Erde gibt Goldschatz von Profen frei
Höhenmölsen/Profen/MZ. - Wieder schließt sich eine Lücke im Wissen um die Vergangenheit. Denn die Archäologen sind am Tagebau zwischen Hohenmölsen und Profen fündig geworden. Das vor einem Jahr freigelegte Gräberfeld aus der Zeit um Christi Geburt gibt tiefe Einblicke in die damalige soziale Struktur. Bestattungsformen, Grabbeigaben, Statussymbole verraten, wer reich und wer arm war. Neben diesem Wissensschatz gab die Erde auch einen Goldschatz frei. Was genau sich in den außerordentlich reich ausgestatteten Gräbern befand, das wird der Öffentlichkeit am kommenden Donnerstag in Halle präsentiert.
"Hier finden wir als Archäologen beste Bedingungen", freut sich der örtliche Grabungsleiter Udo Fabesch angesichts von fast 800 Hektar Fläche, die vor ihm liegen. Er ist seit 2002 mit dabei, das Gelände, unter dem Kohle im Tagebau gefördert werden soll, zu erforschen. Selten könne man so großflächig arbeiten und habe solche Unterstützung, wie die der Mitteldeutschen Braunkohlengesellschaft, lobt er die außergewöhnlich guten Arbeitsbedingungen. 2004 hat die Mibrag eine Stiftung zur Förderung archäologischer Grabungen initiiert und mit 3,3 Millionen Euro ausgestattet.
Bereits auf 200 Hektar sind die Archäologen in den letzten Jahren den Kohlenbaggern des Tagebaus vorausgegangen, sagt Susanne Friederich, Leiterin des Zentralreferats Bodendenkmalpflege im Landesamt für Archäologie. Bagger schneiden zunächst vier Meter breite Streifen bis auf den mineralischen Untergrund in den Boden. Wenn sich auf dem gelben Löß Befunde abzeichnen, geht es Schritt um Schritt weiter in die Tiefe und Maßband, Zeichnungen, Fotos und Schrift dokumentieren jede Entdeckung. Minibagger schaffen dafür kleine Einschnitte. Mit Spaten, Schäufelchen, Spachtel und Pinsel wird schließlich gearbeitet, um Funde vor Zerstörung zu schützen.
Funde aus der ältesten Jungsteinzeit bis zur frühen Neuzeit belegen, dass hier schon lange Menschen siedeln. "Vieles lag in Siedlungsgruben", so Udo Fabesch. Aus Tierknochen, Essenresten, Holzrückständen, Stein-, Metall- und Keramik konnte man Rückschlüsse ziehen. Labor und Werkstatt in Halle bekamen kontinuierlich Arbeit aus Profen und von Großbaustellen in Sachsen-Anhalt. Immerhin 21 Menschen sind jetzt dort beschäftigt, darunter auch Projektmitarbeiter, die nicht nur über das Land, sondern auch über die Mibrag-Stiftung und andere Drittmittel finanziert werden, sagt Werkstattchef Christian-Heinrich Wunderlich, der sich an Zeiten erinnert, wo das Amt mit vier Restauratoren auskommen musste.
"In den letzten Jahren wurden auch sehr rationelle Verfahren zur Aufarbeitung der Funde entwickelt", sagt er. Der moderne lichtdurchflutete Turm in Halle selbst ist Ausdruck dessen. In ganzen, teilweise sehr großen Erdblöcken können dort die Entdeckungen eingeliefert werden. Unten wartet ein noch in der Erde hockendes Skelett auf die Bearbeitung. Von Geschoss zu Geschoss verfeinern die Archäologen und Restauratoren ihre Tätigkeiten in der Werkstatt. Ganz oben war der Goldschmuck angekommen. Hier hat das Team noch immer kleine Blockbergungen aus Profen vor sich, die schon Monate zuvor geborgen wurden. Die Mitarbeiterinnen und Praktikantinnen dringen ins Innere von unterschiedlich aussehenden Urnen aus Keramik vor. Durch einen Gipsmantel wurden die Gefäße zusammengehalten, die nun freilegt werden.
Anke Kobbe sieht sich zur Vorbereitung der Freilegung am Computer die Röntgenbilder an. Metallische Objekte und ihr Material kann sie im oberen Teil der Urne schon erkennen: ein Ring aus Bronze, eine Fibel und Nadel sind die Bestattungsbeigaben. Behutsam wird die harte Schicht über der Asche aufgebrochen, so wenig wie möglich soll zerstört, aber so viel wie möglich entdeckt und erfahren werden, was Aufschluss über die Lebensweise unserer Vorfahren gibt. Schließlich werden die Scherben auch wieder zur Urne zusammengesetzt.
Ein großer Tag steht nun für alle Ausgräber, Restauratoren und Labormitarbeiter bevor. Denn das Wertvollste, das die Erde bei dem sensationellen Fund des Urnenfeldes freigab, wird am Donnerstag auf einer Pressekonferenz in Halle gezeigt: der Goldschatz von Profen. Er lenkt wieder einmal große Aufmerksamkeit auf die Siedlungsgeschichte in Sachsen-Anhalt.