gestellt, ob Väter in Elternzeit gehen. Das sagt Ines Prassler, derzeit die kommissarische Gleichstellungsbeauftragte des Burgenlandkreises. Das habe sich seitdem geändert. Sie sehe die Entwicklung positiv und habe auch bemerkt, dass Firmen und Gesellschaft es immer mehr akzeptieren. Dennoch bleiben die Männer auch heute noch kürzer zu Hause, als die Frauen, denn sie befürchten immer noch oft Karriereeinbußen.

Im Durchschnitt würden Väter 20 Prozent mehr zum Familieneinkommen beisteuern, als die Frauen. Daher kenne sie auch Familien, in denen Väter sehr gern mit ihren Kindern mehr Zeit verbringen würden, dies aber aus beruflichen oder anderen Gründen nicht können. Ines Prassler wünscht sich aber noch mehr Männer, die sich die Elternzeit nehmen. Sie würden sich anschließend stärker in Erziehung und Haushalt einbringen, sagt sie.

Gewisse finanzielle Unterstützung vom Staat

Für die Zeit, in der die Mütter und Väter nicht arbeiten, bekommen sie Geld vom Staat. Der von der Elterngeldstelle gezahlte Höchstbetrag liegt pro Monat bundesweit bei 1.800 Euro und der Mindestbetrag bei 300 Euro und hinzugerechnet werden noch die 150 Euro Kindergeld, teilt die Pressestelle des Burgenlandkreises weiter mit.

Papke bezieht ebenfalls von dort sein Elterngeld und er sagt, dass es bei ihm, wie bei allen, etwa 60 Prozent des Nettogehalts sei. Dass er jetzt monatlich weniger auf dem Konto hat, ist für den Mann kein Thema. „Ich brauche nicht viel und die Zeit mit Halvar lässt sich sowieso nicht mit Geld aufrechnen“, sagt er.

Wertewandel in der Gesellschaft: Männer wollen mehr Zeit mit Nachwuchs verbringen

Papke selbst hat bei diesem Thema schon länger einen Wertewandel in der Gesellschaft beobachtet. Es herrsche eine höhere Sensibilität, wenn sich Menschen dafür entscheiden, ein Kind zu bekommen, es werde heute zunehmend mehr akzeptiert, dass auch Väter diesen ersten besonderen Lebensabschnitt mit dem Nachwuchs verbringen.

In seiner Pfarrei und bei seinem Dienstgeber, dem Bistum Magdeburg, habe es daher auch überhaupt keine Probleme gegeben, sagt er. Im Gegenteil: „Sie freuen sich, dass wir diese Zeit für unser Kind haben“, sagt er.

Kommune lebe die Gleichberechtigung in jede Richtung

Arbeitgeber werden in der Tat immer offener für diesen Wunsch der Väter, so auch in der Weißenfelser Stadtverwaltung. Es seien zwar immer noch mehr die Frauen, die mit dem Nachwuchs Zuhause bleiben, jedoch sei zunehmend zu spüren, dass sich immer mehr Männer dazu entschließen, heißt es aus der Verwaltung. So waren es von Mitte des Jahres 2018 bis jetzt neun Männer.

Es gebe in der Stadtverwaltung keine Probleme und die Kommune lebe die Gleichberechtigung in jede Richtung, sagt Stadtsprecherin Anke Fey. Eine Vertretung sowohl für Frauen als auch für Männer werde intern geregelt, sagt sie weiter und für beide Geschlechter gelten die gleichen Bestimmungen.

„Die Zeit mit einem Kind ist die intensivste, die es gibt“

Martin Papke singt mit seinem Sohn Halvar, spielt und kuschelt mit ihm, füttert ihn und er erzählt ihm von der Welt, in die er hineingeboren wurde. Er nutzt die Zeit mit ihm ganz bewusst. Ist er mit Halvar zusammen, bleiben daher auch Handy und Fernseher aus.

„Die Zeit mit einem Kind ist die intensivste, die es gibt“, sagt Papke, für den schon jetzt klar ist, dass Halvar kein Einzelkind bleiben soll. „Meine Frau und ich sind Familienmenschen“, sagt er und Papke ist schon jetzt überzeugt davon, dass er, wenn es die Arbeitsumstände irgendwie zulassen, erneut in Elternzeit gehen wird. (mz)