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Krise Krise: Harte Zeiten für Taxiunternehmen

Von Alexander Bley 09.01.2013, 18:11

Weissenfels/MZ. - Die Zeiten, in denen ein Taxiunternehmen in der Region allein vom Tagesfahrgeschäft leben kann, sind längst vorbei. Der Motor stottert und gerät ins Stocken, weil die Nachfrage in diesem Bereich sinkt. So stehen sich am Weißenfelser Bahnhof die Fahrer oft eine halbe Ewigkeit die Beine in den Bauch. Deshalb sind Zusatzleistungen wie etwa Transporte von Kranken zur Dialyse oder zur Chemotherapie mehr denn je gefragt. Mit denen steigt aber auch die wirtschaftliche Abhängigkeit von den Auftraggebern - den Krankenkassen - weil diese in separaten Verträgen den Preis diktieren. Damit wird außerdem der in der Taxi-Verordnung des Burgenlandkreises festgelegte Tarif von 1,90 Euro pro Kilometer unterboten. Und das Berufsbild des Taxifahrers wird immer unattraktiver.

"Wir sind von den Krankentransporten zu einhundert Prozent abhängig, das Bargeldgeschäft geht immer mehr zurück", sagt Marno Scherling aus Bad Kösen. "Und von den 18 Kassen sind es nur die Berufsgenossenschaften, die nach Tarif zahlen", erklärt der Vorsitzender des Regionalverbandes des Taxigewerbes Elster-Saale-Unstrut das wirtschaftliche Dilemma. "Wir sind in einer Zwangslage."

Dabei hat doch zum Jahresanfang die Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) ihren Krankentransport-Tarif erhöht. Um fünf Cent - von 1,22 Euro auf 1,27 Euro - wurde der Satz angehoben. "Wir haben das aufgrund der wirtschaftlichen Bedingungen, speziell der Kraftstoffpreise, für notwendig erachtet", begründet der AOK-Sprecher Sachsen-Anhalts Andreas Arnsfeld. Wie andere Krankenversicherer, so stellt auch die AOK ihren Beitragszahlern die Fahrten zur oder von der Behandlung als Sachleistung zur Verfügung. "Deshalb werden seit Jahren ausschließlich Einzelverträge mit Unternehmen überwiegend auf Mietwagenbasis abgeschlossen", erklärt der Sprecher weiter.

660 Vertragspartner hat die AOK im Bundesland, so Arnsfeld. "Gut 400 haben der neuen Preisvereinbarung zugestimmt. Wir haben viele positive Rückmeldungen", gibt der AOK-Sprecher die Zahlen wieder.

Andrea Hädicke, die seit 22 Jahren im Taxi-Geschäft tätig ist, hat diese Vereinbarung unterzeichnet. "Natürlich reicht es nicht zu, aber über die AOK sollte sich niemand beschweren, die erhöht wenigstens alle zwei, drei Jahre" ihren Satz. So bekommt die Chefin des Taxi-Unternehmens Ochs in Weißenfels für eine Kurzstreckenfahrt eines Patienten vom Rand der Stadt zur Dialyse auf den Stadtberg sieben Euro. "Die Angestelltenkassen zahlen fünf Euro. Nach normalem Tarif wären es mehr als zehn Euro", zählt sie auf.

"Mit dem AOK-Vertrag ist der Großteil zufrieden", wertet Uwe Schirmer, der kommissarisch die Geschäftsstelle des Landesverbandes des Personenbeförderungsgewerbes Taxi und Mietwagen Sachsen-Anhalt (LVP) leitet. "Die Ersatzkassen machen gar keine Verträge mit dem Landesverband. Entweder du unterschreibst oder du lässt es", sagt Schirmer. Beispielsweise schreibt die Barmer im Internet ihre Aufträge aus. "Die gehen dann mit 45 Cent pro Kilometer raus. Das ist sittenwidrig, ein Schlag ins Gesicht!", erregt sich der Bad Kösener Scherling. "Der Patient sollte noch immer ein Recht haben, sich seinen Fahrer selbst auszusuchen", schließt sich Hädicke an. Dass die Ersatzkassen so einen immensen Preisdruck entfachen, darin sind sich die Taxifahrer einig, auch wenn sich in vielen anderen Bereichen ihre Aussagen unterscheiden.

So ist für Scherling auch der neue Vertrag der AOK nicht lobenswert, weshalb er und andere Unternehmer einen Anwalt eingeschaltet haben, der seit knapp einem Jahr mit der Gegenseite verhandelt. "Positives zu den Krankenkassen zu sagen, das fällt mir schwer", sagt Scherling. "Die AOK beispielsweise hat in sich nochmal acht verschiedene Tarife, also acht Arten von Patienten", beschreibt der 42-Jährige. So gebe es lediglich bei einer Gruppe von 1,5 Prozent die angesprochenen 1,27 Euro pro Kilometer. "Sie umgehen außerdem die Taxi-Tarifordnung", sagt Scherling, "und drücken alles auf die Mietwagenschiene", fährt er fort. "Da möchte ich Gleichberechtigung", fordert er. Für die AOK steht der Ausschreibmechanismus nicht im Widerspruch zur Gesetzesregelung. Wie der AOK-Sprecher sagt, bringe die Vereinbarung "Planungssicherheit, Kontinuität und Wettbewerb."

Für Hädicke, die 15 Fahrer beschäftigt, ist das alles aber eine Schraube ohne Ende. "Wenn ich weniger Einnahmen habe, also weniger Kapital, verdienen die Fahrer weniger, also bekommt die Krankenkasse weniger Geld. Das ist grotesk."