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Klosterkirche Zscheiplitz Klosterkirche Zscheiplitz: Eine Kirche, zwei Legenden

Von Julia Reinard 01.07.2015, 06:28
Das Klostergut Zscheiplitzt von historisch großem Wert für die Region.
Das Klostergut Zscheiplitzt von historisch großem Wert für die Region. Archiv/Torsten Biel Lizenz

Zscheiplitz - Am 5. Juli soll sich entscheiden, ob Naumburger Dom und hochmittelalterliche Herrschaftslandschaft an Saale und Unstrut ins Welterbe aufgenommen wird. Wir stellen einige dazugehörende Stätten vor.

Die Klosterkirche Zscheiplitz

Liebe, Mord und Sühne – das sind die Zutaten des legendären ersten Lebens der Klosterkirche Zscheiplitz bei Freyburg an der Unstrut. Für das zweite sind es Leidenschaft, Mut und eine Portion Glück.

Um den Mord am sächsischen Pfalzgrafen Friedrich III rankt sich die erste Legende. Graf Ludwig soll ihn hier ermordet haben, weil er es auf dessen Frau abgesehen hatte. Auf „die schöne Adelheid“, wie Hubert Skupin sagt, der Mann mit dem Schlüssel zur Kirche. Tatsächlich heirateten sie kurz darauf. Angeblich aus Reue soll Ludwig später ein Kloster in Reinhardsbrunn (Thüringen) gegründet und auf dem Zscheiplitzer Gut im Jahr 1089 eine Filiale für Benediktinerinnen eröffnet haben.

Auf dem Gelände ist ein Geopfad angelegt, ein Lehmofen kann besichtigt werden. Eine Kanone weist auf den Rückzug Napoleons im Jahr 1813 hin. In Zscheiplitz sicherte er seinen Übergang über die Unstrut. Zudem gibt es einen Spielplatz. – Im ehemaligen Pferdestall des Guts gibt es ein Weingut mit Veranstaltungen nach Gruppenanmeldungen, im Ort lädt ein Gasthaus ein, in 20-minütiger Wanderentfernung die Mühle Zeddenbach.

Diese Klosterkirche steht bis heute auf dem Plateau über der Unstrut. Ihre Besonderheit: eine Doppelkapelle. Eine der Kapellen beschließt den Altarraum. Sie ist hergerichtet, getüncht, mit Blumen verzierte Balken schmücken die Flachdecke. Die andere Kapelle im angrenzenden Raum ist ohne Putz. Man erkennt, wo Gestein weggehauen wurde. Das Gewölbe dieser Apsis zeigt Reste blauer Bemalung. Der Raum ist noch nicht fertig, aber dass es schon bis dahin eine Menge Arbeit war, glaubt man sofort. Arbeit, die sich ursprünglich 13 Enthusiasten machten.

Mit ihnen beginnt an einem Herbsttag 1984 die zweite Geschichte der Kirche. Auch sie hat das Zeug zur Legende. Am Stammtisch im Wirtshaus erzählt ein Heimatforscher den Interessierten, welch „Kleinod“, so Wolf-Dieter Seidel, über Zscheiplitz wacht. Anlass genug, mal nach dem Schmuckstück zu sehen, fanden die Zuhörer. Skupin, Seidel, Joachim Goetze und zehn andere Männer bahnten sich einen Weg durchs zugewucherte Gelände in die baufällige Kirche. Im heute hellen Raum bröckelte damals der Putz von den Wänden, auf der Erde lagen Steine, die Fenster waren zerschlagen, das Kreuz war zerstört, der Kronleuchter weg.

"In der DDR gab es ja entweder zu wenig oder zu viel"

Das erste große Vorhaben, das sie 1985 angingen, war das Dach des Kirchenschiffs. Es war nicht zu retten, musste abgenommen werden. Sie hievten Stahlträger durch die Fenster und deckten das Dach. Die Ziegel hatten sie von der Neuenburg auf der anderen Unstrut-Seite. „In der DDR gab es ja entweder zu wenig oder zu viel. Damals hatte die Neuenburg zu viele Ziegel bekommen“, erklärt Seidel.

Die DDR lockte damals, sie gäbe 100 000 Mark der DDR für die Instandsetzung – wenn die Kirche ihr Gelände und Gebäude überschriebe. Die Kirche lehnte ab; kam aber auf eine gute Idee. Alle Engagierten sollten sich im Kulturbund anmelden, über sie liefe dann die Restaurierung. Darauf ließ sich der Staat ein, das Geld floss. Das Gelände blieb in Kirchenhand. Bis heute gehört es zum Freyburger Kirchspiel.

Wenn die Beteiligten von den Arbeiten zu DDR-Zeiten berichten, ist das wie eine Zeitreise: Als sie den Turm sanierten, war in der ganzen Republik kein Schiefer zu bekommen. Sie wichen auf Kupfer aus, aber selbst das klappte nur „mit Mühe und Beziehungen“, sagt Seidel. Oder goldenes Kreuz und Kugel vom Turm, die sie abnehmen mussten, weil sie durchlöchert waren. Wenigstens das neue Kreuz wollten sie anschließend vergolden. Blattgold dafür kauften sie in Dresden. Aber der Firnis, um es aufzutragen, war einfach nicht zu bekommen. Da nahmen sie die 17,20 D-Mark aus ihrer Kasse, baten einen westdeutschen Besucher, dafür Firnis zu kaufen – und erhielten so den guten aus Frankreich.

Seidel und Skupin lachen heute über solche Geschichten, sind vor allem aber stolz, dass sie so viel geschafft haben. Auch nach der Wende blieben sie dabei, erhielten Fördermittel, obwohl sie bis 1995 keinen Verein gegründet hatten. Seitdem heißen sie „Kloster Zscheiplitz – Klosterbrüder“. Und als solche haben sich natürlich gefreut, dass ihre Klosterkirche mit auf der Liste für den Welterbeantrag steht.

Wichtig ist ihnen, dass die ehemalige Klosterkirche wieder ins Bewusstsein der Bewohner gerückt ist. Dass sie für christliche Gottesdienste und Feste genauso genutzt wird wie für Veranstaltungen, beispielsweise des Konzertmeisters Matthias Erben, der seit 30 Jahren hier spielt; dass die Kirche knapp 1000 Jahre nach ihrer Gründung vielen einen Besuch wert ist.

Das Gelände ist zugänglich, aber die Kirche nicht regelmäßig geöffnet. Ansprechpartner Hubert Skupin deshalb direkt kontaktieren. 034464/27757 (mz)