Kindertagesstätte "Mischka" Kindertagesstätte "Mischka": Zeit des Erinnerns in Langendorf

Langendorf - „Dienstpläne und Essenslisten hab’ ich noch mit der Hand geschrieben“, erzählt Erika Fehn. Da kann Antje Schmidt, die heutige Leiterin der Langendorfer Kindertagesstätte „Mischka“, nur milde lächeln. Obwohl, die Dienste der Erzieherinnen trägt sie noch immer per Hand in den Plan an der Wand ein. Doch sonst - Post, Statistik, Essengeld ausrechnen, ja selbst Ideenfindung wären heute ohne Computer undenkbar.
„Wir haben früher ganz doll unseren Kopf angestrengt“, meint da die ehemalige Leiterin mit einem Augenzwinkern. Von 1985 bis zum 1. Dezember 1999 war die heute 76-Jährige aus Leißling Leiterin der Kita in Langendorf. Jetzt, da der Kindergarten auf ein 70-jähriges Bestehen zurückblicken kann, schaut sie nach mehreren Jahren mal wieder vorbei an ihrer ehemaligen Wirkungsstätte.
Zeit des Erinnerns. An die Anfänge 1985 zum Beispiel. Bis dahin war Erika Fehn stellvertretende Kita-Leiterin auf dem Weißenfelser Kugelberg. „Als ich dann nach Langendorf kam, war ich überrascht vom guten Zustand des Dorfkindergartens“, sagt die einstige Leiterin. Die Gemeinde habe immer zu ihrer Kita gestanden, meint sie. Diese Verbundenheit habe sich bis heute erhalten, bestätigt Antje Schmidt. Auch wenn es „die Gemeinde“ nicht mehr gibt, Langendorf mittlerweile als Ortsteil in der großen Stadt Weißenfels aufgegangen ist. „Etwas anonymer, anders aber nicht wirklich schlecht“, so beschreibt die Nachfolgerin von Erika Fehn das Verhältnis zur Stadt Weißenfels, der heutigen Trägerin der Kita. Und sie fügt hinzu: „Ortschaftsrat und Ortsbürgermeister haben noch immer jederzeit ein offenes Ohr für uns.“
Die einstige Villa Oettler war seit 1. November 1945 der erste Sitz des Kindergartens in Langendorf. Wie aus einer anlässlich des 60. Jahrestages der Kita im Jahr 2005 herausgegebenen Chronik weiter hervorgeht, hatte noch einige Wochen zuvor die Familie des Brauerei- und Rittergutsbesitzers Friedrich Oettler in der Villa gewohnt.
Mit Beginn der Enteignungen nach dem Krieg musste auch Familie Oettler ihren Wohnsitz verlassen. In den 60er und 70er Jahren herrschte eine große Nachfrage an Kindergartenplätzen. Deshalb machte sich gleich zwei Mal ein Erweiterungsbau erforderlich. Der erste Anbau wurde 1978, der zweite 1984 übergeben.
Am Mittwoch, 12. August, lädt die Kita „Mischka“ ab 15 Uhr zu einem offenen Nachmittag ein.
Zurück zum Erinnern. Die gesellschaftliche Wende 1989/90 sollte auch für die Kita-Leiterin in Langendorf ein tiefer Einschnitt werden. „Anfangs hingen wir ein bisschen im luftleeren Raum“, sagt sie. Man habe versucht, die Arbeit normal weiterzumachen. Erhaltenswertes zu erhalten, sich Neuem nicht zu verschließen. Erziehungs- und Bildungspläne aus DDR-Zeiten wurden entpolitisiert, wertvolle Inhalte wie mathematische Vorbildung oder Vermittlung von Umweltwissen wurden in die neue Zeit übernommen. „Der Euphorie folgte eine gewisse Ernüchterung“, meint Erika Fehn heute in der Rückblende. Weil plötzlich andere Werte viel mehr zählten, sanken die Kinderzahlen. In den Jahren 1991/92 machte der notgedrungene Abbau von gut ausgebildetem Personal auch um die Langendorfer Einrichtung, in der zu DDR-Zeiten 130 und mehr Kinder betreut wurden, keinen Bogen.
Was unterscheidet die Arbeit als Kita-Leiterin in jenen Jahren und heute? „Als Leiterin musst du die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die anderen gut arbeiten können“, nennt Erika Fehn eine Maxime ihrer Arbeit. Das kann auch Antje Schmidt unterschreiben. Und sie ergänzt: „Heute musst du als Leiterin vielleicht mehr als früher Managerin sein.“ Sponsoren und Unterstützer suchen, Netzwerke knüpfen - das sei heute notwendiger denn je. Da kommt Antje Schmidt zugute, dass sie ein Langendorfer Kind ist, fast jeden im Ort kennt. Als sie die Kindertagesstätte 1999 als Chefin übernahm, schloss sich für sie ein Kreis. Immerhin besuchte sie zwischen 1971 und 1974 als Kind selbst den Kindergarten, kennt noch die Zeiten, als die sogenannte „Baracke“ unterhalb des alten Sportplatzes als Außenstelle genutzt wurde, ehe 1978 der erste Anbau des Kindergartens eröffnet wurde (siehe auch Beitrag „Kindergarten. . .“).
Fast 40 Jahre später leitet sie die Kita mit aktuell rund hundert Mädchen und Jungen. Ob die Kinder heute anders sind als früher? „Anders ja, aber nicht schlechter“, meint Antje Schmidt. Und ihre Vorgängerin sagt: „Es hat sich so viel verändert, warum sollen sich da die Kinder nicht verändern?“ Und die 76-Jährige muss es wissen. Immerhin hat sie eine Tochter, zwei Enkel und drei Urenkel. Einen Computer hat Erika Fehn bis heute nicht. An die Technik lässt sie lieber den Schwiegersohn ran. (mz)

