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Ukraine Kita Kleeblatt aus Weißenfels startet Hilfsaktion für Ukraine-Flüchtlinge

Mit überwältigender Resonanz starten in Weißenfels erste Spendenaktionen für die Kriegsflüchtlinge . Welche besondere Rolle eine Kita dabei spielt.

Von Meike Ruppe-Schmidt Aktualisiert: 07.03.2022, 19:53
Cezary Jablonka nimmt die Sachspenden einer Weißenfelserin an.
Cezary Jablonka nimmt die Sachspenden einer Weißenfelserin an. (Foto: Elzbeta Jablonka)

Weißenfels/MZ - Der kürzeste Weg zwischen zwei Menschen ist ein Lächeln.“ So lautet ein Leitspruch der integrativen Kindertagesstätte „Kleeblatt“ in der Weißenfelser Neustadt. Seit wenigen Tagen sind es jedoch Tränen, Fassungslosigkeit und Entsetzen, welche die Erzieher, Eltern und Kinder in der Einrichtung vereint. Und eine Welle der Hilfsbereitschaft gegenüber den Menschen in der Ukraine, wo seit letzten Donnerstag Krieg herrscht.

Herzzereißende Schicksale der ukrainischen Kriegskinder

„Wir haben am Wochenende spontan eine Spendenaktion für die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine ins Leben gerufen“, sagt Erzieherin Peggy Langner. Denn das Schicksal der inzwischen über 500.000 Menschen, die ihre Heimat wegen des Krieges verlassen haben, erschüttert die Mitarbeiter der Weißenfelser Einrichtung bis ins Mark.

„Wir arbeiten hier selber täglich mit Kindern zusammen. Jetzt die weinenden Flüchtlingskinder im TV zu sehen, geht einem einfach ans Herz. Auch vor dem Hintergrund, dass ihre Väter nicht mit ihnen gehen dürfen, sondern in der Ukraine bleiben müssen, um zu kämpfen. Die Kinder verlieren nicht nur ihre Heimat, sondern es werden auch ihre Familien auseinander gerissen. Ohne zu wissen, ob sie einander jemals wiedersehen.“

Was ein solches Trauma auslösen kann, wisse man in der Einrichtung nur zu gut. Rund 180 Kinder aus elf Nationen werden hier betreut. Darunter auch Flüchtlingskinder aus Syrien. „Kinder, welche schlimme Fluchterfahrungen haben, ziehen sich zurück“, weiß Langner. „Unter anderem leidet ihre sprachliche Entwicklung, weil sie einfach aufgrund des Erlebten verstummen.“

Die Kinder verlieren nicht nur ihre Heimat. Auch ihre Familien werden auseinander gerissen.

Peggy Langner, Kita „Kleeblat“

Aber auch viele Kinder aus den ukrainischen Nachbarstaaten Polen, Moldawien und Rumänien werden in der Kita „Kleeblatt“ betreut. „Viele ihrer Eltern haben Freunde in der Ukraine, sind dadurch emotional noch direkter mit all dem verbunden. Es herrscht bei ihnen eine Stimmung der Angst davor, dass man das nächste Land sein könnte, das betroffen ist. Darum wollten wir einfach helfen.“

Bereits am Wochenende hat die Kita im Internet dazu aufgerufen, Sachspenden in der Einrichtung abzugeben. In der Kita selbst wird seit Montag mit selbst gemalten Ukraine-Flaggen und in verschiedenen Sprachen auf die Spendenaktion aufmerksam gemacht. Erste Hilfsgüter wurden bereits am Montagfrüh abgegeben. Was am meisten benötigt wird: haltbare Lebensmittel, Babynahrung wie Milchpulver und Breigläschen, Hygieneartikel wie Zahnbürsten, Zahncreme, Windeln, Damenhygieneartikel, Decken, Kissen, Schlafsäcke, Handtücher, Verbandszeug, sowie warme Kleidung jeglicher Art. Die Hilfsgüter sollen noch in dieser Woche an die polnisch-ukrainische Grenze gebracht werden.

Erste Sachspenden für die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine wurden bereits am Montag in der Kita "Kleeblatt" in Weißenfels abgegeben.
Erste Sachspenden für die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine wurden bereits am Montag in der Kita "Kleeblatt" in Weißenfels abgegeben.
(Foto: Peggy Langner)

Organisiert wird der Transport übrigens von Gosia Gomolka, die in der Innenstadt das Café „Süß und Salzig“ betreibt. Die gebürtige Polin, die aus der Gemeinde Labunie nur etwa 50 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt stammt, sammelte am Sonntag in ihrem Café ebenfalls Spendengelder. Vom Erlös will sie Hilfsgüter einkaufen, welche die Flüchtlinge dringend benötigen. Von Helferinnen und Helfern vor Ort hat sie dazu eine Liste mit notwendigen Hilfsgütern erhalten. Weitere Sachspenden wie Kleidung, Decken, Hygieneartikel, haltbare Nahrungsmittel und Windeln können am Dienstag und Mittwoch von 8 bis 17 Uhr in ihrem Café in der großen Burgstraße abgegeben werden. Die Familie Gomolka fährt die Sachen am Mittwochabend nach Labunie.

Überwältigende Resonanz auf Spendenaufrufe für Ukraine-Flüchtlinge

Unterstützt werden sie beim Sammeln auch von ihrer Landsfrau Elzbeta Jablonka. Sie hatte am Wochenende einen spontanen Spendenaufruf im Internet gestartet. Die Resonanz - überwältigend. „Momentan steht mein Wohnzimmer voller Kartons“, erzählt die Polin, die seit 2013 in Weißenfels lebt und hier eine Reinigungsfirma betreibt.

Am Freitag wolle sie die Sachen mit ihrem Mann per Pkw und Anhänger ins polnische Slubice bringen, von wo aus sie verteilt werden. „Ich wollte einfach etwas tun, weil ich so erschüttert darüber bin, was in meinem Nachbarland passiert“, sagt sie. So habe sie Kontakt zu einer Kollegin, die in der Nähe von Kiew lebt. „Mit ihrem drei Wochen alten Baby muss sie sich seit Tagen in einem minus sieben Grad kalten Keller verstecken.“

Groß auch die Not der Geflüchteten: „Meine Verwandten in Polen erzählen mir, wie schwierig es für die Menschen aus der Ukraine ist. Manche Frauen kommen mit ihren kleinen Kindern zu Fuß über die Grenze nach Polen gelaufen, haben Fußmärsche von 18 Stunden und länger hinter sich.“ Weil die Hotels und andere Unterkünfte in Polen inzwischen voll sind, nehmen viele Privatleute ukrainische Familien auf“, so Jablonka.

„Die Menschen dort geben ihr Bestes, aber der Flüchtlingsstrom wächst weiter.“ Umso wichtiger sei jetzt jede Hilfe, die das Leid der Kriegsflüchtlinge lindert. Ihre Tränen werden damit allerdings noch lange nicht getrocknet sein.