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Pandemie Flächendeckende Kontaktnachverfolgung für Landratsamt in Weißenfels nicht mehr möglich - Verwaltung verfolgt neue Strategie

Der Burgenlandkreis kann eine flächendeckende Kontaktnachverfolgung nicht mehr leisten. Welche neue Strategie die Verwaltung nun verfolgt.

Von Alexander Kempf 14.11.2021, 12:42
Bei Pflegeheimen wie jenem am Weißenfelser Kugelberg will der Kreis weiter eine Kontaktnachverfolgung sicherstellen. In der Einrichtung hatte es einen Corona-Ausbruch gegeben. Fünf Bewohner sollen gestorben sein.
Bei Pflegeheimen wie jenem am Weißenfelser Kugelberg will der Kreis weiter eine Kontaktnachverfolgung sicherstellen. In der Einrichtung hatte es einen Corona-Ausbruch gegeben. Fünf Bewohner sollen gestorben sein. Foto: René Weimer

Weissenfels/MZ - Als Kapitulation vor dem Virus will Landrat Götz Ulrich (CDU) einen angekündigten Paradigmenwechsel des Burgenlandkreises bei der Kontaktnachverfolgung von Corona-Infizierten nicht verstanden wissen. „Wir hängen nicht den Pferdekopf raus“, versichert er am Freitagvormittag zum Abschluss einer eilig einberufenen Pressekonferenz.

Und doch ist während dieser vor allen Dingen eins deutlich geworden. Der Landkreis sieht sich selbst angesichts der hohen Infektionszahlen nicht mehr in der Lage, die Kontakte aller Infizierten nachzuverfolgen. Das untermauert Götz Ulrich mit Zahlen. Während des zurückliegenden Lockdowns gaben jene, die sich angesteckt hatten, im Schnitt drei bis fünf Kontakte an. Derzeit seien es pro Infizierten zwischen zehn und zwanzig Personen. Wer soll die alle noch kontaktieren?

Bundeswehr keine Option

Zumal der Landkreis anders als in der Vergangenheit laut Götz Ulrich nicht auf die Unterstützung der Bundeswehr bei der Kontaktnachverfolgung hoffen darf. Denn andere Regionen in Bayern und Sachsen stünden noch vor ganz anderen Infektionszahlen und Herausforderungen. „Da sind wir nicht der Hotspot in Deutschland. Das ist klar“, so der Landrat.

Doch wie sieht nun die künftige regionale Strategie zur Eindämmung der Pandemie aus? Der Fokus des Gesundheitsamtes bei der weiterhin betriebenen Kontaktnachverfolgung soll sich auf besonders sensible Einrichtungen konzentrieren. Also allen voran auf Pflegeheime, Krankenhäuser, Arztpraxen und die Bildungseinrichtungen. Dafür wird das Gesundheitsamt von acht zusätzlichen Mitarbeitern aus anderen Bereichen des Landratsamtes unterstützt. Auch zehn Mitarbeiter des Robert-Koch-Instituts sowie drei Studenten helfen mit. Macht laut Landrat insgesamt 38 Personen, die weiterhin mit der Kontaktnachverfolgung betreut sind.

Noch mehr internes Personal dafür abzustellen, schließt der Landrat aus und verweist auf wichtige andere Aufgaben, die gewährleistet werden müssen. „Wir können die Schuleingangsuntersuchungen nicht erneut aussetzen“, nennt Götz Ulrich nur ein Beispiel.

Corona-Infektionen im Burgenlandkreis von Freitag, 12.11.2021.
Corona-Infektionen im Burgenlandkreis von Freitag, 12.11.2021.
Grafik: MZ/Bischof

Er bittet die Bürger außerdem, sich nicht mehr telefonisch an die überlastete Corona-Hotline des Kreises zu wenden. Dieser hat die Nummer auch bereits von seiner Internetseite entfernt. Dem Andrang der Anrufe dort wird man ohnehin längst nicht mehr Herr. Von 7.660 Anrufen an den ersten zehn Novembertagen konnten gerade einmal 821 bearbeitet werden, räumt der Landrat ein. Auch das verdeutlicht die Not der Verwaltung zu einem Paradigmenwechsel.

Das Gesundheitsamt will nun die nachweislich Infizierten anrufen und nicht umgekehrt. Denn deren Daten erfahre das Gesundheitsamt aus den Testlaboren. In Quarantäne müssen sich die Corona-Infizierten unbenommen selbst begeben. Bei der neuen Strategie habe man sich laut Götz Ulrich am Land Baden-Würrtemberg orientiert, wo so bereits verfahren werde.

Der Burgenlandkreis entscheidet sich auch jetzt für den Paradigmenwechsel, weil man mit einem weiteren Anstieg der Infektionszahlen rechnet. „Wir werden keine Entspannung in den nächsten Tagen und Wochen erwarten können“, so Amtsärztin Dr. Ina Treu. Sie appelliert an alle, bei Covid-19-Symptomen einen Abstrich machen zu lassen, zu Hause zu bleiben und keine Feiern zu besuchen. Betroffene Schwerstkranke sollten sich nicht aus falscher Scham scheuen, Kontakt zum Hausarzt aufzunehmen oder den Notarzt zu rufen.

Die Amtsärztin ist davon überzeugt, dass nur eine Impfung den Weg aus der Pandemie ebnet. „Wer nicht geimpft ist, der wird erkranken. Es wird jeden treffen“, so die Medizinerin wörtlich. In der Altersgruppe zwischen sieben und elf Jahren habe die Sieben-Tage-Inzidenz zuletzt bei einem Wert von über 800 gelegen. Zwar sind bei den Jüngsten bisher keine schweren Krankheitsverläufe bekannt. Aber weil es in dieser Altersgruppe noch keinen zugelassenen Impfstoff gibt, appelliert die Amtsärztin an die Umsichtigkeit der Eltern. „Wir können die unter Zwölfjährigen nicht anders schützen, als dass die Infektiösen zu Hause bleiben“, so Treu.

Ausbrüche in zwei Heimen

Gefährlich bleibt das Virus insbesondere für Hochbetagte ohne Impfschutz. Das zeigt auch das Beispiel des Pflegeheims am Weißenfelser Kugelberg, wo sich vor einigen Tagen ein Ausbruch ereignete. Nach Darstellung der Amtsärztin seien dort inzwischen fünf ungeimpfte Senioren mit Vorerkrankungen verstorben. Die vier Frauen und ein Mann sollen zwischen 87 und 92 Jahren alt gewesen sein. Einen weiteren Corona-Ausbruch hatte es zuletzt in einer Einrichtung in Teuchern gegeben, wo sich sechs Bewohner und sieben Mitarbeiter angesteckt haben sollen.

Der Burgenlandkreis hat an diesem Wochenende ein mobiles Impfteam in der Turnhalle der Weißenfelser Beuditzschule stationiert. Impfungen werden dort ohne vorherige Anmeldungen durchgeführt. Geöffnet ist am Samstag von 10 bis 18 Uhr und am Sonntag von 10 bis 16 Uhr.