Klimacamp Klimacamp: Hemmschuh oder Brücke?
Hohenmölsen/MZ. - Donnerstagabend: Am Ende eines mehrtägigen Klimacamps lädt das Bündnis "Zukunft statt Braunkohle - Region Lützen" zu einem Forum ein, um über Alternativen zum Braunkohleabbau zu diskutieren. Den Podiumsteilnehmern werden dunkelbraune Schokokuchen, gespickt mit einem Waffelröllchen aus dem ein dicker Wattebausch quillt, serviert. Damit ist zu Beginn gleich alles gesagt: Braunkohlekraftwerke gehören weg, eben verspeist.
Zweifel, Skepsis, klare Haltung
Im vollen Saal des ehemaligen Landratsamtes stellen sich Dorothea Frederking, Landtagsabgeordnete (Bündnis 90 / Die Grünen), Jürgen Scharf, CDU-Landtagsabgeordneter, Oliver Wendenkampf, Geschäftsführer BUND in Sachsen-Anhalt und Roswitha Uhlemann, Betriebsratsvorsitzende der Mibrag der Diskussion. Birger Zentner, Redaktionsleiter der MZ-Lokalredaktion Weißenfels / Zeitz, wirft mit dem Thema "Braunkohle - Hemmschuh oder Brücke" Zündstoff in die Runde.
Wendenkampf lässt nicht eine Sekunde des Zweifels aufkommen, dass der Rohstoff Braunkohle aufs Schafott gehört. "Ich bin besorgt darüber, wenn jungen Leuten suggeriert wird, dass Kohle für die Energieerzeugung eine Zukunft hat. Dies ist fatal!" Die Grünen-Abgeordnete Frederking beruft sich auf die tags zuvor vom Land herausgegebene Studie hinsichtlich der Verwertung erneuerbarer Energien. Für sie ist sie Wasser auf die "Grünen-Mühle", nämlich: "Der Einsatz erneuerbarer Energien ist das, worauf wir uns konzentrieren müssen." Sie fordert von der Landesregierung, sich bezüglich der Energiepolitik neu einzunorden: "Wir brauchen kein neues Kohle-Kraftwerk."
Den Verfechtern der alternativen Energien setzt Landtagsabgeordneter Scharf die Handhabung des Energiemixes entgegen. "Sich nur auf die Alternativen wie Solar und Wind zu konzentrieren, halte ich für hochriskant. Bereits der Ausstieg aus der Atomenergie war ein Fehler." Er begründet seine Meinung mit noch fehlenden Speicherkapazitäten für alternativ gewonnene Energien. "Das ist doch die Schlüsselfrage, über die wir reden müssen. Ich sehe nicht, dass wir uns von der Kohle verabschieden können." Was natürlich Frederking heftig auf den Plan ruft, denn: "Wir fangen bei der Schaffung von Speichertechniken nicht bei Null an. Wir brauchen jedoch Marktanreize und haben entsprechende Vorschläge auf den Tisch gebracht."
Doch wie kommt dieser Streit um Kohle oder nicht Kohle beim Braunkohleunternehmen Mibrag selbst an? "Wir haben die Hoffnung, dass das neue Kraftwerk kommt. Und wir sind für einen Energiemix, in dem die Kohle enthalten ist. Wir sehen die Produktion von regenerativen Energien in der Kombination mit dem Betrieb von modernen Kraftwerken. Wir leben doch nicht auf einer Insel", antwortet Betriebsratsvorsitzende Uhlemann.
Soweit zur Kohle als Hemmschuh. Nun zum Rohstoff, der möglicherweise auch Brücke sein könnte. Die Kurzfassung lautet: "Das geht mir auf den Keks", meint der BUND-Geschäftsführer. Der CDU-Landtagsabgeordnete "Die Kohle bleibt." Frederking hingegen kontert mit Zahlen. Mit einem neuen Kraftwerk würden zwei Millionen Tonnen Kohlendioxid mehr in die Luft geblasen, obwohl sich die Bundesrepublik für eine Reduzierung der Emissionen in ihren Klimaschutzzielen bekannt habe. "Wie geht das denn?"
Pro und kontra - Pony oder Pferd
Energieproduktion und deren Vernetzung bedeute Wirtschaft, so knüpft Uhlemann ihr Argumentationsnetz. Kohleförderung sei nicht mit einer "Schokoladenbude" vergleichbar. "Aber auch an ihr gehen Innovationen nicht vorüber. Wir brauchen Wirtschaft, wir brauchen die Energiewende und wir brauchen dazu den Dialog."
Oliver Wendekampf ist das zu wenig. "Wir brauche Courage. Die Politik muss mutiger werden. Wir müssen uns jetzt von der Kohle verabschieden." Fast gibt Scharf ihm Recht, in dem er ihm entgegnet: "Man muss hin und wider aus dem Trott." Wäre da nicht das dicke Aber: "Wir dürfen nicht nur auf ein Pferd setzen, was noch gar nicht richtig im Futter steht." Ein Viertel der Energie werde bereits aus alternativer Energiegewinnung erzeugt. "Das ist also kein Pony", entgegnet Frederking.
Pro und kontra, Energiemix oder ausschließlich alternative Energien, Pferd oder Pony - die Bürgerinitiative Röcken, Sössen und Lützen hat an diesem Abend das letzte Wort. Annika Rothe formuliert es so: "Wir wollen den Tagebau nicht und wir lehnen ein Kraftwerk ab." Die Schokokuchen stehen immer noch da. Keiner hat sie im Eifer des Gefechts angerührt.