1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Weißenfels
  6. >
  7. Kritik von Einwohnern und Gästen: Kritik von Einwohnern und Gästen: Zu laute Musik beim Eierbetteln - Krach hat Nachspiel

Kritik von Einwohnern und Gästen Kritik von Einwohnern und Gästen: Zu laute Musik beim Eierbetteln - Krach hat Nachspiel

Von Meike Ruppe-Schmidt 29.08.2019, 08:22
Der Strohbär gehört seit Jahrhunderten zur Tradition des Leißlinger Eierbettelns.
Der Strohbär gehört seit Jahrhunderten zur Tradition des Leißlinger Eierbettelns. Peter Lisker

Leißling - Für die Leißlinger ist es der Höhepunkt des Jahres. Und auch tausende Besucher zieht es immer wieder von nah und fern in das Dorf, wenn dort das schrägste Straßenfest Mitteldeutschlands steigt: das Eierbetteln. Jetzt gibt es jedoch Ärger um das beliebte Fest, das in diesem Jahr zum 701. Mal begangen wurde. Grund: zu laute Musik. Wie der Ortschaftsrat auf seiner jüngsten Sitzung mitteilte, stößt diese vielen Teilnehmern inzwischen sauer auf.

Zu wenig Brauchtum

„Konkret geht es dabei um einzelne motorisierte Wagen, die beim Straßenumzug eingesetzt werden und lautstark Disko- und Technomusik spielen“, erklärt Ortsbürgermeister Bernd Ringmayer. Das Problem: Aufgrund der Beschallung seien viele Vorführungen der teilnehmenden Gruppen überhaupt nicht mehr zu verstehen. Viele befürchten deshalb, dass das Brauchtum beim Feiern zu kurz kommt.

Einer von ihnen ist Bernhard Müller. Er bastelt seit vielen Jahren den traditionellen Strohbären für das Fest. „Ich habe nichts gegen Wagen mit Stimmungsmusik“, sagt der Leißlinger. „Aber das stundenlange Sirenengeheul und monotone Technomusik hat nichts mehr mit Brauchtumspflege zu tun. Viele Eltern haben das Fest mit ihren Kindern verlassen, weil es einfach zu laut war. Die Kinder konnten die Puppentheatervorführung vor lauter Lärm nicht verstehen. Das finde ich schade gegenüber den Gruppen, die sich viel Mühe mit den Vorbereitungen machen.“ Seine Forderung: „Die Teilnehmer müssen mehr Rücksicht nehmen.“

„Immer wieder wurde uns Besserung versprochen.“

Genau darin sieht Thomas Schulze jedoch das Problem. „Wir bitten die Fahrer der Wagen seit Jahren immer wieder im Vorfeld des Festes darum, die Musik bei den Vorführungen leise zu drehen“, sagt der Vorsitzende des Eierbettlervereins. „Immer wieder wurde uns Besserung versprochen. Doch ist die Party einmal im Gange, hält sich niemand daran.“ In diesem Jahr sei es deswegen sogar zu heftiger Kritik von Seiten der gastierenden Blaskapellen gekommen. Den einzigen Ausweg, den Schulze nun sieht: Die motorisierten Disko-Wagen sollen künftig vom Fest verbannt werden. „Nur so kann man sichergehen, dass es leiser zugeht.“

Eierbetteln ohne Musik-Wagen? So weit will nicht jeder in Leißling gehen. „Musik gehört zu unserem Fest dazu“, findet Andrea Scheiding. „Natürlich kann sie während der Vorführungen an den Bühnen störend sein. Aber die jungen Leute mögen die Musik-Wagen. Wenn man ihnen das verbietet, dann läuft uns der Nachwuchs weg.“ Die Leißlingerin besucht selbst seit ihrer Jugend das Eierbetteln. „Manch einer vergisst leider, wie er selbst als junge Mensch gefeiert hat.“

Mehr Rücksicht gefragt

Dagegen kann Iris Schmidt den Ärger verstehen. „Beim Eierbetteln geht es inzwischen zu, wie beim Karneval in Rio“, findet sie. „Früher wurde mehr Blasmusik gespielt. Ich vermisse auch die historischen Kostüme. Die haben wir früher selber genäht. Heute haben die jungen Leute keine Zeit mehr dafür.“ Und Thorsten Preußner von der Blasmusikband Leißlinger Saale-Spatzen sagt: „Wenn die Disko-Wagen aufdrehen, hören wir uns selbst nicht spielen.“ Trotzdem sei er gegen Verbote. „Wir haben für den Krach Verständnis, denn Eierbetteln bedeutet Halligalli. Wichtig ist, dass alle Rücksicht aufeinander nehmen. Verbietet man etwas, dann gibt es nur böses Blut.“

Bis zum Herbst will der Eierbettlerverein jetzt ein Konzept erarbeiten, wie man mit den Musik-Wagen künftig umgehen will. „Das wird eine schwierige Beratung“, glaubt Vereinsvorsitzender Schulze. Wie viele Menschen im Dorf hofft er jedoch auf eine einvernehmliche Lösung. Damit das Fest auch künftig genauso steigt, wie seit 700 Jahren: fröhlich, bunt und einzigartig. (mz)