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Mann im Korsett, Frau im Hühnerkorb

Von Bärbel Schmuck 16.03.2007, 18:51

Weißenfels/MZ. - "Wenn es Mode wäre, einen Kuhschwanz um den Hals zu tragen - die Frauen würden es tun." Mit diesem Zitat von Erich Kästner eröffnete der Weißenfelser Museumsleiter Martin Schmager die nächste Veranstaltung im Rahmen der Vortragsreihe anlässlich des 350. Jubiläums des Herzogtums Sachsen-Weißenfels. Diesmal standen Modetrends am Fürstenhof mit Reifröcken und Absatzschuhen im Mittelpunkt des Geschehens. Museumsmitarbeiterin Angela Sengewald widerlegte das eingangs erwähnte Kästnersche Zitat, denn vor allem die Männer schmückten sich während des Barocks mit allerlei modischem Zierat, wie sie zu berichten wusste.

Die "Herrlichkeiten" präsentierten sich vor allem während der Zeit des Hoch- und Spätbarockzeitalters von der Mitte des 17. bis Anfang des 18. Jahrhunderts mit erlesenen Spitzen und Bändern, auffallenden Hüten und imposanten Straußenfedern, edlen Steinen und emaillierten Knöpfen. Die Stiefel waren mit Sporen verziert, die Schuhe hatten erhöhte Absätze. Die mit Gold durchwirkten Brokatstoffe sowie Samt, Batist und Seide kamen aus Frankreich und Italien. Als großes Vorbild diente der Sonnenkönig Ludwig XIV. in Frankreich.

Die etwa 40 interessierten Besucher erfuhren in der Schlossgalerie auch anhand von Gemälden und Stichen sowie Schaustücken aus dem Bestand des Stadtmuseums, dass Korsette keine Erfindung für die Damenwelt waren.

Jawohl, auch die Männer der höfischen Gesellschaft ließen sich schnüren. Was sich hinter einem Venustempel verbarg, wozu Hühnerkorb und Weiberspeck gut waren und was es mit einem so genannten Vlieger auf sich hatte, auch diese Geheimnisse wurden während des Ausflugs durch die barocke Modewelt vom Frühbarock bis zum Rokokko gelüftet.

"Zum Venustempel zählte eine Gemäldesammlung der schönsten Damen des Hochadels, ausgestellt in der Dresdner Gemäldegalerie Alte Meister." So erklärte Frau Sengewald. Unter den Gemälden befindet sich auch das Bildnis einer Tochter des zweiten Weißenfelser Herzogs Johann Adolph I., der nach dem Tode seines Vaters August von 1680 bis 1697 im Schloss Neu-Augustusburg residierte. Das Gemälde seiner Tochter Sophia von Brandenburg-Bayreuth wird übrigens als Leihgabe aus Dresden in der Jubiläumsausstellung im Oktober im Weißenfelser Schloss gezeigt.

Ein Hühnerkorb, den Angela Sengewald dem Publikum präsentierte und der an ein Marktutensil erinnerte, wurde unter Röcken und Kleidern getragen, um ordentlich Hüfte zu zeigen. Diese Gestelle lösten die Reifröcke ab. Unter Weiberspeck verstand die Damenwelt gepolsterte Hüftringe, die ebenfalls benutzt wurden, um bei Hofe eine tadellose und zeitgemäße Figur zu machen. Und einen Vlieger, der nichts mit Fliegen zu tun hatte, trug die Frau als eine Art Mantel über einem Kleid. Angela Sengewald veranschaulichte dies anhand des Gemäldes, das Johanna Magdalena von Sachsen-Altenburg, die Gemahlin Herzogs Johann Adolph I. von Sachsen-Weißenfels, zeigt.

Interessant zu hören, war auch, in welchen Farben sich der Adel am liebsten kleidete. Pastelltöne von Hellblau, -grün und -gelb sowie Rosé wurden bevorzugt und wechselten je nach der Kleiderordnung mit strengem Schwarz.