Kochen für die Ärmsten Kochen für die Ärmsten: Ratskeller in Teuchern beliefert die Grundschule und Kitas

Weissenfels - Kartoffelbrei mit Würstchen und Gemüse, ein frischer Eintopf oder Makkaroni mit Tomatensoße - im Teucherner Ratskeller ist der Speiseplan für das Abonnentenessen seit einigen Tagen um kindgerechte Mahlzeiten erweitert worden. „Sie sind für Kinder aus sozial benachteiligten Familien bestimmt“, erklärt Inhaberin Kathi Beyer.
Kitas und Schule wegen Corona zu: Anspruch auf warme Mahlzeit
Der Hintergrund: Schulen und Kitas sind geschlossen - und damit entfällt das Mittagessen in den Einrichtungen für alle Kinder, die nicht in der Notbetreuung sind. „Darunter fallen auch die Kinder aus Harz-IV-Familien“, erklärt Teucherns Bürgermeister Marcel Schneider (parteilos). „Denn diese Kinder haben keinen Anspruch auf Notbetreuung. Auf die warme Mittagsmahlzeit haben sie allerdings weiterhin Anspruch.“
Damit sie diesen auch wahrnehmen können, habe man in der Stadtverwaltung nach Lösungen gesucht. „Wir wollten den Kindern zumindest ein frisch gekochtes, abgepacktes Essen anbieten, dass sie sich täglich in ihren Einrichtungen abholen können“, so Schneider. „Denn für sozial schwache Familien stellt das tägliche Kochen für eine mehrköpfige Familie durchaus eine finanzielle Belastung dar.“ Da der reguläre Lieferant diesen Zusatzservice des abgepackten Essens aus betriebswirtschaftlichen Gründen nicht anbieten konnte, sei man mit dem Anliegen auf den Ratskeller zugegangen.
Zunächst behördliche Erlaubnis für Lieferleistung benötigt
Dort stieß man auf offene Ohren. „Ich habe sofort zugesagt.“, so Inhaberin Beyer. „Da wir das Lokal wegen des Lockdowns nicht öffnen dürfen, halten wir uns mit Abonnenten-Essen über Wasser. Wir liefern täglich an Firmen, Pflegeeinrichtungen und private Haushalte Mittagsgerichte aus. Also sahen wir kein Problem darin, auch Kitas und Schulen zu beliefern.“
Zunächst benötigte man aber die behördliche Erlaubnis dafür, dass die Gaststätte so kurzfristig als paralleler Lieferant tätig werden durfte. „Hier sind wir Patricia Kudwien, der Betriebsleiterin des Jobcenters und Dezernentin des Wirtschaftsamts Burgenlandkreis sehr dankbar für die schnelle Bearbeitung“, so der Bürgermeister.
Geschmackvoller Rat des ehemaligen Kochs des Ratskellers
Rund 20 Kinder nehmen das Angebot des Teucherner Ratskellers derzeit wahr. Natürlich achte man bei der Zusammenstellung der Speisen darauf, dass das Essen nicht nur gesund ist, sondern den Kindern auch schmeckt. „Während unsere erwachsenen Kunden gern hin und wieder mal Wellfleisch mögen, können wir bei den Kindern damit nicht punkten“, lacht Kathi Beyer, die das Lokal derzeit mit einer Angestellten allein bewirtschaftet.
Nachdem der langjährige Koch des Gasthauses, Ralf Müller, im vergangenen Herbst in Ruhestand gegangen ist, steht die Inhaberin nun selbst am Herd und bereitet die Speisen nach bewährtem Rezept zu. Doch ihren ehemaligen Koch fragt sie noch immer gern um Rat. „Zum Glück wohnt Ralf gleich auf der anderen Straßenseite und kommt regelmäßig vorbei“, lacht Beyer.
Strikter Zeitplan, damit Kitas und Grundschule Essen vom Ratskeller erhalten
Koch Müller wiederum ist froh, dass er sich mit seinem Fachwissen noch hin und wieder im Ratskeller einbringen kann. „Eigentlich hatte ich vor, im Ruhestand endlich verstärkt meinen Hobbys nachzugehen“, sagt der 63-Jährige. „Aber die Kegelbahn ist wegen des Lockdowns geschlossen und auch Dart-Treffen können nicht stattfinden.“ Und so sei er froh über die Abwechslung.
Damit die Essen auch pünktlich zu Mittag bei den Kindern und den anderen Abonnenten ankommen, steht Inhaberin Beyer bereits in den frühen Morgenstunden in der Küche. Bis 10 Uhr müssen die Gerichte gekocht sein. Dann wird das Essen abgepackt und in Teuchern, Trebnitz, Nessa und Deuben ausgeliefert. „Reich werden wir damit nicht“, so die Inhaberin. „Aber für uns ist das Abonnenten-Essen eine Chance, langfristig ein zweites Standbein aufzubauen.“ Und für viele Kinder ist es die Möglichkeit, wenigstens eine frisch gekochte Mahlzeit zu bekommen. (mz)