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Heißer Fencheltee für kranke Igel

Von YVETTE MEINHARDT 11.11.2008, 18:24

PRITTITZ/MZ. - Und mein Hobby hat sich mittlerweile herumgesprochen, so dass ich immer wieder Igel-Nachwuchs bekomme", erzählt Nora Maul. Seit sechs Jahren gibt sie kranken Tieren ein Winterquartier. "Ungezählte Stacheltiere werden auf Straßen angefahren oder überfahren. Ich befürchte, dass unsere Enkel die Igel nur noch aus Büchern kennen", sagt die Mutter von drei Töchtern.

Und Freundin Susann Gering fügt hinzu: "Es passiert schon mal, dass Nora mitten in der Nacht auf die Straße springt und einen Igel rettet."

Die Tiere kommen zuerst in Quarantäne, werden mit Flohpuder behandelt und dem Naumburger Tierarzt vorgestellt. Auf der Fußbodenheizung im Bad wärmen sie sich und werden liebevoll aufgepäppelt. "Bei Krankheiten wie Durchfall gebe ich Fencheltee, Kamille hilft bei Husten", verrät die Lehrerin. Natürlich habe sie sich zuerst belesen, was den Tieren gut tut. Katzenfutter, Rührei und Banane stehen auf dem Speiseplan. Dass Igel besonders gerne Äpfel mögen, sei ein Irrglaube. Und Milch helfe überhaupt nicht, sondern verursache sogar Durchfall.

Gerade mal 240 Gramm wog das erste Findelkind Borstel. Nur vierzig Gramm mehr brachte Otto auf die Waage. Nach etwa drei bis vier Wochen bei den Pflegeeltern wiegt Borstel jetzt ein halbes Kilogramm, und Otto bringt es auf 450 Gramm. Die beiden sind damit bereits über den Berg. "Mein kleinster Patient wog im letzten Jahr 190 Gramm, mit 1 100 Gramm habe ich ihn entlassen", erzählt Nora Maul.

Vom Bad zogen Borstel und Otto mittlerweile auf den etwas kühleren Flur um. Hier wohnen sie in Nachbarschaft mit vier Meerschweinchen und einem Hund aus dem Tierheim. Igel brauchen Auslauf und ihr Quartier muss regelmäßig sauber gemacht werden. "Neue Kartons bekomme ich freundlicherweise aus dem Dorfkonsum", verrät die Igelmutter. Wenn jeder der beiden "Pflegekinder" rund ein Kilogramm wiegt, ziehen sie in den kühlen Keller und halten Winterschlaf. Hier schaut die Ziehmutter regelmäßig nach dem Rechten und stellt Futter bereit.

Im Frühjahr, so etwa Ende April bis Anfang Mai, werden sie wieder ins Grüne entlassen. Unterm Holzhaufen und in der Hecke des Nachbarn wohnen "Pflegekinder" aus dem letzten Jahr. "Ich sehe sie regelmäßig auf dem Komposthaufen, wo sie nach Nahrung suchen", sagt Nora Maul und freut sich über die Tiere im Garten.