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Halbe Erträge und volle Kasse

Von Heike Riedel 26.09.2006, 18:16

Starsiedel/MZ. - "Das ist die hohe Schule des Ackerbaus", sagt Helmut Engelhardt nicht ohne Stolz auf den ökologischen Landbau um Lützen. Er ist einer der Geschäftsführer der Agrar- und Dienstleistungsgesellschaft Lützen-Dölzig (ADG) in Starsiedel. 2001 hat sich die Geschäftsleitung angesichts der rotgrünen Politik für die "extensive" Form der Landwirtschaft entschieden. Dafür wurde die Tochter ADG-Marktfrucht gegründet und mit gut 1 400 Hektar Fläche ausgestattet.

Sie hat sich neben der konventionellen Feldwirtschaft seitdem gut entwickelt, so dass die Starsiedeler Landwirte auch nach fünf Jahren noch ökologisch produzieren wollen. Sie können dabei weiterhin mit den ursprünglichen Fördersummen für den Öko-Landbau rechnen. In Öko-Landesverbänden organisiert und an eine zentrale Öko-Vermarktungsstelle angeschlossen, spüren sie, dass die Nachfrage ungebremst ist. Sie beliefern Märkte in England, Dänemark, Holland und den USA, nur zu einem kleinen Teil Deutschland, weil die Verarbeitung hierzulande hinterherhinkt. Aus dem Ausland kommen dann zum Beispiel Öko-Cornflakes aus dem Körnermais, der um Starsiedel reift. Aus dem hochwertigen Weizen wird Öko-Feingebäck hergestellt. Den Futterweizen braucht die Öko-Tierhaltung.

Alles, was auf den für die Öko-Produktion ausgewiesenen Flächen steht - auch Ackerbohne, Klee oder Luzerne, die dort den Stickstoff produzieren, der nicht als chemischer Dünger auf die Felder darf -, genießt eine Sonderbehandlung, weil es ohne Chemie auskommen und gedeihen muss. Auch ist trotz des Einsatzes spezieller Maschinen der Arbeitsaufwand im Öko-Anbau durchschnittlich anderthalbmal bis doppelt so hoch wie im konventionellen Anbau. Und das Risiko von Ertragseinbußen ist groß. "Man muss damit rechnen, dass durch späte Verunkrautung bis zu zehn Prozent nicht erntefähig sind", nennt Christoph Foth, der Produktionsmanager, eine der Erfahrungen der vergangenen Jahre.

Die hohe Qualität des Bodens um Starsiedel lässt eine angepasste Bearbeitungsintensität zu. Foth ist jedoch auch im Interesse vieler Verpächter bemüht, die Bodenfruchtbarkeit und vor allem die nachhaltig hohe Ertragsfähigkeit zu erhalten. "Der Öko-Landbau bleibt aufgrund der Nachfrage eine Produktion mit guten Aussichten", stellt er klar. Als Ökonom und Landwirt mit Leib und Seele steht er Bioprodukten eher kritisch gegenüber. "Aber dank der Fördermittel und der Abnehmer sind die Reinerlöse denen der konventionellen Produktion mindestens gleich", das zählt für ihn und spornt an.

Immerhin muss beim Weizen zum Beispiel eine Halbierung der Erträge in Kauf genommen werden. 30 bis 50 Doppelzentner werden im ökologischen Landbau nur vom Feld geholt, während die ADG-Mutter gewöhnlich mit 75 bis 90 Dezitonnen rechnet. Der Einsparung von Pflanzenschutz- und Düngemitteln setzt Foth höhere Ausgaben für das Saatgut entgegen. Im Technikbereich ist der Pflege- und Zeitaufwand sehr hoch, damit die konventionelle Produktion streng getrennt bleibt von der ökologischen. Um möglichst hohe Qualitäten zu erzielen, fällt im ökologischen Bereich generell die Trocknung der Druschfrüchte an, es müssen dafür zusätzliche Lager angemietet werden.

Nützliche Kreisläufe haben sich entwickelt, um der Natur wieder Natur zuzuführen. Zusätzlich gedüngt werden darf zum Beispiel nur mit bestimmtem vorher gelagertem und kompostiertem Stalldung oder untersuchten und erlaubten Abprodukten aus der Lebensmittelindustrie. Ein Champignon-Produzent in der Börde nutzt das Weizenstroh; dieses und mehr wird nach der Pilzzucht als Dung wieder auf die Öko-Flächen ausgebracht. Auch das ist Teil der hohen Schule des Ackerbaus, die in Starsiedel beherrscht wird.