Hemd kommt aus dem Tresor
Lützen/MZ. - Am Montag wandern die wertvollsten Stücke der Gustav-Adolf-Ausstellung in die Transportbehälter. Während der Zeit der Akklimatisierung bleiben die Kisten offen. Letzte Gelegenheit für Besucher im Schloss Lützen, einen Blick auf das Hemd des Schwedenkönigs zu werfen, dessen Loch daran erinnert, dass der Monarch vor den Toren der Stadt 1632 in der Schlacht gegen kaiserliche Truppen gefallen ist. Am Dienstag ist Abreise nach Schweden.
Die Leute hätten natürlich das Hemd ebenso sehen wollen wie andere Kleidungsstücke oder das mit Blut befleckte Totentuch, sagt Museumsleiter Maik Reichel. Das könne sonst nur in der Rüstkammer in Stockholm in Augenschein genommen werden. Die Präsentation außergewöhnlicher Stücke ist für Reichel nur ein Erfolgsrezept gewesen. "Allein der Name Gustav Adolf zieht", betont er. Außerdem sei die Präsentation bei den Besuchern überaus gut angekommen. Dass sich damit Experten bei der Vorbereitung der Ausstellung befasst hätten, habe sich ausgezahlt, fügt Kuratorin Gaby Kuper hinzu.
Die Wertung lässt sich in Zahlen ausdrücken. Bis Sonntagabend haben 11 129 Besucher aus dem In- und Ausland die am 1. September eröffnete Exposition gesehen. Die Erwartungen seien übertroffen worden, meint Reichel und nennt zwei Vergleichszahlen. Demnach rechnet erstens das Museum jährlich mit etwa 5 000 Gästen. Zweitens entspricht der Zuspruch in den vergangenen Monaten der dreifachen Einwohnerzahl der Stadt. Das habe auch die Skeptiker in Lützen überzeugt, freut sich heute Reichel, der zugleich SPD-Bürgermeister ist.
Dass nicht jeder von vornherein von der Idee der Ausstellung anlässlich des 375. Todestages der Schwedenkönigs überzeugt war, hat mehrere Gründe. "Wir wollten kein Volksfest, sondern einen Kracher", blickt Reichel zurück. Das hielten einige Leute für eine Nummer zu groß für so ein kleines Museum. Kein Wunder, die Kosten sprengten auch alle bisherigen Rahmen. Am Ende sind nach Reichels Angaben fast 800 000 Euro geflossen. Ein schöner Batzen Geld, der zu etwa 80 Prozent als Fördermittel kam. Ohne Lotto-Toto, das Land, die Stadt, die Kreissparkasse Weißenfels und die Ostdeutsche Sparkassenstiftung wäre die Sache nicht zu stemmen gewesen, heißt es. Dafür ist aber ganze Arbeit geleistet worden. "Baulich sind das Schloss und das Museum fertig", sagt Reichel. Die Kuratorin fügt hinzu: "Wir träumen jetzt auf hohem Niveau." Soll heißen, an diesem Ort mitteldeutscher Kultur existiert Zufriedenheit.
Wenn Besucher in den zurückliegenden Monaten vor der Vitrine mit dem Totenhemd des Schwedenkönigs standen, dann befanden sie sich automatisch in einem Hochsicherheitstrakt. Abgesehen von den Sicherungen des Gebäudes ist die Vitrine selbst eine Art klimatisierter Tresor. Man müsse eine Ewigkeit mit dem Hammer zuschlagen, um das Glas brechen zu können, ist zu hören gewesen. Abgesehen davon sind Temperatur, Luftfeuchtigkeit und die Beleuchtung so zu regulieren, dass auch empfindliche Stücke wie Papiere oder Textilien gezeigt werden können. Der Glaskasten hat allerdings auch den Preis eines Autos der unteren Mittelklasse. Aber ohne diese Investition hätten die Schweden weder Hemd, noch Tuch und elchledernen Koller herausgegeben.
Die Sicherheitsvitrinen geben Lützen die Gewähr, auch künftig kostbare Stücke zeigen zu können. Einem bisher unerreichten Schatz will Reichel auf jeden Fall weiter hinterher jagen. Es gibt einen Brief des kaiserlichen Generals Wallenstein an seinen Befehlshaber Pappenheim, mit seinen Truppen schleunigst von Halle nach Lützen zu kommen, um gegen die Übermacht der Schweden zu helfen. An dem Schriftstück klebt das Blut des tödlich verwundeten Grafen Pappenheim. Zur Gustav-Adolf-Ausstellung hat Reichel den Brief nicht von Wien nach Lützen holen können. In zwei Jahren, zur geplanten Wallenstein-Präsentation, unternimmt das Museum den nächsten Versuch.