Inklusion Inklusion: Ein Orchester für das Miteinander

Weissenfels/MZ - Geschichten erzählen ohne Sprache - wie soll das denn gehen? Es geht - beim Unterricht mit Kindern, die mit und ohne Handicaps von ihrer Leistungsfähigkeit unterschiedlicher nicht sein können und die ganze Woche lang ein Inklusions-Klangprojekt beim Weißenfelser Kunstverein Brandsanierung erarbeiten. Der Schultag mit knapp zwanzig 14- bis 16-jährigen Mädchen und Jungen aus drei Schulen der Stadt beginnt mit Lockerungsübungen - abwechselndes Aufstehen, Setzen und immer wieder rhythmisches in die Hände Klatschen gehören zur Einstimmung. Musikinstrumente stehen im großen Raum. Trommeln, Donnerschachtel, Regenstab, Akkordeon und Xylofon sind Gegenstände, mit denen Emil, Lena, Susan und die anderen Geschichten erzählen.
Nancy Laufer, freischaffende Musikerin und Musikpädagogin, leitet das Projekt und fordert die Schülerinnen und Schüler auf, sich mit Zettel und Stift, eingeteilt in vier Gruppen, auf Spurensuche im alten Haus zu begeben. „Sucht euch im Denkmal eine Wand oder eine Treppe aus und überlegt euch dabei, welche Instrumente ihr für eure Geschichte braucht und wie diese heißen soll“, ermutigt die Projektleiterin alle Teilnehmer. Sie schwärmen aus durchs ganze Gründerzeitdenkmal in der Novalisstraße 13. In einer guten Viertelstunde versammeln sich die Schüler wieder und lassen ihrer Fantasie freien Lauf. Leises Trommeln ertönt - eine Katze läuft über einen Müllcontainer... Die Geschichten heißen „Straßenkinder“, „Die geheimnisvolle Ecke“, „Treppengang des Grauens“ und „Das Bild“.
„Langweilen kann man sich hier nicht"
Dafür wollen Kinder unter anderem Windspiel, Regenmacher, verschiedene Trommeln und den Klangfrosch einsetzen. Am Ende eines jeden Schultages steht ein kleines Konzert. Und so klingt ein ganzes altes Haus voller Musik. „Langweilen kann man sich hier gar nicht, sondern eher ungeduldig werden, weil man zu wenig drankommt“, schildert Kerstin Frank nach einem solchen Tag ihre Eindrücke. Sie ist Lehrerin für Englisch und Ethik an der Neustadt-Sekundarschule, von der sechs Achtklässler am Projekt teilnehmen. Der 14-jährige Emil aus der 8a des Goethegymnasiums schwärmt von einer „spannenden Erfahrung, Texte zu erarbeiten und als Klangbild umzusetzen“. Susan (16) aus der Schlossgartenschule für geistig Behinderte will die Zeit anhalten, „weil Schule hier so viel Spaß macht und ich neue Freunde kennengelernt habe“.
"Inhaltlich und menschlich viel gelernt“
In vier Tagen hat Nancy Laufer ein kleines Orchester zusammengeführt. Die gebürtige Weißenfelserin, die mit ihrer Familie in Berlin lebt, glaubt an die Inklusion. „Dieses Miteinander funktioniert, wenn man über Schule grundlegend anders denkt, ihre Ziele neu und zeitgemäß definiert und jeden Lernenden als vollwertigen Menschen im Blick hat“, sagt die 34-Jährige. „Wenn wir gemeinsam und individualisiert, also eigenverantwortlich, lernen, haben wir inhaltlich und menschlich viel gelernt“, versichert die Musikpädagogin. Und fügt an: „Anstatt die einen sozial abzugrenzen, weil sie aus bildungsfernen Elternhäusern kommen, die anderen zur Förderschule und die dritten in die Eliteschule zu schicken.