Erste Patientin dankt mit Torte
Uichteritz/MZ. - Ursprünglich sollte für Dr. Kirsch schon vor einem Jahr Schluss sein. Doch er machte weiter, weil ein Nachfolger fehlte. Später erhielt er einen Anruf von Diplom-Medizinerin Kathrin Schedler, die im Hohenmölsener Krankenhaus arbeitete und nun ab Montag nach der Renovierung die Praxis in Uichteritz wieder öffnet. "Das ist gut so. Sonst wären sich die Leute wie im Stich gelassen vorgekommen."
Dabei wollte Peter Kirsch gar nicht aufs Land. Nachdem sich sein Berufswunsch Forstwirt zerschlagen hatte, studierte er nach seiner Armeezeit in Leipzig Medizin und absolvierte in Weißenfels eine Facharztausbildung. Dabei sei ihm mehrfach gesagt worden, dass keine Stelle frei sei. Auch diesmal spielte der Zufall eine Rolle, weil sein Vorgänger in Uichteritz einen Herzinfarkt bekam.
Im Eckhaus Markröhlitzer Straße 3 übernahm er Warte- und Behandlungszimmer, Blutdruckmessgerät und Stethoskop. Doch für Blutbilder und EKG mussten die Patienten seinerzeit noch in die Poliklinik nach Weißenfels. Erst später konnten Kurzwellen gegeben werden, weil Kirsch die Geräte in der inzwischen leer stehenden Physiotherapie im Parterre nutzen konnte. Er war außerdem für Lobitzsch, Markwerben und die Sanitätsstelle der "Rakete"-Schuhfabrik in der Kreisstadt zuständig. Dort lernte er auch seine Frau kennen, die Absatz-Direktorin war, umschulte und an seiner Seite Sprechstundenschwester wurde. Er habe sich wohlgefühlt im Saaletal, wo er bald jeden kannte und zuletzt jene zu ihm kamen, die er schon als Kinder behandelte. Mit einem lachenden Auge erinnert sich Dr. Kirsch, wie er bei einem Hausbesuch in eine Jauchegrube fiel. Und ernst wird er angesichts des Todes jener Patienten, die er Jahrzehnte betreute.
"Ich habe nur selten an die Bereitschaft verwiesen, wenn ich keinen Dienst hatte. Das hatte etwas mit dem Vertrauen zu tun, das mir entgegengebracht wurde." Allerdings waren die Dörfler damals wie heute härter verpackt. Meist wurde nicht sofort der Arzt geholt und sich zum Beispiel bei Fieber erst einmal mit Wadenwickeln geholfen. Was Dr. Kirsch bedauert, ist, dass jetzt der Zusammenhalt nicht mehr wie früher ist. Einst hätten die Leute oft zusammengestanden, geschwatzt und sich gefreut, wenn sich der Nachbar etwas anschaffen konnte. "Heute schirmt sich jeder ab."
Mit der Wende habe auch für ihn erst einmal "eitel Freude geherrscht", die mit dem Ende der Polikliniken bald in die eigene Niederlassung mündete. Obwohl ein Kredit für neue Technik aufgenommen werden musste, blieb nicht viel Zeit zum Nachdenken. Immerhin mussten die Flut neuer Medikamente und der bürokratische Abrechnungsaufwand beherrscht werden. 1994 folgte sogar noch der Umzug in eine neue Praxis.
Dr. Kirsch hat deren Tür mit gutem Gewissen geschlossen: "Obwohl immer stärker das Budget einzuhalten war, hat jeder bekommen, was er für seine Krankheit brauchte." Nun bleibt die Freude auf die gemeinsamen kommenden Jahre. Während Frau Kirsch sich dem Garten widmet, kann sich ihr Mann nun ganz Münzen, Briefmarken und der Holzfigurensammlung hingeben. Und auch seine elektrische Eisenbahn will er vervollständigen. Die hatte er sich schon als Sechsjähriger gewünscht, als 63-Jähriger bekam er sie zu Weihnachten.