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Gesundheitswesen in Weißenfels Gesundheitswesen in Weißenfels: Facharzttermine Mangelware

Von Petra Wozny 03.01.2014, 15:40
Als Reha-Patienten bekamen Erika und Bernd Uhlemann zunächst keinen Termin beim Orthopäden. Jetzt haben sie einen Termin Ende Januar.
Als Reha-Patienten bekamen Erika und Bernd Uhlemann zunächst keinen Termin beim Orthopäden. Jetzt haben sie einen Termin Ende Januar. Peter Lisker Lizenz

Weissenfels/MZ - Die Krücken stehen in der Ecke, die Schmerzen in den Knien werden weniger. Der Frust über die medizinische Versorgung sitzt beim Weißenfelser Ehepaar Erika und Bernd Uhlemann jedoch noch tief. Nach einer Operation war das Seniorenpaar in einer Weißenfelser orthopädischen Praxis mit den Worten empfangen worden: „Wir vergeben keine Termine an Reha-Patienten.“ „Wir standen da wie Max in der Sonne und begriffen die Welt nicht mehr. Sind wir denn Patienten zweiter Klasse“, fragt der 69-Jährige.

Warten ab fünf Uhr

Erika und Bernd Uhlemann klagen schon lange über Verschleißerscheinungen, jeweils am rechten Knie. Beide entschließen sich zu einer OP. Im Merseburger Krankenhaus bekommen sie schnell einen Termin, beziehen im September des vergangenen Jahres ein Doppelzimmer, werden operiert und genesen den Umständen entsprechend. Dem Krankenhausaufenthalt schließt sich eine Rehabilitationskur an. Danach, so die Empfehlung aus Bad Kösen, sollte das Patientenpaar sich dem Facharzt für die Weiterbehandlung vorstellen. „Wir sind gleich Samstag hingegangen,“ so die 71-Jährige.

Wo sie, wie schon gesagt, abgeblitzt sind. „Das ist schon starker Tobak“, findet Uhlemann. Denn: „Wir wissen vom Hörensagen, dass man sich schon um fünf Uhr morgens an der Anmeldung anstellen muss, um einen Termin zu bekommen. Wartezeiten auf einen Termin von drei bis sechs Monaten sind normal“, berichtet Erika Uhlemann. Die beiden Weißenfelser wenden sich an ihren Hausarzt, wo sie auch weiterbehandelt werden.

In Weißenfels praktizieren derzeit vier Orthopäden. MZ konfrontiert den von Familie Uhlemann kritisierten Orthopäden Felix Rudolph mit dem Vorwurf. „Was das Paar angeht, denke ich, dass es insgesamt ein Missverständnis zwischen ihnen und der Anmeldung gewesen ist.“ Schmerzpatienten würden in seiner Praxis sofort behandelt. Bei Uhlemanns habe es sich aus seiner Sicht um Patienten gehandelt, denen auch mit einem Termin in ein paar Wochen geholfen worden wäre. Sie kamen aus einer Reha und waren auf dem Weg der Genesung. Trotz allem gibt der Mediziner zu: „Wir verspüren einen sehr großen Andrang. Den Bedarf können wir in keiner Weise abdecken.“ Der 54-Jährige betreibt seine Praxis seit 20 Jahren. „Ich bin auch nur ein Mensch“, bittet er um Verständnis.

Rund 50 Patienten behandelt er am Tag. Fünf neue Schmerzpatienten würden sich durchschnittlich pro Tag vorstellen. Die hätten auch Vorrang. Natürlich sei ihm berichtet worden, dass Patienten frühzeitig vor seiner Praxis Schlange stehen würden, um einen Termin zu erhaschen. „Ich arbeite in der Woche bis zu 60 Stunden. Ich kann mich nicht zerteilen.“

Patienten als auch Ärzte erfahren gleichermaßen: Es fehlt ganz offensichtlich an Fachärzten, und das nicht nur im Fachgebiet Orthopädie. Nicht wenige Patienten, wie Ehepaar Uhlemann, aber auch der Seniorenbeirat des Burgenlandkreises - er fordert mehr Hausärzte - und Eltern von Kleinkindern - sie beklagen lange Wartezeiten bei Kinderärzten - fühlen sich im Stich gelassen und nicht versorgungssicher (die MZ berichtete).

Laut dem Arztregister der Stadt Weißenfels von der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt (KV) ist der Versorgungsgrad - ausgedehnt auch auf den Burgenlandkreis - zwischen 110 Prozent bei Hausärzten und 170 Prozent bei Hautärzten abgedeckt. Lediglich in der Region Halle (wozu auch der Burgenlandkreis zählt) seien zwei Kinder- und Jugendpsychiater unbesetzt und auf der Ebene gesonderte fachärztliche Versorgung fehlten landesweit neun Rehamediziner, interpretiert Bernd Franke von der Pressestelle die Zahlen der KV. In der Tat sind in Weißenfels vier Orthopäden zugelassen. Das entspreche dem Schlüssel, wie viele Ärzte pro Einwohner in einer bestimmten Region durch die Kassenärztliche Vereinigung zugelassen werden.

Doch wie die Praxis zeigt, reicht dies gefühlt nicht, wie Familie Uhlemann erfahren musste. Die Kassenärztliche Vereinigung sieht das nicht so. Franke dazu: „Wenn Beschwerden zur Versorgung auftreten, obwohl die Versorgung laut unserer Planung gesichert ist, haben wir kaum Möglichkeiten einzugreifen.“ Wie eine Praxis geführt werde, obliege dem einzelnen Arzt selbst. Natürlich schaue die KV, ob die Vertragsärzte die Öffnungszeiten der Praxis einhalten. Vorrang hätten immer akute Notfälle, so Franke, der sich auch dafür ausspricht, dass es im Interesse aller sei, von spontanen Arztbesuchen ohne Not - wie im Fall Uhlemann - abzusehen, um den Praxisablauf nicht noch weiter zu belasten.

Geld steuert Patientenströme

„Natürlich hat sich in Weißenfels die fachärztliche Versorgung mit Orthopäden verbessert“, weiß der Arzt Felix Rudolph. Praktizierte zur Wende ein Mediziner auf diesem Fachgebiet in der Saalestadt, sind es jetzt vier. „Früher hatten wir mehr Einwohner, heute viel mehr ältere Menschen mit ihren Problemen am Bewegungsapparat. Und das bedeutet auch für die gesamte Orthopädie ein wesentliches Mehr an Arbeit. Das muss man doch mal bedenken“, erklärt Rudolph die veränderte Situation und macht auf einen weiteren Aspekt aufmerksam: „Natürlich verspüren wir auch Grenzen durch das Heilmittelbudget. Das Geld steuert auch die Patientenströme.“

Die Kassenärztliche Vereinigung äußerte sich zu dieser Einschätzung nicht. Laut Statistik stimmt das Verhältnis zwischen der Bevölkerungszahl und den dafür eingesetzten Ärzten. Mediziner können einen Antrag auf lokalen Sonderbedarf beim zuständigen Zulassungsausschuss bei der KV stellen, wenn sie den Eindruck der ständigen Mehrbelastung haben.

Familie Uhlemann ist auf dem Weg der Besserung. Einen Termin in der Praxis Rudolph hat sie vor Weihnachten des vergangenen Jahres nun für den 22. Januar bekommen.