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Konzertfilm mit Hitler-Gruß Konzertfilm mit Hitler-Gruß: Wie der Versandhändler vor Gericht argumentiert

Von Jan Iven 10.05.2017, 12:13

Weissenfels - Der Angeklagte gab sich überrascht. „Ich habe nichts mit der rechten Szene zu tun“, versicherte er am Dienstag vor dem Amtsgericht Weißenfels. Angeklagt war der 39-jährige Weißenfelser wegen der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.

Wie der Versandhändler bestätigte, hatte er auf seinem Internet-Portal „Sturmglanz“ ein selbst gedrehtes Konzertvideo der umstrittenen Zeitzer Band „Permafrost“ veröffentlicht. Die Gruppe wird vom Land Sachsen-Anhalt als rechtsextrem eingestuft. Ihre Musik wird auf der Internetseite des Angeklagten vertrieben.

Zuschauer trägt ein T-Shirt mit dem verbotenen SS-Totenkopfsymbol

Die Staatsanwaltschaft hatte die Ermittlungen aufgenommen, weil auf dem Video von dem Konzert in Tschechien zwei Zuschauer den verbotenen Hitlergruß gezeigt hatten. Zudem trägt einer der Zuschauer ein T-Shirt mit dem verbotenen SS-Totenkopfsymbol. „Mit der Veröffentlichung des Videos hat der Angeklagte die verbotenen Symbole der Öffentlichkeit zugänglich gemacht“, so der Staatsanwalt.

Der Angeklagte hatte die Symbole nach eigenen Angaben gar nicht wahrgenommen. „Auf dem Konzert haben viele Leute ihre Fäuste in die Luft gestreckt“, sagte er. Die Hitlergrüße seien ihm daher auf dem etwa zehn Minuten langen Film nicht aufgefallen. Inzwischen habe er das Video von seiner Internetseite entfernt.

Im Internet vertreibt der Angeklagte nach eigenen Angaben Musik und Fanartikel

Im Internet vertreibt der Angeklagte nach eigenen Angaben Musik und Fanartikeln von sogenannten Black-Metal-Gruppen. Eine Nähe zur rechten Szene könne er nicht erkennen. In einem Interview, dass der Angeklagte veröffentlich hat, bezeichnet der Sänger die Band als unpolitisch, die „allein der Verehrung Satans“ diene. Entsprechend haben viele Texte der Musiker einen satanischen Bezug. Einer der Titel lautet allerdings „Kraft durch Krieg“, offenbar in Anlehnung an das Motto der Nationalsozialisten „Kraft durch Freude“.

Der Verteidiger hatte zunächst eine Einstellung des Verfahrens gefordert, im Gegenzug für eine Geldauflage. Da Staatsanwaltschaft und Gericht ablehnten, beantragte er die Einsetzung eines Pflichtverteidigers, der sich mit den rechtlichen Besonderheiten des Falles besser auskennt. Die Richterin bewertet die Rechtslage jedoch als unproblematisch.

Richterin spricht Verwarnung und die Androhung einer Geldstrafe aus

In seinem Schlussvortrag sah der Verteidiger den angeklagten Straftatbestand als nicht erfüllt an. Sein Mandant hätte das Video nur zu Werbezwecken veröffentlicht. Niemals wäre er auf die Idee gekommen, etwas illegales zu tun. In den kurzen Szenen sei der Hitlergruß nicht eindeutig erkennbar. Der SS-Totenkopf sei in einen Schriftzug eingebetet. Insgesamt sei der Auftritt von der Kunstfreiheit gedeckt.

Die Richterin wies die Aussagen des Angeklagten als Schutzbehauptungen zurück. Bei der Band liege ein rechter Hintergrund nicht fern. So verurteilte sie ihn wegen der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Beim Strafmaß beließ sie es bei einer Verwarnung und der Androhung einer Geldstrafe von 1.800 Euro im Wiederholungsfall. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. (mz)