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Gefährlicher Job an der Autobahn Gefährlicher Job an der Autobahn: Autohaus-Mitarbeiter riskieren Kopf und Kragen

Von Klaus-Dieter Kunick 30.11.2015, 12:20
Die Geschäftsleute hatten auf der A 9 eine Panne, konnten sich aber noch auf eine Bundesstraße schleppen. Thomas Pelka sucht nach dem Fehler. Der Kleintransporter wird Huckepack mit nach Weißenfels in eine Autowerkstatt genommen.
Die Geschäftsleute hatten auf der A 9 eine Panne, konnten sich aber noch auf eine Bundesstraße schleppen. Thomas Pelka sucht nach dem Fehler. Der Kleintransporter wird Huckepack mit nach Weißenfels in eine Autowerkstatt genommen. Corina Trummer Lizenz

Weißenfels - Freitag ist Kampftag. Meistens jedenfalls. Michael Patzer weiß, wovon er spricht. Der 54-Jährige aus Mücheln ist häufig auf den Autobahnen unterwegs, um Kraftfahrern, die mit ihrem Fahrzeug ein technisches Problem haben und liegengeblieben sind, aus der Patsche zu helfen. Nicht allein, sondern im Schichtsystem mit sechs andere Kollegen, die allesamt im Autohaus Reinicke beschäftigt sind und im Auftrag des ADAC unterwegs sind.

365 Tage im Jahr rund um die Uhr, auf der Autobahn ebenso wie auf jeder anderen Straße im Gebiet zwischen Günthersdorf, Droyßig, Zwenkau und Merseburg. „Wenn andere freitags sich auf das Wochenende freuen, beginnt für uns der Hochdruck“, berichtet der Betriebsleiter. 20 Einsätze und mehr am Wochenende seien durchaus normal. Dass an solchen Tagen aggressiv gefahren wird, hat sich herumgesprochen.

Zu den sechs Kollegen gehört Thomas Pelka, der dieser Tage kaum seinen Dienst angetreten hatte, sofort wieder losgeschickt wurde. Ein Kleintransporter habe auf der A 9, nahe Schkeuditz, technische Probleme und stehe nun auf der nahegelegenen Bundesstraße, wurde ihm mit auf den Weg gegeben. Geschäftsleute aus Schkeuditz wollten nach Frankfurt/M, doch ihr Fahrzeug streikte, deshalb riefen sie daraufhin den ADAC an.

„Gefahr kommt immer von hinten“

Von Weißenfels aus machte sich der 35-Jährige mit seinem Abschleppfahrzeug auf den Weg. Am Pannenort angekommen suchte er im Motorraum, wo der Fehler liegen könne, fand aber nicht und nahm den Kleintransporter Huckepack mit nach Weißenfels in eine Autowerkstatt. „Diesmal war es nicht gefährlich“, erzählt Thomas Pelka. Passiere das auf der Autobahn, sehe es ganz anders aus. „Meine Frau Annett weiß, dass es dort extrem gefährlich zugeht“, ergänzt er.

Wie gefährlich es auf den Autobahnen zugeht, kann auch Kay Christoph, Sprecher des Autobahnpolizeireviers Weißenfels, belegen. „Die Gefahr auf der Autobahn kommt immer von hinten“, sagt er. Es sei kreuzgefährlich, auf der linken Pkw-Seite eine Reifenpanne zu beheben. Michael Patzer kennt die Situationen nach Pannen nur allzugut: Einige Fahrer würden panisch reagieren und zum Teil verunsichert. „Alle wollen so schnell wie möglich ans Ziel kommen“, ergänzt er. Gerade nach Unfällen oder Pannen auf Autobahnen ist Eile geboten.

Kommt da möglicherweise Hektik auf, Stress bei den Mitarbeitern? Wie groß ist die Gefahr für sie? In der Landesstraßenbaubehörde-Süd (LSBB) ist das Problem gar wohl bekannt. Auch für deren Mitarbeiter geht es extrem gefährlich zu. In den letzten fünf Jahren kamen bei Verkehrsunfällen vier Personen ums Leben. Die stammten allesamt aus Firmen, die im Auftrag der Meisterei tätig sind.

„Von unseren Kollegen waren ebenfalls bei Unfällen zahlreiche dabei, kamen aber mit dem Schrecken davon“, erklärt Petra Witte, Regionalbereichsleiterin in der LSBB. Aber, räumt sie ein, einige von ihnen mussten nach Unfällen psychologisch betreut werden. „Für mich ist das auch eine Art Verletzung“, fügt sie hinzu.

„Verletzt wurde noch kein Kollege“

Im Autohaus Reinicke ging es bis jetzt glücklicherweise gut ab. „Verletzt wurde noch kein Kollege“, sagt der Chef und klopft auf Holz. Vorsichtshalber. Michael Patzer lässt an einem Punkt keine Luft ran: „Der persönliche Schutz aller Kollegen steht im Vordergrund.“ Danach werde alles ausgerichtet. Auch das Verhalten vor Ort. Sind defekte Pkw, die zumeist auf dem Standstreifen stehen, auf dem Schleppfahrzeug verstaut, müssen diese vierfach gesichert werden.

„Doch kein Mitarbeiter wird auf die Fahrbahnseite treten, um das Auto am Lkw zu befestigen.“ Aus gutem Grund: Es gibt durchaus Fahrzeuge, die donnern zehn Zentimeter und weniger an einem vorbei. Allerhöchstens Starthilfe werde geleistet, ansonsten werde immer abgeschleppt. „Alles andere ist viel zu gefährlich“, so der Betriebsleiter. Immer und immer wieder stehe das Thema Sicherheit in den Arbeitsschutzbelehrungen im Mittelpunkt. Es reiche doch aus, dass regelmäßig Schäden an den Abschleppfahrzeugen entstehen.

Die Polizei habe neben ihm gestanden und trotzdem sei an seinem Lkw von einem anderen der Seitenspiegel abgefahren worden. Dass alle Kollegen mit Warnwesten ausgestattet seien und sich die Technik beim Abschleppen auf dem neuestem Stand befinde, verstehe sich. (mz)